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Top 5 der Mainstream-Charts 2014

Filmszene aus "Hobbit - Die Schlacht der fünf Heere": Gandalf (Ian McKellen) liegt und Galadriel (Cate Blanchet) beugt sich über ihn
Filmszene aus "Hobbit - Die Schlacht der fünf Heere": Gandalf (Ian McKellen) und Galadriel (Cate Blanchet) © Imago / Itar-Tass
Von Hartwig Tegeler · 20.12.2014
Fünf Filme, ein Ranking - und eine Antwort auf die Frage, was Weihnachten mit dem Kino gemeinsam hat.
Weihnachten leidet - zumindest in unseren in der Regel gesättigten Zeiten - an Überfluss, zuviel des Süßen. Auch eine echte Kinokrankheit. Die verdirbt nicht nur die Zähne, den Magen, sondern auch den Filmgenuss. Die Nachahmung des britischen Weihnachtsfilms "Tatsächlich … Liebe" von 2003 […]
Platz 5: "Alles ist Liebe" von Markus Goller
[…] ist mit seiner Besetzung - Achtung, das dauert jetzt: Nora Tschirner, Heike Makatsch, Wotan Wilke Möhring, Fahri Yardim, Christin Ulmen, Elmar Wepper, Katharina Schüttler, Friedrich Mücke - das, was die Amerikaner "heavily overcast" nennen. Zu viele Schauspieler auf der (Film)Bühne. Man verliert den Überblick in dieser süßen Weihnachts-Liebesglück-das-Happy-End-kommt-Geschichte und hat wenig Gelegenheit sich irgendwo andocken zu können. Was die Computer-Effekte betrifft, ihr Übermaß, und die daraus resultierende Unübersichtlichkeit, da kann man sozusagen in Analogie auch beim Animationsfilm […]
Platz 4: "De Pinguine aus Madagascar" von Eric Darnell und Simon J. Smith
[…] ein Lied von singen.
Platz 3: "Paddington" von Paul King
Dass ein Animationsfilm, bzw. im Fall von "Paddington" die Mischung aus Animations- und Realfilm einen unfassbaren Charme ausstrahlen kann, das beweist diese Adaption von Michael Bonds Kinderbüchern über den von britischer Kultur besessenen - wunderbar animierten - Bären, den es, eben, nach London, an seinen Traumort verschlägt, wo er daselbst die Familie von "Downtown-Abbey"-Hugh-Bonneville und "Happy-Go-Lucky"-Star Sally Hawkins aufmischt. Es geht wieder einmal darum ,sich zu verstehen.
Paddington, der Bär: "Mein Name ist (...)" - [Bär grollt.]. - "Ach so?" - "Versuchen Sie es." - [Mensch grollt.] - "Mr. Brown, das war ausgesprochen unhöflich."
In jedem Fall bekommt die Londoner Familie Brown durch Paddingtons Anwesenheit das verpasst, was sie unbedingt brauchte: Eine Portion Chaos!
Platz 2: "Die Tritube von Panem - Mockingjay Teil 1", von Francis Lawrence
"Damit wird sie nicht fertig. Die Spiele haben sie zerstört."
Auch wenn "Die-Tritube-von-Panem"-Verfilmungen an die Gelddruckmaschinen der letzten Jahre erinnern - "Harry Potter", die "Twilight"-Saga und so weiter - bietet sie doch, wie jetzt in "Mockingjay 1" sehr deutlich wird, eine erstaunlich komplexe Hauptfigur, die zwar von ihrem eigenen Mythos als coole Amazone, ausgerüstet mit Pfeil und Bogen, lebt, aber von ihren Weggefährten im Kampf gegen die totalitären Herrscher des Capitols instrumentalisiert wird. Und in ihrem Inneren ist diese Figur vielleicht nicht zerstört, aber immerhin zerrissen, ausgehöhlt, in ihrem wütenden Kampf gegen das Böse erlahmt. Damit bekommt Katniss Everdeen - eindrucksvoll gespielt von Jennifer Lawrence - eine erstaunlich komplexe Humanität verliehen.
Platz 1 - "Der Hobbit: Die Schlacht der fünf Heere" von Peter Jackson
Bilbo: "Eines Tages werde ich mich erinnern, was geschehen ist. Das Gute, das Böse."
Erinnern wir uns doch bitte an das Ausmelken bis zum letzten Tropfen, erinnern wir uns an die 1990er-Jahre, als alles begann, als Peter Jackson mit Frodo Beutlins Geschichte im Herrn Der Ringe" aus dem Nichts die neuseeländische Filmindustrie schuf - dort "Frodo Economy" genannt. Camerons "Avatar" ist hier entstanden und Ridley Scotts "Prometheus", weil die digitalen Tüftler in Wellington, Neuseeland, schnell zu State of the Art wurden und immer noch sind. Peter Jackson ist sozusagen einer der Väter der digitalen Filmbilder. Doch Weta Digital, die Bilderschmiede in Wellington braucht Projekte; es geht um Arbeitsplätze, um die Zukunft. Das ist die politische Ökonomie des "Hobbit", das ist das Motiv, aus dem 384 Seiten dicken, spannenden, dramaturgisch runden Tolkien-Jugendbuch eine Filmtrilogie zu machen, die es jetzt auf 468 Filmminuten - und das ist noch nicht mal die Extended-Version - bringt. Mithin 7,6 Stunden. Leider trägt - im Gegensatz zum "Herrn Der Ringe" - Jacksons Hobbit-Epos nicht, sondern ersäuft in Computerbilderschleifen und diesem unerträglichen Melancholie-Helden-sterben-wir-nehmen-Abschied-Kitsch, wo man immer nur denkt: Alter, jetzt komm mal zum Schluss. Es sei den Leuten in Neuseeland der Arbeitsplatz von Herzen gegönnt, aber der Film - sorry - nervt unglaublich in seiner digitalen Ödnis.
Nachsatz: Fast vergessen, sorry, den Weihnachtsgruß, der soll, muss und darf ja wohl sein. Hier also ... liebe Kinder, liebe Erwachsene, gebt fein Acht ... kommt er, der Gruß, musikalisch von einem borstigen, unfassbar entzückenden Kinowesen. Und jetzt bitte alle zusammen: Lalalala ...
Schweinchen Babe singt "Jingle Bells": "Lalalala!"
Redaktions-Chor singt: "Jingle Bells"
So! Nu' is' gut! Wir haben ja unsere Zeit nich' auf'm Hamburger Dom geschossen.