Exil-Bayern in New York

Amis mit bayerischem Akzent

Von Michael Watzke · 20.01.2015
Sie leben seit Jahrzehnten in Amerika - aber, dass sie ursprünglich aus Bayern, Norddeutschland oder Österreich kommen, merkt man vielen Einwanderern noch immer an. Quer durchs Land hört man viele deutsche Dialekte - leicht amerikanisiert.
Silvester Schneider aus Andechs in Oberbayern ist Bavaro-Amerikaner. Seit einem Vierteljahrhundert lebt der Kneipenwirt in der Lower East Side in Manhattan.
"Ich liebe den Platz hier, weil er die Welt zusammenbringt. Ich bin ja 24 Jahre hier, bin hier genauso daheim wie in Bayern. Aber ich kann boarisch. So ist mir der Schnabel gewachsen, so schlägt mein Herz. Und daran kann niemand jemals was dran ändern."
Allerdings schleicht sich in Silvesters tiefstes Boarisch mittlerweile ein Hauch Amerikanisch.
"I mean, yeah, it's New York City. Melting pot. Es ist ein tolles Land und eine tolle Stadt!"
… und eine unwiderstehliche Sprache, die sich sogar durch die indigensten Dialekte der Welt zieht. Das kaugummihafte Dehnen in den Vokalen bemerkt man auch in der Stimme von…
Lieblingslied "Muss i denn"
"Trudi Marx-Modhorst. Aus New York. Jetzt. Aber ich war geboren in Österreich. In Voitsberg."
Trudi aus New York hat denselben Zungenschlag wie ihr austro-amerikanischer Landsmann Arnold Schwarzenegger, der berühmt wurde mit dem Satz:
"I’ll be back."
Trudi trainiert ihre alpenländischen Sprachwurzeln jeden Donnerstagabend. Beim Singen im deutsch-amerikanischen Gesangsverein New Jersey.
"I am part of the Damenchor. We sing at the Clubhaus. But my German is not as good as my English. My German is steyrisch. Hochdeutsch is nicht so gut für mich. Die Zunge geht nicht so. Das muss man wieder lernen. In einer Woche oder zwei, wenn ich zuhause bin in Österreich, dann geht es besser. Dann geht das English nicht so gut. Braucht man immer Übung."
Besonders gern übt Trudi das Volkslied "Muss i denn". Sie liebt die deutsch-amerikanische Version ihres großen Jugendschwarmes Elvis Presley, der "Muss i denn" während seiner GI-Zeit in Bayern sang.
"'Muss I denn' singen wir im Clubhaus, wenn wir tanzen. Wir tanzen immer nach dem Konzert. Auch 'Rosamunde' und andere, you know. Ein bisschen Bier, ein bisschen singen. Dann geht es leichter."
Plattdeutsch mit New Yorker Färbung
Bier hilft nicht nur den sprachlichen Grenzgängern aus Bayern, sondern auch den Plattdeutsch-Amerikanern aus Schleswig-Holstein.
"My name is Fred Hansen. My ancestors came from the northern part of Germany. Plattdeutsch. My father was born in Cuxhaven, my mother is from the Weser-Elbe-Dreieck, you know?"
Fred Hansen lebt jedes Jahr zehn Wochen in Norddeutschland. Dann heißt er Friedrich Hansen und spricht plattdeutsch mit New Yorker Färbung.
"Ich war jahrelang Mitglied in der plattdeutschen Tanzgruppe. In Nordbergen, New Jersey, war unser Hauptquartier, im Schützenpark. Ich hab sogar Zylinderhüte von Deutschland nach Amerika rübergebracht."
Auch nach 60 Jahren in Amerika pflegt Fred Hansen seine plattdeutschen Wurzeln. Auch sprachlich, wie man an jedem spitzen Stein seiner Rede bemerkt:
"Ich bin Präsident des Cuxhavener Kranken-Unterstützungs-Vereins, zum Beispiel. Wir sind selbstständig. Wir nehmen überhaupt keine Unterstützung von Stadt, Staat oder Land."
Aber auch ohne Unterstützung von Stadt und Staat bleiben die deutschen Dialekte in Amerika lebendig. Zwischen Albany, New York, und Zuma, California hört man bis heute Dialekte von Plattdeutsch bis Alt-Boarisch. Nur eben leicht amerikanisiert.
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