Fahrgemeinschaften

Geld sparen und nette Beifahrer haben

Ein Schild mit der Aufschrift "Pendler" steht am 05.06.2012 bei Poppenhausen (Bayern) an einer Autobahnanschlussstelle.
Hinweisschild für einen Pendler-Parkplatz an einer Autobahnanschlussstelle © picture alliance / dpa / David Ebener
Von Stephanie Kowalewski · 13.09.2016
Fahrgemeinschaften für Berufspendler bieten viele Vorteile. Aber obwohl es einige Online-Plattformen für Mitfahrwillige gibt, ist die konkrete Umsetzung gar nicht so einfach. Stephanie Kowalewski hat sich umgehört.
Autofahren ist für viele Berufspendler eine nervenaufreibende und kostspielige Sache: Viele Staus rauben kostbare Zeit und ehe man sich versieht, ist der Tank schon wieder leer. Außerdem verkürzen die vielen Kilometer die Lebenszeit der Autos. Fahrgemeinschaften könnten da eine gute Alternative sein. Es ist aber gar nicht so einfach, eine bestehende Fahrgemeinschaft für ein Interview zu finden. Und das, obwohl es inzwischen im Internet einige Plattformen gibt, auf denen Mitfahrwillige sich finden können.

Täglich 55 Kilometer zur Arbeit nach Köln

In Krefeld treffe ich Herms Brillowski, der täglich von hier zu seiner Arbeitsstelle in Köln pendelt. 55 Kilometer eine Strecke. Während wir im Berufsverkehr über volle Straßen stadtauswärts fahren, erzählt er mir, dass er seit Jahren vergeblich nach einer festen Fahrgemeinschaft sucht:
"Ich bin zwar in verschiedenen Mitfahrplattformen - wie zum Beispiel Mitfahren.de und Bla-Bla-Car und Fahrgemeinschaft.de - aber feste Mitfahrer sind sehr selten. Es sind immer nur sporadische Mitfahrer."
Wie organisieren sie das dann?
"Also ich habe meine festen Treffpunkte. Ich halte an einer Straßenbahnhaltestelle in Krefeld und an einer Straßenbahnhaltestelle in Köln an. Das habe ich auch in diesen Plattformen hinterlegt. Dann habe ich eine feste Zeit: frühmorgens 6:30 Uhr und nachmittags 16:30 Uhr zurück."
Und wie häufig passiert es dann, dass jemand auf dem Beifahrersitz sitzt?
"Es ist sehr unterschiedlich. Es kann vorkommen, dass mal in einer Woche vier, fünf Leute mitfahren und bei einer Fahrt zwei-, drei- auf einmal. Und dann kommt es vor, dass ich 14 Tage überhaupt keinen mithabe."
Also sie sind immer derjenige, der sein Auto zur Verfügung stellt, sie sind immer der Fahrer. Wie rechnen sie das dann ab?
"Abgerechnet wird nach einem festen Prinzip: fünf Euro für eine Fahrt. Und wenn es eine längere Strecke ist, wenn ich zum Beispiel nach Sachsen fahre, dann nehme ich 6,5 Cent pro Kilometer. Das ist so der übliche Durchschnitt."
Damit sind sie billiger als die Deutsche Bahn.
"Das auf alle Fälle. Die Fahrt Krefeld-Köln kostet bei der Deutschen Bahn 14,90 Euro und bei mir fünf Euro."
Was haben sie davon?

"Man lernt viele neue Leute kennen"

