EU-Parlament

Strengere Regeln im Umgang mit Lobbyisten?

Mehrheit für das Ende der Roaming-Gebühren: Das EU-Parlament bei der Abstimmung.
Sven Giegold (Grüne): "Das Europaparlament ist immer sehr laut und ethisch prinzipiell, wenn es um die Regeln der EU-Kommission geht. Wenn es um die eigenen Regeln geht, fällt das viel schwerer." © picture alliance / EPA / Patrick Seeger
Von Annette Riedel · 13.12.2016
Das EU-Parlament debattiert heute über striktere Regeln für die Abgeordneten. Sie betreffen zum Beispiel den Umgang mit Lobbyisten oder etwaige Nebentätigkeiten. Jeder Änderungsantrag muss aber die absolute Mehrheit aller gewählten Abgeordneten bekommen.
Über mehr als 300 Anträge zur Änderung der Geschäftsordnung wird das Europäische Parlament heute Mittag in stundenlangen Abstimmungen zu entscheiden haben. Jeder einzelne Änderungsantrag muss die absolute Mehrheit aller gewählten Abgeordneten bekommen. Sonst bleibt die Geschäftsordnung an der betreffenden Stelle, wie sie war. Einiges ändern wird sich beim Umgang mit Lobbyisten – nicht so viel, wie wohl manch Abgeordneter will – aber doch einiges. Für die SPD hat Sylvia-Yvonne Kaufmann an der neuen Geschäftsordnung mitgefeilt:
"Zum Beispiel hatten wir den Fall, dass Personen, die wir zur Anhörung in einen Untersuchungsausschuss eingeladen hatten, sich geweigert haben, zu kommen. Und jetzt ändern wir die Geschäftsordnung und sagen: Personen, die sich weigern, zu uns zu kommen, die dürfen auch keinen Zugang mehr ins Europäische Parlament haben."
Also: Zugang für Lobbyisten gibt es künftig nur, wenn die bereit sind, auch dann ins Parlament zu kommen, wenn es nicht ihrem Wunsch entspricht.
"Etwas völlig Neues, was wir einführen, dass Abgeordnete, die als Berichterstatter für ein Thema verantwortlich sind, aufschreiben können, mit wem sie sich getroffen haben und sozusagen nachweisen, wie ihr Text zustande gekommen ist."
Können aufschreiben. Einige Abgeordnete im EU-Parlament hätten es gern gesehen, wenn in der Geschäftsordnung a) an dieser Stelle nicht nur ein "Können" sondern ein "Müssen" stehen würde. Und dass, b) alle Abgeordneten über ihre Begegnungen mit Lobbyisten Auskunft geben können. Besser: Sollen.
Sven Giegold ist Europa-Abgeordneter der Grünen.
Sven Giegold ist Europa-Abgeordneter der Grünen.© imago/ Rainer Weisflog

"Transparenz über den Drehtür-Effekt"

Der Grüne Sven Giegold: "Das Europaparlament ist immer sehr laut und ethisch prinzipiell, wenn es um die Regeln der EU-Kommission geht. Wenn es um die eigenen Regeln geht, fällt das viel schwerer. Da geht es um Fragen wie Lobby-Transparenz, Transparenz über den Drehtür-Effekt, wenn man als Abgeordneter nach der Mandatszeit direkt in einen Lobby-Job wechselt. Ich finde, wer an andere mit hohen moralischen Ansprüchen herangeht, muss bei sich selber anfangen."
SPD-Frau Sylvia-Yvonne Kaufmann stimmt dem im Grundsatz zu. Kann sich aber trotzdem nicht jeder von Giegolds Forderungen vorbehaltlos anschließen.
"Zum Beispiel, dass man nur mit Vertretern aus Lobby-Verbänden Gespräche führen darf. Das wäre natürlich mit dem freien Mandat nicht vereinbar."
Zudem, so argumentieren auch CDU-CSU-Europaparlamentarier, könnten an Abgeordnete, die nur ihren Wählern gegenüber Rechenschaft schuldig seien, nicht die gleichen Maßstäbe angelegt werden, wie an EU-Kommissare, die ein öffentliches Amt bekleiden.
Mehrheitsfähig dürfte eine andere Neuerung in der Geschäftsordnung sein, die die Nebentätigkeit von EU-Abgeordneten transparenter machen und auch einschränken soll, da wo Interessenskonflikte zu befürchten sind.
Sylvia-Yvonne Kaufmann: "Indem wir unter anderem sagen, dass es nicht gestattet ist, eine bezahlte, gewerbliche Lobby-Tätigkeit auszuüben nebenbei."
Fazit von Sven Giegold zur Rundumüberholung der Geschäftsordnung:
"Da sind sehr viele Verbesserungen drin, aber eben in diesem sensiblen Thema, das auch viele Bürgerinnen und Bürger interessiert, der Lobby-Transparenz ist da fast nichts enthalten."
Zu den Neuerungen wird ein ausdrückliches Verbot von rassistischen und hetzerischen Äußerungen im EU-Parlament sein. Solche Ausfälle hatte es seit dem Einzug von Rechtspopulisten bei den Europawahlen 2014 vereinzelt gegeben.
"Wir werden eine ganz klare Formulierung haben, dass die Mitglieder in den Parlamentsdebatten diffamierende, rassistische und fremdenfeindliche Verhaltensweisen unterlassen."
Wer sich daran nicht hält, dem drohen Geldstrafen und ein befristeter Ausschluss von der Parlamentsarbeit.
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