"Familiengeschichte als Weltgeschichte"

13.03.2008
Rudolf Herrnstadt war wohl der bekannteste Journalist in der Anfangsphase der DDR. Aufgrund seiner kritischen Haltung jedoch wurde er 1953 aus der SED ausgeschlossen und in die Provinz verbannt. Irina Liebmann erinnert in "Wäre es schön? Es wäre schön!" an ihren Vater.
Für ihr Buch wurde sie mit dem Preis der Leipziger Buchmesse (Kategorie: Sachbuch/Essayistik) ausgezeichnet. Die Jury urteilte, Liebmann habe "in unglaublich eindringlicher Art und Weise Familiengeschichte als Weltgeschichte" dargestellt.

Im Deutschlandradio Kultur sagte Liebmann zu der Frage, weshalb ihr Vater in Vergessenheit geriet: "1953 ist lange her. Dann ist er von der SED totgeschwiegen worden, einerseits - andererseits wurde er in die Geschichtsbücher der deutschen Arbeiterbewegung eingeschrieben als einer, der ein Feind der Partei war. Ich weiß es jetzt nicht genau, was da steht. Er wurde jedenfalls negativ notiert in die Geschichte hinein. Und ansonsten wurde alles ausgelöscht, wozu er beigetragen hatte. …

Ich glaube, es geht in der Geschichte der SED darum, dass sich nach 1953 nicht mehr sehr viel gerührt hat im Hinblick auf Demokratisierung dieser Partei. Denn das hätte bedeutet mehr Bewegung, das hätte bedeutet, dass Leute von unten nach oben aufsteigen können und in der Hinsicht natürlich auch, dass sich Individualität hätte entwickeln dürfen, um damit auch die Meinungen zu transportieren. …

Mein Vater meinte, die Partei müsse erneuert werden aus den Betrieben. Er hatte ja die Vorstellung, dass die Arbeiterklasse die führende Kraft sein muss, aber dann natürlich mit hervorragenden Leuten. Aber die fand er nicht. Und ab dem 17. Juni war ja klar, dass die Bevölkerung der Führung nicht mehr folgen will. …"