Fabulous Fridays

Von Gerhard Richter · 07.01.2011
Jeden Freitagnachmittag treffen sich 20 gut ausgebildete Studenten der Universität der Künste in Berlin zum Chorsingen. Chorleiter Michael Betzner-Brandt ist einer der kreativen Köpfe der deutschen Chorszene. Optimale Voraussetzungen also für ein leistungsorientiertes Ensemble.
"So wir gehen nach vor und zurück ..."

Professor Michael Betzner-Brandt, der Chorleiter und seine Studenten grooven sich ein. Schlurfende Schritte auf dem Parkett, schon ist da ein Rhythmus.

"... und wenn wir am Anfang unsere Übung machen, wo einer was vorsingt, und die anderen was nachsingen, das ist nicht so wahnsinnig leistungsorientiert und macht Spaß und man ist in der Kommunikation miteinander und daraus kann man schon ne Menge entwickeln."

Wir sind im Raum 103 der Berliner Universität der Künste, schräg gegenüber der Mensa. Ein paar Stahlrohrstühle, zwei Flügel, tolle Akustik. Aber wichtiger als die professionelle Ausstattung sind Spiel und Improvisation.

"Und das ist erst mal so eine Philosophie, so ein Gedanke, dass man sagt, die Musik kommt erst mal von den Sängern, kommt nicht von den Noten oder vom Blatt, das man denen vor die Nase hält und sagt, jetzt singt das mal, sondern die Musik ist erst mal in einem drin und das ist völlig unabhängig von, ob man Musik studiert hat oder überhaupt nicht. Ich glaube, das kann erst mal tatsächlich jeder."

Mit diesem Konzept arbeitet der Dozent für Chorleitung Michael Betzner-Brandt die Woche über mit mehreren Chören. Mit Laien und mit Fortgeschrittenen. Bei den Fabulous Fridays hat er ausgebildete Sänger vor sich. Annemarie zum Beispiel studiert hier an der Berliner Universität der Künste Schulmusik. Seit zwei Jahren singt die 27 jährige bei den Fridays im Alt.

"Also ich finde diese freie Art total kreativ, weil wir alle eingebunden sind und weil jeder seine Idee zu etwas Ganzem dazufügt, aber es ist genauso schön oder erfüllend nach Noten zu singen. Das sind einfach zwei unterschiedliche Wege daran zu gehen, aber beide haben ihre Berechtigung."

Vor sieben Jahren wurden die Fridays gegründet, damals als Semesterchor, das heißt: Die Sänger wechselten alle halbe Jahre. Dann, 2009, die Wandlung zum Projektchor, zum festen Ensemble.

"Und hier haben wir die Möglichkeit, dass der Chor ein Repertoire pflegt und stets verbessert."

Ausgefeilte Jazz-Balladen, Popsongs oder Volkslieder in eigenwilligen Interpretationen.

An den Liedern tüfteln die Studenten oft selbst, manchmal am Arrangement, manchmal schreiben sie auch die Texte.

"Wir haben immer "Chili con Carne" gesungen und dann haben wir uns irgendwie in der Dönerbude getroffen. Und dann hat Eugen sich hingesetzt und einen Dönerchicken-Text hingelegt und das war super."

Cathleen singt im Sopran und ist die Assistentin des Chorleiters.
Es gibt eine Menge zu tun - zum Beispiel: Reisen organisieren! In diesem Jahr geht es nach Dänemark zu einem Chorfestival. In China, Frankreich und den USA waren die Fridays schon. 2010 haben die Studenten eine CD aufgenommen. Sie heißt: "An einem Freitag in Berlin".

Und mit solchen Songs haben die Fabulous Fridays den Berliner Chorwettbewerb gewonnen. Das klappt nur, weil alle mitziehen, findet Sven:

"... und das ist schon ne tolle Atmosphäre, wo alle in die gleiche Richtung arbeiten wollen."

In dieser tollen Atmosphäre gibt es Freiraum für Experimente. Improvisationen. Singen ohne Noten.

Also wir haben´s zum Beispiel so gemacht, dass wir mit dem Beamer Bilder an die Wand geworfen haben. Und haben uns auch kurz darüber unterhalten, was ist das für eine Stimmung? Wie könnte man das womöglich irgendwie in Töne fassen? Und dann probiert man´s aus.

Hier hört man zum Beispiel "Eine einsame Parkbank bei Nacht."

Zwei Stücke dieser Art sind auf der CD gelandet. Und die Methode macht Schule. Annemarie, die noch Schulmusik studiert, leitet nebenbei schon einen eigenen Chor. Und da probiert sie aus, was sie bei den Fabulous Fridays lernt.

"Und das kommt total super an, also da ist einfach eine große Lebendigkeit, die eben weggeht von: Wir teilen Noten aus und dann schauen wir mal, wie wir dieses Stück singen."