Filmgeschichte

James Bonds Innenarchitekt

Modell eines Filmsets von Ken Adam, zu sehen in der Retrospektive "Bigger than Life" in der Deutschen Kinemathek Berlin.
Modell eines Filmsets von Ken Adam, zu sehen in der Retrospektive "Bigger than Life" in der Deutschen Kinemathek Berlin. © picture alliance / dpa / Maurizio Gambarini
Von Simone Reber  · 11.12.2014
Mit seinen Set-Designs zu Filmen wie "Dr. Seltsam" oder zahlreichen James-Bond-Streifen schrieb Ken Adam Filmgeschichte. Die Deutsche Kinemathek widmet dem 93-Jährigen jetzt eine Retrospektive, die mit Zeichnungen und Modellen seine technischen Visionen in den Mittelpunkt rückt.
"Passen Sie gut auf Mr. Bond, das sind die Werkzeuge der Vernichtung!"
Die Erinnerungen an den Zweiten Weltkrieg stecken Ken Adam noch in den Knochen, als er die ersten Filmsets für die James-Bond-Reihe entwirft. Er erfindet bunkergleiche Hauptquartiere und perfide Massenvernichtungswaffen. Die pfeilschnellen Ein-Mann Flugzeuge gleichen der Maschine, die er selbst als Kampfflieger der Royal Air Force gelenkt hat. Mit den starken, schwarzen Konturen, den fast transparenten Flächen vermitteln diese Zeichnungen etwas von der Zerrissenheit der beschleunigten Nachkriegszeit. Aufregend verwebt die Ausstellung des Berliner Filmmuseums die Lebensgeschichte von Ken Adam mit der Analyse seiner fantastischen Kulissen, die häufig aus zwei Grundformen bestehen. Dem Dreieck und dem Kreis. Ken Adam: "Wissen Sie, das ist eine Sache, die ist automatisch, dadurch dass ich sehr frei skizziere. Und da ist immer irgendwo der Kreis, ein Psychiater könnte sagen, dass irgendetwas nicht ganz richtig ist mit mir." Aufgewachsen in Berlin Klaus Hugo Adam wächst im Berlin der 20er-Jahre auf. Die Familie lebt nicht weit vom Potsdamer Platz in der Tiergartenstraße. Architektur, Film und Kunst der Expressionisten werden später die Szenenbilder von Ken Adam prägen. Für Rainer Rother, den Direktor der Deutschen Kinemathek, ist das Werk eng an Berlin gekoppelt. "Die eigentliche Bindung ist schon seine Herkunft, seine Prägung auch durch die Familie, die in Berlin ein großes Sportgeschäft hatte. Sport Adam, die auch eine große Beziehung zum Film schon damals hatten. Sie haben Filme ausgestattet, von Pabst, von Murnau, auch von Arnold Fanck." Auf dem Schulweg sieht Klaus Hugo Adam 1933 den Reichstag brennen. Ein Jahr später muss er mit seiner Familie nach London emigrieren. Es gelingt ihm als einzigem Deutschen, als Pilot bei der Royal Airforce aufgenommen zu werden. Zur Tarnung ändert er seinen Namen. Später wiederholen die Filme, an denen Ken Adam mitwirkt, den Kampf mit größenwahnsinnigen deutschen Schurken. "James Bond und Major Amasowa. Die Boote sind einsatzbereit. Ihre Angriffsziele haben sie bereits erhalten, um 12 Uhr werden sie ihre Abschußpositionen erreicht haben. Und Minuten später haben Moskau und New York aufgehört zu existieren." In dem Film "Der Spion, der mich liebte" residiert Curd Jürgens als Stromberg in einer riesigen eisernen Spinne am Meeresgrund. Von der kreisrunden Kommandozentrale kann er seine Besucher direkt ins Haifischbecken aus Edelstahl versenken. James Bond entwischt im unterwassertauglichen Lotus. Bis heute lassen diese technischen Spielzeuge, die schießenden, schwimmenden Autos die Augen des Publikums leuchten. Der Clou: Sie funktionieren wirklich. Der dynamische Filzstift Aber auch die Entwürfe vermitteln Dynamik und Geschwindigkeit durch den raschen Strich mit dem Flow-Master, einem Filzstift, den Ken Adam seit Beginn der 50er-Jahre verwendet. "Weil er mich gezwungen hat, locker zu zeichnen. Nicht pedantisch zu sein mit meinen Zeichnungen. Dieser Flow-Master hat mir die Möglichkeit gegeben, mit festen Strichen oder auch mit feinen Strichen zu arbeiten und dann ganze Flächen zu schattieren. Es war für mich wie ein Teil von mir." In der Ausstellung ist Ken Adams Meisterwerk als Zeichnung und Modell zu bewundern, der War-Room für Stanley Kubricks Film "Dr. Seltsam oder Wie ich lernte die Bombe zu lieben". Der Raum mit dem spiegelnden Fußboden, dem runden Tisch und dem Ring aus Neonröhren darüber wirkt überraschend schlicht. Umso unheimlicher die dunkle Macht, die hier außer Kontrolle gerät. Schon in seinen Zeichnungen denkt Ken Adam das Licht mit, sagt Rainer Rother. "Das finde ich absolut erstaunlich, dass er in seinen allermeisten Skizzen in schwarz-weiß nur arbeitet, also mit dem schwarzen Stift und dem weißen Papier oder umgekehrt. Und mit seinem sehr energischen und konsequenten Strich eben nicht nur Räume konstruiert, sondern beleuchtete Räume, verschattete Räume. Raumsituationen schafft, in denen es nur Lichtinseln gibt." In den fließenden Entwürfen bildet das filigrane Geflecht aus Licht und Linien geheimnisvolle Räume. Aufschlussreich lässt die Ausstellung die Entwicklung von der Skizze zur Szene nachvollziehen. Denn bei Ken Adam ist das bewegte Bild des Films bereits auf dem Papier angelegt. Info: Die Ausstellung "Bigger than Life. Ken Adams Film Design" ist vom 11. Dezember 2014 bis 17. Mai 2015 in der Deutschen Kinemathek Berlin zu sehen.
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