Festival Nancy Jazz Pulsations

Immer für Entdeckungen gut

Gregory Porter, aufgenommen beim Echo Jazz 2016
Neben Stars wie Gregory Porter treten beim Nancy Jazz Pulsations viele neue Talente auf. © Promo
Von Martina Zimmermann · 10.10.2016
Dizzie Gillespie spielte hier schon Mambo und Miles Davis spanische Musik. Seit 1973 gibt es das Festival Nancy Jazz Pulsations, das auch Brücken zu anderen Musikstilen baut. Die Künstler treten nicht nur in Theatern und Konzerthallen, sondern auch in Schulen oder Altenheimen auf.
Jan Lundgren ist zum ersten Mal auf dem Festival Nancy Jazz Pulsations.
Er habe ja sein eigenes Festival in Ystad, meint der schwedische Pianist, und er wisse daher wie schwer es sei so große Künstler wie Ibrahim Maalouf, Kenny Barron, Gregory Porter, Paolo Fresu, Richard Galliano in ein Programm zu bringen.
Das Nancy Jazz Pulsations sei ein sehr bedeutender Event, meint Jan Lundgren, der gemeinsam mit Akkordeonist Richard Galliano und Trompeter Paolo Fresu im festlichen Poirel-Saal aus dem 19. Jahrhundert in Nancy Begeisterungsstürme auslöste.
Standing Ovations gibt es auch für den virtuosen Christian McBride, der als einer der besten Kontrabassspieler seiner Generation gilt. Die Veranstalter von Nancy Jazz Pulsations sind stolz darauf, seit jeher auch andere Musikstile im Programm zu haben, Rock, Blues, Elektro und sogar französisches Chanson. Claude Jean "Tito" Antoine ist einer der Gründer des Festivals, auf dem sich ab 1973 Ray Charles, Oscar Peterson oder Lionel Hampton ein Stelldichein gaben.
Dizzie Gillespie spielte Mambo und kubanische Musik, erinnert sich "Tito" Antoine, Miles Davis und Hancock nutzten Flamenco und spanische Musik... es habe auch im Jazz immer Brücken zwischen den Musikstilen gegeben.
Unter den Künstlern der sogenannten Weltmusikszene sind dieses Jahr die legendären "Vikings de la Guadeloupe". Der Name der "Karibik-Wikinger", die in den 1960er- und 70er-Jahren die karibische Musik modernisierten, kommt vom örtlichen Fußballverein. Die Musiker wollten so mutig kämpfen wie diese Sportler. Über die Jahrzehnte spielten rund 200 Musiker in der Band. Max Severin singt seit 42 Jahren in dem Orchester.

Neben den Stars auf neue Talente

Der Einfluss des Jazz in ihrer Musik sei vor allem bei der Bläsersektion zu hören, erklärt Max Severin, das haben die "Wikinger" von Duke Ellington und Count Basie und solchen Bands abgeschaut.
Das Programm des Jazzfestivals beschränkt sich nicht auf Legenden und Stars wie Roy Hargrove und sein Quintett. Die Organisatoren behaupten stolz, seit über 40 Jahren immer wieder neue Talente zu präsentieren. So war Trompeter Ibrahim Malouf – Star der diesjährigen Ausgabe des Festivals – schon in Nancy als ihn die Pariser Jazz-Szene noch gar nicht anerkennen wollte. Der künstlerische Direktor Patrick "Patou" Kader verglich den aus Libanon stammenden Musiker mit Miles Davis und wurde dafür kritisiert.
Maalouf sei der einzige, der das Publikum in seinen Bann ziehe wie einst Miles Davis, rechtfertigt sich Kader. Wenn die Leute den Trompeter hören, betreten sie sein Universum. Die jungen Leute lieben ihn. Miles Davis und Ibrahim Malouf machen freilich nicht dieselbe Musik aber sie haben dieses Verhältnis zum Publikum und wie Miles habe auch Maalouf einen Sound, den man bei den ersten Tönen erkennt!
Von den rund 30.000 Zuschauern, die das Festival jedes Jahr anlockt, sind 65 Prozent unter35 Jahren. Das Festival findet überall statt in Nancy. Während der zehn Tage wird im 3000 Personen fassenden Zelt musiziert oder im kleinen Saal mit maximal 350 Plätzen; auch in den Parks, in der Oper, in Theatern und Konzerthallen, in Bars und auf den Straßen. Konzerte finden sogar in Schulen, Kranken- und Altenheimen statt und im Gefängnis. Musik kennt keine Grenzen. So lautet das Credo von Direktor Patou Kader.
Die Jazzmusiker selber hätten sich entwickelt, meint Kader. Deshalb ziehen sie heute ein breiteres Publikum an. Sie arbeiten mit Musikern verschiedener Horizonte, mit Rock oder Blues. Das spiegele sich im Programm nieder, aber es sei auch der Wille gerade dieser jungen Jazzmusiker.
So tritt Saxofonistin Céline Bonacina, die auch Solo einen Namen hat, in Nancy mit Saxofonist Julien Loureau auf, für den weder kubanische Rhythmen noch Maghrebsound ein Geheimnis haben. Und Schlagzeugerin Anne Paceo spielt mit Saxofonist Raphael Imbert in dessen "Music is my home"-Projekt, begibt sich auf eine Reise auf den Spuren des Lebens in Louisiana im Süden der Vereinigten Staaten. Anne Paceo tritt aber auch zum Schluss des Festivals solo auf im Manufacture-Theater.
Der französische Akkordeonist Richard Galliano ist auch ein Vertreter dieser Szene, er ist im argentinischen Tango genauso zu Hause wie in französischer Musette oder eben im Jazz, in Nancy spielt er mit Paolo Fresu und Jan Lundgren.
Man könne aus einem Chanson von Edith Piaf Jazz machen oder auf einen Blues improvisieren, meint Galliano. Er bezeichnet sich als einen Soldaten der Schönheit. "Wir kämpfen mit unserer Musik für Schönheit", sagt er, Schönheit sei wichtiger als Perfektion: Ein Stück aus dem Computer sei vielleicht perfekt aber langweilig."
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