EU-Militäreinsatz gegen Schlepper

Untätigkeit wäre eine Schande

Bundeswehr-Soldaten auf einem kleinen Motorboot bergen im Mittelmeer Schiffbrüchige von einem Holzboot.
Seenotrettung nütze wenig, wenn den Geretteten hinterher niemand Unterschlupf biete, kommentiert Annette Riedel. © Picture Alliance / DPA / Bundeswehr / PAO Mittelmeer
Von Annette Riedel · 18.05.2015
Die EU tut sich schwer mit einer gemeinsamen Verteidigungspolitik, das zeigt sich gerade wieder beim Thema Flüchtlingsschlepper. Noch schwerwiegender wiege allerdings die fehlende Solidarisierung mit den Flüchtlingen, so Brüssel-Korrespondentin Annette Riedel.
Untätigkeit wäre eine Schande. Angesichts wachsender Zahlen von Flüchtlingen, die ihr Leben auf der Flucht Richtung Europa im Mittelmeer riskieren oder eben auf schreckliche Weise allzu oft auch verlieren, kann sich die EU mit Blick auf die gern postulierten europäische Werte Untätigkeit schlicht nicht leisten. Ende dieser Diskussion.
Sich aber in wenig sinnvoll erscheinende Tätigkeiten zu stürzen, nur um den Eindruck von Untätigkeit zu vermeiden, damit lassen sich auch nicht gerade kiloweise Lorbeeren ernten.
Zu einer gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU gehört, wie der Name schon sagt, auch die Verteidigung. Die kommt tatsächlich eben nicht immer mit schönen Worten aus. Und auch nicht allein mit Polizistenausbildung als staatsbildende Maßnahme in Ländern in einer Nach-Bürgerkriegssituation. Verteidigung hat nun mal was mit Militär zu tun – ob einem das gefällt oder nicht; ob das dem Friedensnobelpreisträger Europäische Union gefällt oder nicht. In einer Welt, in der es Waffengewalt gibt, muss man in der Lage sein, auf Bedrohungen mit Waffengewalt reagieren zu können. Das kann nicht im Ernstfall anderen überlassen werden.
Rüde Einlassungen gegen Quoten-Lösung
Das heißt aber nicht, dass es Sinn macht, Fischerkähne und Gummiboote in den Häfen oder im Hinterland von Libyens Küste zu pulverisieren, weil mit ihnen möglicherweise, eventuell, potentiell Flüchtlinge auf ungewisse Überfahrt geschickt und nicht Schwertfische geangelt werden sollen – mit oder ohne UN-Mandat. Was ja nicht bedeuten muss, dass man Schlepperboote, so man ihrer auf See habhaft wird und die Menschen an Bord gerettet sind, dankend an die Menschenhändler zurückgibt. Dass solche Boote heute schon mit Hilfe einer leicht kreativen Auslegung von Seerecht als "Schifffahrtshindernisse" versenkt werden dürfen, zeigen jüngste Aktionen der Bundesmarine.
Es fällt der EU erkennbar schwer, zum "V" bei der gemeinsamen Politik für Sicherheit und Verteidigung zu stehen. Das ist ja noch nicht per se eine Schande. Aber schwerer noch fällt es ihr offenbar, sich zu solidarisieren, mit Flüchtenden und mit jenen EU-Ländern, wo die Ankommenden ungleichgewichtig häufig anlanden oder stranden. Das zeigen die im Ton teilweise rüden Einlassungen einzelner Regierungen zu den von der EU-Kommission angedachten tastenden Schritten hin zu einer Quoten-Lösung bei der Flüchtlingsverteilung.
Es nützt herzlich wenig, wenn der Chor derjenigen, die verkünden, dass Seenotrettung Vorrang vor allen anderen Maßnahmen hat, lauthals schallt, wenn sich hinterher alle mit Händen und Füßen dagegen wehren, den Geretteten bei sich Unterschlupf zu bieten. Das ist in jedem Fall, selbst wenn künftig reihenweise Schlepper-Boote versenkt würden, eine Schande.
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