"Ich hab viel Spaß mit den Leuten, man hat doch eine sehr kurzweilige Fahrt, man lernt viele neue Leute kennen und sehr interessante Leute. Und es hilft auch ein bisschen mit beim Sparen."
Was sparen Sie?
"Also wenn ich jetzt nach Sachsen fahre, kostet ja eine Tankfüllung, eine Fahrt, 70 Euro. Und wenn man dann paar Leute mitnimmt, dann kann man schon mal die Hälfte vom Benzinpries bekommen."
Wenn wir jetzt fahren – es ist Berufsverkehr – wir stehen immer wieder im Stau. Wenn wir rechts und links schauen, sehen wir ganz, ganz viele Autos, in denen nur eine Person sitzt.
"In den meisten Fahrzeugen sitzt nur eine, das stimmt."
Wären Fahrgemeinschaften da nicht eine gute Lösung?
"Das wäre eine sehr gute Lösung! Aber ich weiß nicht, warum die Menschen darauf noch nicht so reagieren. Also meine Fahrt steht täglich in vier verschiedenen Mitfahrplattformen drin und es kommt trotzdem zu wenig."
Was wäre so ihr Traum?
"Dass man sich auch mal mit einem festen Fahrer zusammentut und auch mal eine ganze Woche einfach auf dem Beifahrersitz ein bisschen vor sich hin dösen kann."

Vier Mal pro Woche gemeinsam mit einem Kollegen

Ute Stams ist eine, die für etwas weniger verstopfte Straßen sorgt, denn sie hat seit gut zweieinhalb Jahren eine Fahrgemeinschaft. Sie wohnt sehr ländlich in Hinsbeck am Niederrhein und arbeitet Teilzeit in einer großen Behörde im 55 Kilometer entfernten Düsseldorf. Die Strecke fährt sie vier Tage die Woche gemeinsam mit einem Arbeitskollegen, der auch in Hinsbeck wohnt. Ab und zu fährt eine weitere Kollegin mit:
"Weil das ja schon immer ganz schön ins Geld geht. Und was spart man – na die halben Spritkosten. Ich würde mal sagen so 100 / 120 Euro im Monat. Manchmal ist man morgens auch zu müde. Dann ist man ganz froh, wenn man jemanden hat, der einen unterhält und wach hält sozusagen."
Spielt der Umweltgedanke für Sie eine Rolle?
"Der Umweltgedanke spielt, ehrlich gesagt, die kleinere Rolle. Eher ein Parkplatzproblem, weil die Parkplätze nur sehr begrenzt zur Verfügung stehen und der Arbeitgeber den Leuten, die eine Fahrgemeinschaft haben, vorrangig einen Parkplatz angeboten hat."
Ah, also der fördert das?
"Ja, der fördert das."
Wie organisieren sie das, diese Fahrgemeinschaft?

"Wir holen uns Haustüre an Haustüre ab"

"Also jeden Mittag wird abgesprochen, wann am nächsten Tag gefahren wird. Wir holen uns Haustüre an Haustüre ab. Dadurch, dass wir ja im Wechsel täglich fahren, bleibt das schon gleich."
Und funktioniert das gut?
"Also mit der gelegentlichen Fahrgemeinschaft ist das schon sehr schwierig, weil die sehr spontan ist. Da kommt dann auch morgens schon mal eine WhatsApp - ich fahre heute nicht. Das ist dann schon ein bisschen anstrengend. Oder wenn sie sagt, ich fahre jetzt um 12 nach Hause, kommst du mit oder guckst du, wie du nach Hause kommst? Bei dem anderen, der ist sehr zuverlässig. Das klappt also ohne Probleme."
Die Arbeitszeiten werden immer flexibler. Selbst bei einem Arbeitgeber gibt es Gleitzeit, Teilzeitarbeit, die anderen machen mal einen Homeoffice-Tag. Glauben sie, dass es so generell schwieriger wird, Fahrgemeinschaften zu gründen? Weil, andere Menschen, mit denen ich gesprochen habe, die suchen teilweise seit vier, fünf Jahren jemanden, der einfach mal mitfährt.
"Finden ist schwierig! Ich hab vorher auch schon oft gesucht. Wir haben sogar selbst in der Behörde so ein Forum, wo man Fahrgemeinschaften suchen kann. Aber auch das führt nicht immer zum Erfolg. Ich finde schon, die Chemie muss stimmen, sonst - glaube ich - kann das nicht klappen. Es beruht schon auf Toleranz. Muss man schon sagen."
Unter dem Strich sind sie mit der Fahrgemeinschaft sehr zufrieden und finden, eigentlich hat das nur Vorteile?
"Ja! Kann ich kurz und bündig mit ja beantworten."
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