Familiendramen in Fernost und auf dem Lande

Vorgestellt von Hannelore Heider · 05.03.2008
"Kirschblüten - Hanami" zeigt einen Rentner, der nach dem plötzlichen Tod seiner Frau eine Reise nach Japan unternimmt und erstmals lernt, auf seine Gefühle zu horchen. "Frei nach Plan" schildert ein Familienfest mit allerlei Widrigkeiten und kann sich nicht zwischen Drama und Komödie entscheiden.
"Kirschblüten - Hanami"Deutschland 2008. Regie: Doris Dörrie. Darsteller: Elmar Wepper, Hannelore Elsner, Nadja Uhl, Maximilian Brückner, Aya Irizuki, Birgit Minichmayr u.a. Länge: 122 min

In all ihren Filmen ist Dorris Dörrie teilnehmende und analysierende Beobachterin des modernen Menschen, der sich zwischen Arbeitswelt und Gemeinwesen aufräufelt und nach 17 Reisen in die asiatische Welt hat sie inzwischen auch ein Heilmittel für diesen Zwiespalt parat - die asiatische Kultur. Für die Helden ihres neuen Filmes exerziert sie das glaubwürdig durch.

Rudi (Elmar Wepper) und Trudi (Hannelore Elsner) sind als altes Paar, das sich wortlos in einem Zustand friedlicher Koexistenz eingerichtet hat, als sie plötzlich durch eine hoffnungslos Diagnose aufgeschreckt werden. Rudi wird sterben und deshalb organisiert ihm Trudi noch einmal ein Stück "richtiges" Leben. Aber weder die Reise zu den erwachsenen Kindern ins ferne Berlin, noch der Ostseeurlaub bringen den gewünschten Erfolg.

Rudi, der von der Diagnose nichts ahnt, bleibt, was er ist: ein selbstgenügsamer Mann, der von den Sehnsüchten seiner Frau nichts ahnt. So ganz anders als er, kann sie ihm nicht helfen und die selbstsüchtigen Kinder erst recht nicht. Erleuchtung bringt endlich der Tod - unerwartet stirbt Trudi - und eine Reise nach Japan, die sie immer machen wollte und die nun Rudi allein unternimmt. Immerhin ist Karl (Maximilian Brückner), der Älteste, dort, doch eine Kommunikation kommt nicht zustande, erst recht nicht mit anderen Menschen im Moloch Tokio.

Erst als Rudi eine junge Frau und ihre Art der Trauer, den Butoh-Tanz, kennenlernt, bricht alles in ihm auf. Er kann sich plötzlich ausdrücken, er wird unerwartet dann doch noch zu einem sinnlichen Wesen, das sich nicht scheut, sein Innerstes zu erkennen zu geben.

Dekoriert mit den im zweiten Teil des Filmes omnipräsenten Kirschblüten hätte das leicht in Kitsch abgleiten können, doch das verhindert die so zurückhaltende wie intensive Darstellung von Elmer Wepper. Er wird zum Zentrum des Filmes und gibt dem zerfahrenen Werk seinen berührenden Mittelpunkt.


"Frei nach Plan"
Deutschland 2006. Regie: Franzsiska Meletzky. Darsteller: Dagmar Manzel, Corinna Harfouch, Kirsten Block, Christine Schorn, Otto Mellis, Robert Gallinowski. Länge: 90 min.

<im_43183>Frei nach Plan (NUR IM ZUSAMMENHANG MIT DEM FILMSTART)</im_43183>"Frei nach Plan" - der sperrige Titel bringt nicht ganz glücklich die Story auf den Punkt: Drei Schwestern organisieren den runden Geburtstag ihrer Mutter und da geht dann auch alles schief, jedenfalls nicht nach Plan. Ein Ausnahmezustand also, in dem sich wieder einmal wie im Brennglas die Konflikte innerhalb einer Familie und die der einzelnen Mitglieder spiegeln.

Mittelpunkt der Familie und, wie es anfangs scheint, ärgstes Problem ist Mutter Sylvia, gespielt von Christine Schorn. Die exzentrische Alkoholikerin hat das Leben ihrer Ältesten Iris (Corinna Harfouch) okkupiert. Iris kümmert sich immer um alles, auch um die Organisation des Geburtstages, der, wie in kleinen Gemeinden üblich, eigentlich mit allen gefeiert wird.

Die Selbstverständlichkeit, mit der die anderen beiden Schwestern dieses Kümmern annehmen, hat Iris zunehmend verbittert. Dabei wohnt Marianne (Kirsten Block) in der Nachbarschaft, nur hat sie ihre eigene kleine Familie. Und als "Zugereiste" ist das schwarze Schaf der Familie, die Weltenbummlerin und Rockmusikern Anne (Dagmar Manzel), so gar keine Hilfe, im Gegenteil: Selbstsüchtig genießt sie ihre Heimkehr, indem sie gleich einmal mit ihrem Schwager ins Bett geht, was der heranwachsende Sohn auch noch beobachtet.

Zu allem Unglück reist dann noch der Ex-Ehemann (Otto Mellis) der Jubilarin mit wesentlich jüngerer Freundin zu den Feierlichkeiten an. Was tun mit solcher Konstellation? Eine verrückte Komödie zaubern, oder ein Familiendrama? Franziska Meletzky kann sich in ihrer zweiten Regiearbeit nicht recht entscheiden. Mal melodramatisch, mal sarkastisch und mal poetisch reiht sie eine Situation an die andere (wobei ihr schöne Momente einfallen) und lässt ihr starkes Darstellerensemble einfach machen.

Während Christine Schorn und Dagmar Manzel ihrem Affen so richtig Zucker geben, vertrauen Corinna Harfouch, aber auch die Männer Robert Gallinowski und Otto Mellis, mehr auf die leisen, realistischen Töne, so dass am Ende ein nicht recht glaubhafter Mix aus Familienchaos herauskommt, in dem sich jeder Zuschauer irgendwie wiedererkennen kann (was die Zuschauer und die Jury beim Filmfestival in Shanghai auch taten und mit dem Hauptpreis und dem Preis für das Schauspielerensemble honorierten). Auf den Punkt gebracht wird freilich nichts.
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