Experte Koenen kritisiert Großmachtrolle Russlands

21.03.2007
Nach Einschätzung des Historikers und Publizisten Gerd Koenen ist das aktuelle Auftreten des russischen Präsidenten Wladimir Putin auch durch die derzeitige relative Schwäche der früheren Großmacht bedingt.
Koenen führte am Mittwoch im Deutschlandradio Kultur das Vorgehen Putins zu einem großen Teil auf innenpolitische Motive zurück. "Man möchte noch Großmacht spielen, weil man glaubt, nur so könne man dieses Riesenland zusammenhalten". Das sei aber ein Irrtum. Russland solle "weniger USA spielen und ein bisschen mehr Kanada vielleicht", sagte Koenen.

Wenn sich das Land auf seine inneren Ressourcen konzentriere, würden auch die Ängste in Polen und anderen mittelosteuropäischen Ländern schwinden. Bei einem solchen Bemühen Russlands, die Einkünfte aus seinen Rohstoffvorräten zur Entwicklung einer eigenen, breiten, produktiven Basis zu nutzen, könne sich Deutschland dann mit Technik und Know-how engagieren. Das würde dann auch keine Ängste in anderen Ländern wecken, so der Historiker, der am Abend mit dem Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung ausgezeichnet wird.

Nach Ansicht Koenens befindet sich Deutschland angesichts der russischen Außenpolitik in einer "manchmal sehr unbehaglichen Position". Putin umwerbe besonders Deutschland, ziehe aber zugleich verschiedene andere Register. Der russische Präsident spiele "mit seinen deutschen Neigungen auch so ein deutsches Spiel", dies sei aber" auch ein bisschen vielleicht ein spalterisches Spiel".