Festival Schloss Rheinsberg

Musikalischer Zauber unter freiem Himmel

Das Kammeroper Ensemble bei der "Amadigi"-Aufführung in Rheinsberg
Das Kammeroper Ensemble bei der "Amadigi"-Aufführung in Rheinsberg © Kammeroper/Mundt
Von Dieter David Scholz · 26.06.2015
Das Barockfestival auf Schloss Rheinsberg steht 25 Jahre nach seiner Gründung vor einer gesicherten Zukunft. Dieses Jahr ist es mit der Händel-Oper "Amadigi" eröffnet worden - einer geglückten Produktion, meint unser Rezensent.
Das Festival startete vor einem Vierteljahrhundert in eine unsichere Zukunft, heute steht es besser denn je da. Bei seiner Gründung 1990 war es ein großes Risiko und finanziell eine Gratwanderung, tief in der märkischen Provinz ein solches Festival zu gründen. Längst hat das Publikum dieses entlegene Festival angenommen. Es gibt ein regelrechtes Stammpublikum, das jedes Jahr wiederkommt und es gibt inzwischen einen Führungswechsel. Siegfried Matthus hat im vergangen Jahr die künstlerische Leitung seinem Sohn Frank Matthus übergeben.
Aber auch die Finanzierung ist gesichert. Im vergangenem Jahr wurden die Kammeroper Schloss Rheinsberg, die das Festival ausrichtet, und die hier ebenfalls ansässige Musikakademie Rheinsberg zur Musikkultur Rheinsberg gGmbH fusioniert. 40 Prozent der Kosten trägt das Land, 40 Prozent werden durch Kartenverkauf erwirtschaftet und die restlichen 20 Prozent werden durch Sponsoring abgedeckt. Die Hauptsponsoren sind die ostdeutsche Sparkassenstiftung und der russische Erdgaskonzern Gazprom, der sich trotz politischer Irritationen um deutsch-russischen Kulturaustausch bemüht. Eines der beiden Vorsingen für das alljährliche Festival findet denn auch in Russland statt. Kein Zufall, dass in diesem Jahr acht junge Sänger von insgesamt 40 russisch sind.
Junge Sänger spielen die Hauptrolle
Das Rheinsberger Festival ist eines von wenigen, in denen die jungen Sänger die Hauptrolle spielen. Sie dürfen dort ihre ersten bühnenpraktischen Erfahrungen machen, sich nach dem Studium erproben und komplette Partien erarbeiten und vor Publikum singen und spielen. Sie werden szenisch und sängerisch von erfahrenen Regisseuren, Dirigenten und Gesangspädagogen gecoacht, beraten und geführt. Es gibt einen großen Gesangswettbewerb vor Beginn des Festivals, bei dem die Preisträger zwar kein Geld, aber eine Partie gewinnen können, die sie beim Festival singen dürfen.
Für den Sängernachwuchs ist das Festival mit seinen Opernproduktionen, Konzerten, Operngalas, Opernwerkstätten und Gastspielen eine wichtige Erprobungsplattform. Bis heute gab es 700 Preisträger bei den mittlerweile 25 Gesangswettbewerben, an denen insgesamt mehr als 9000 angehende Sänger teilnahmen. Und man darf nicht vergessen, dass dieses Festival eine Talentschmiede und nicht selten ein Sprungbrett in eine große Karriere ist. Von Rheinsberg aus haben einige Sänger den "Opernolymp" erstiegen. Um nur einige Namen zu nennen: Nina Warren, Camilla Tilling, Annette Dasch, Olga Peretyatko, Aris Argiris und Marco Jentzsch.
Zauber einer Freiluftoper
Nachdem man bis zuletzt gebangt hat, ob der Wettergott gnädig ist oder nicht, fand die Eröffnungspremiere der Zauberoper "Amadigi die Gaula" von G. F. Händel im Heckentheater des Schloßparks statt, wenn auch mit zwei Unterbrechungen. Der eigentliche Zauberer des Abends war das Heckentheater selbst. Regisseurin Claudia Eder hat mit minimalem Aufwand, mit leichter Hand und tänzerischem Gestus inszeniert. Die Handlung des Stücks, die sich um den hehren Ritter Amadis von Gallien rankt, um die Abenteuer von vier Personen und einer intriganten Zauberin, die sich überkreuz lieben, mit für die barocke Opera seria typischen Gefühlsverstrickungen und unerwarteten Wendungen, hat sie gar nicht erst zu erklären versucht. Der Zauber sommernächtlichen Gartentheaters entschuldigt ohnehin fast alles Unwahrscheinliche und Unglaubwürdige.
Absolut glaubwürdig ist die Produktion musikalisch, mit fünf jungen Sängern, die wie schon zu Zeiten des Prinzen Heinrich ohne irgendwelche elektroakustische Verstärkung singen, herausragend die griechische Koloratursopranistin Alexandra Samoulidou als böse Zauberin Melissa. Michael Schneider, einer der renommiertesten Spezialisten für Alte Musik, hat die dreiaktige Oper beherzt gekürzt auf publikumsfreundliche gute zwei Stunden. Er hat mit dem Barockensemble des Staatsorchesters Braunschweig einen sehr animierten, temperamentvollen Händel musiziert. Nur gelegentlich gab es Irritationen durch leichten Regen, auch durch vorlaute Vögel, die den Sängern Paroli bieten wollten und ungebetene Fledermäuse, die über die Bühne flatterten. Der Zauber einer Freiluftoper eben!