Ferrero-Waldner verteidigt Finanzhilfe für den Libanon

Moderation: Jörg Degenhardt · 25.01.2007
EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner hat Schuldenerleichterungen für den Libanon gefordert. Diese seien "absolut notwendig", um dem Libanon wieder aufzurichten, sagte Ferrero-Waldner. Sie hoffe, dass durch die heutige Libanon-Geberkonferenz in Paris der Internationale Währungsfonds den Weg eröffne, um den Libanon bei der Schuldentilgung zu entlasten.
Jörg Degenhardt: Am Telefon von Deutschlandradio Kultur begrüße ich die EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner. Guten Morgen!

Benita Ferrero-Waldner: Einen schönen guten Morgen Herr Degenhardt!

Degenhardt: Fünf Milliarden Dollar, reicht das wirklich, um Ministerpräsident Signora im Amt zu halten? Denn das muss doch das Ziel des Westens sein.

Ferrero-Waldner: Es ist das Ziel, dass wir beginnen mit der libanesischen Regierung nicht nur in humanitäre Hilfe hineinzugehen, sondern auch Reformen durchzuführen und sozusagen das Land wiederaufzubauen. Und zum Wiederaufbau ist es absolut notwendig, dass zum Beispiel eine Unterstützung der sozioökonomischen und der politischen Reformen gegeben ist, dass der wirtschaftliche Aufschwung Libanons wieder angekurbelt wird.

Das heißt, lokale Entwicklung, Instandsetzung der Infrastruktur, vor allem aber auch Unterstützung der kleinen und Mittelbetriebe, die so wichtig sind, Räumung der Minen und so weiter. Natürlich kann alles das nur funktionieren, wenn tatsächlich Regierung und Opposition weiterhin im Gespräch bleiben und sich schließlich durch Dialog auf einen nationalen Konsens einigen. Nur so kann es funktionieren.

Degenhardt: Reichen denn dann die 400 Millionen, die zum Beispiel die Europäische Union bereitstellen will, um eben diese Regierung zu unterstützen in ihrem Bemühen?

Ferrero-Waldner: Nun, ich glaube, es ist eine durchaus beachtliche Summe. Insgesamt sind es sogar 500 Millionen, denn wir haben ja 100 Millionen zum Teil Libanon schon gegeben während der Krise, dann in der Konferenz in Stockholm. Und zum Teil kann dieses Geld natürlich noch ausgegeben werden. Ich glaube, das ist ein wichtiger Beitrag, aber es geht nicht nur um Geld. Es geht vor allem darum, dass wir die eigenen Reformkonzepte der libanesischen Regierung, die sich gerade jetzt im Januar verabschiedet hat, auch wirklich umsetzen kann.

Ich glaube, es ist hier großer Mut der libanesischen Regierung da gewesen in einer tatsächlich äußerst schwierigen, sehr, sehr heiklen Situation. Das muss unterstützt werden. Es gibt gar keine andere Alternative. Und ich denke, dadurch, dass die Konferenz stattfindet, hat nun auch der Internationale Währungsfonds hier ein Programm mit Libanon abgeschlossen, das auch den Weg eröffnen könnte, vielleicht für gewisse Schuldenerleichterungen, die absolut notwendig sind, damit wir Libanon wieder auf den Weg bringen

Degenhardt: Gibt es wirklich keine andere Alternative? Was halten Sie denn beispielsweise von Neuwahlen, angesichts des Drucks, der von der pro-syrischen Opposition auf die Regierung Signora ausgeübt wird?

Ferrero-Waldner: Nun, zum Ersten muss man sagen, es hat ja vor nicht allzu langer Zeit Wahlen gegeben, die zu dieser Regierung geführt haben. Und das ist natürlich eine demokratisch gewählte, legitimierte Regierung. Aber gleichzeitig ist es immer richtig und möglich, durch Dialog auch Dinge zu verändern. Solange dieser Dialog sich sozusagen im demokratischen Bereich und in einem demokratischen Rahmen bewegt. Und Sie wissen, es gibt ja gewisse Vermittlungsbemühungen seitens der Arabischen Liga, und die werden natürlich von uns auch enorm unterstützt. Ich glaube, es gibt keinen anderen Weg als den Weg des Dialoges, und das muss wohl auch der Opposition im Libanon klar sein.

Degenhardt: Von der Palästinenserseite kam in diesem Zusammenhang Kritik: Es werde mit zweierlei Maß gemessen. Die Hanija-Regierung, die bekommt beispielsweise kein Geld, obwohl sie ja auch frei gewählt wurde.

Ferrero-Walnder: Nun, hier ist es ganz klar, die Hanija-Regierung hat drei wesentliche Prinzipien bisher nicht beachtet, und das ist eben Anerkennung Israels, das heißt auch das Prinzip, endlich auch auf die Gewalt zu verzichten und wenigstens frühere Abkommen der Palästinenser zu beachten, wie zum Beispiel Oslo, und vor allem die berühmte Roadmap, die Wegskizze zu einem Friedensprozess.

Degenhardt: Ich habe es eingangs erwähnt und zwischendurch auch noch mal: Es läuft momentan ein Machtkampf im Libanon. Könnte dieser Kampf, es hat einen Generalstreik gegeben, es hat Tote gegeben, könnte dieser Machtkampf im Libanon heute potentielle Geldgeber bei der Konferenz in Paris abschrecken?

Ferrero-Waldner: Nun, es wird sicher so sein, dass jeder dann bei der Auszahlung der Gelder sehr genau auf die Situation achtet und in jedem Moment natürlich immer wieder auch in Verhandlungen eintreten muss, wie sich die aktuelle Situation ergibt. Aber ich denke, es gibt keine Alternative, dieser demokratisch gewählten Regierung derzeit möglichst Unterstützung zu geben, und diese auch klar zu bezeugen.

Degenhardt: Haben Sie vielen Dank für das Gespräch. Am Telefon von Deutschlandradio Kultur war die EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner.