Fairport Convention

Die Folkrocklegenden und ihr Musikfestival

Der Sänger und Gitarrist Simon Nicol der britischen Band Fairport Convention während der Aufführung der Mittelalter-Show "Excalibur - The Celtic Rock Opera" am 04.01.2010 in Mannheim
Der Sänger und Gitarrist Simon Nicol ist Gründungsmitglied der britischen Band Fairport Convention. © imago / STAR-MEDIA
Von Harald Mönkedieck · 13.08.2015
Die Pioniere von Fairport Convention: Seit 1976 organisieren sie eines der größten Rock- und Folkfestivals Großbritanniens. Harald Mönkedieck hat mit Simon Nicol und Dave Pegg über die Band gesprochen - und über den anhaltenden Erfolg ihrer Fairport's Cropedy Convention.
Sie sind nach eigener – selbstironischer - Darstellung für britisches Bier das, was Grateful Dead einst für LSD waren: Popularisator eindeutiger Vorlieben in Sachen außermusikalischer Genussmittel. Doch ganz so eindimensional ist es nicht, wenn es um die Recken von Fairport Convention geht. Bei allem demonstrativen Frohsinn und solider Trinkfestigkeit zumindest eines Teils der Band, geht es im Wesentlichen noch immer um Musik. Im 48. Jahr der Fairport-Geschichte dazu um ernsthafte Aspekte des Lebens wie Erinnerung und Bestätigung.
Im Sommer der Liebe gestartet
So begann es im Jahr '67, das erste Album von Fairport Convention. Mit der Leadgitarre des 18-jährigen Richard Thompson und dem Song "Time Will Show The Wiser." Im psychedelischen Sommer der Liebe spielte die junge Band aus Londoner Mittelschichts-Kids erstmals auf, mit eigenen Songs und solchen aus transatlantischer Feder. Simon Nicol war 17 und von Anfang an dabei. Für den Sohn eines Arztes aus dem Stadtteil Muswell Hill im Rückblick ein Musiker-Leben bei einer Band, die nach dem Namen seines Elternhauses benannt wurde. Nicol betrachtet die mythischen "Sixties" verschmitzt und durchaus differenziert:
"Es ist heute sehr leicht, das zu idealisieren. Ich treffe oft auf junge Journalisten, die diese Zeit als eine geradezu ikonographische Zeit betrachten, als erstes Wunschziel in einer Zeitmaschine. Es war eine besondere Zeit. Doch damals wusste niemand, was eigentlich los war, obwohl heute viele sagen – oh ja, etwas Besonderes lag in der Luft. Die Bilder, die bleiben, sind sehr stark, das muss ich sagen. Es war kurzlebig, nur wenige Sommer, doch es war immerhin die Zeit, in der Hippie-Kids Nelken in die Gewehrläufe von Polizisten steckten."
Schon mit dem 69er Album "Liege And Lief" wandten sich Fairport Convention – jetzt mit der Stimme der früh verstorbenen Sängerin Sandy Denny – den alten Balladen der britischen Folk-Tradition zu. Die Band wurde jetzt als Speerspitze des jungen elektrischen Folkrock aus England betrachtet. Man produzierte für das renommierte Indie-label Island Records, brachte frische Energie in altes Liedgut. Viele Musiker kamen und gingen im Laufe vieler Jahre – Simon Nicol blieb:
"Die Band war buchstäblich mein Leben. Sie hat mich von der Schule bis ins Rentenalter geführt. Ich habe auch nicht vor, mich zur Ruhe zu setzen. Doch wenn mich meine Kräfte mal verlassen sollten, hoffe ich, dass ich der erste bin, der es merkt."
Staunen über den anhaltenden Erfolg
Nach all den Jahren und endlosen Tourneen - vor allem im U.K. – blickt Simon Nicol nicht ohne Erstaunen auf die große Dimension des Festival-Phänomens Fairport's Cropredy Convention heute. So ist es auch für Bassist Dave Pegg, gestartet einst in Birmingham, seit Ende '69 bei Fairport. Peggs Spiel ist zu hören auf vielen großen Alben der britischen Musikgeschichte, von Nick Drake bis John Martyn, von Jethro Tull bis Richard & Linda Thompson.
Dave Pegg über das Festival heute:
"Es ist ein großer Event im Leben vieler Menschen, auch für uns selbst. Es ist ja etwas, das wir selbst konzipiert haben. Wir buchen alles selbst, wählen die Musik selbst aus, die präsentiert wird. Viele im Publikum waren jedes Mal da. Einige Kids, die mitkommen, wurden sicher dort gezeugt, denn nachts wird es echt kalt in einem Zelt am Oxfordshire Canal. Fortpflanzung ist also ein Thema. Es ist familienorientiert, dazu aber ein sehr musikalischer Event, mit den besten Bands aus unterschiedlichen Genres."
"Meet On The Ledge" – die große Hymne im Fairport-Katalog, geschrieben vom jungen Richard Thompson. Abschluss eines jeden Konzerts und jeden Festivals, gesungen von Tausenden, auf einem Feld in Oxfordshire, wo sonst die Kühe grasen. Berührende Feier des Moments, entschlossene Bestätigung des zurückgelegten Weges, sentimentale Erinnerung an immer mehr Fehlende. Dave Pegg:
"Der Song hat jedes Jahr eine große Bedeutung für viele Menschen. Viele haben mittlerweile Angehörige verloren, auch wir selbst. Es gibt immer Bilder im Kopf, wenn wir diesen Song spielen. Und dabei vielleicht an jemanden denken müssen, der letztes Jahr noch an der Bühnentür gearbeitet hat, jetzt nicht mehr da ist. Es gibt auf dem neuen Album den Song 'Jonah's Oak'. Das ist ein Baum auf einem der Felder. Die Menschen lassen ihre Asche dort verstreuen und bekommen eine Plakette zum Gedenken. Cropredy - das ist für uns alle sehr persönlich."
Die aktuelle Besetzung ist die konstanteste
Die aktuelle Besetzung von Fairport Convention mit Nicol und Pegg, mit Geiger Ric Sanders, Drummer Gerry Conway und Multi-Instrumentalist/Songwriter Chris Leslie ist die konstanteste bislang, bestehend seit siebzehn Jahren. Nur zwei Jahre fehlen insgesamt am halben Jahrhundert Fairport. Einer Band, die Seltenes erreicht hat: Identität im Leben ihrer Fans zu stiften, durch Langlebigkeit, Substanz und Echtheit. Mit Songs, die die britische Folk-Tradition mit der zeitgenössischen Songwelt verbinden. Doch allzu bedeutungsschwanger mag man es nicht im Hause Fairport. Die britische Verpflichtung zum Witz bricht sich immer wieder Bahn.
Dave Pegg auf die Frage, wie es sich anfühlt, eine "Legende zu leben":
"Der beste Aspekt am 'Leben der Legende' ist: Du steigst aus dem Van, nach ungefähr vier Stunden, wenn er mal anhält. Wenn du dann noch gehen kannst und Dein Rücken nicht völlig erledigt ist, dann weißt du zumindest, dass die Legende noch einen Abend überleben kann. So ist das in Wahrheit für eine Band wie Fairport Convention. Wir steigen immer noch gerne ein in den Van, aber lieber noch wieder aus. Man kann nicht raus, ohne vorher eingestiegen zu sein."
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