Ethnologisches Museum Berlin

Volk der Kogis fordert zwei Masken zurück

Kogis aus Kolumbien: Das indigene Volk fordert die Rückgabe zweier Masken vom Ethnologischen Museum in Berlin-Dahlem.
Kogis aus Kolumbien: Das indigene Volk fordert die Rückgabe zweier Masken vom Ethnologischen Museum in Berlin-Dahlem. © Deutschlandradio / Burkhard Birke
Von Burkhard Birke  · 28.03.2016
"In einer Vitrine sind die Masken nur tote Objekte", sagen die Schamanen der Kogis. Sie fordern vom Berliner Ethnologischen Museum zwei Masken aus dem 15. Jahrhundert zurück. Der Ethnologe Konrad Theodor Preuss hatte sie vor 100 Jahren aus Kolumbien mitgebracht.
"Die Masken sind für uns wie eine Bibel, wie eine Verfassung, alle unsere Normen sind da programmiert! Die Masken sind Reliquien des Spirituellen. Nur wir wissen, was mit ihnen zu tun ist, wie sie spirituell einzusetzen sind."
Und die Masken fehlen den Mamas, den Schamanen, erläutert José de los Santos. Er ist Cabildo, politischer Sprecher der etwa 22.000 Kogis, die Kolonialisierung, Marihuana- und Cocaboom, Guerilla, Paramilitärs und Militärs überstanden und ihre Kultur bewahrt haben.
Im Einklang mit sich selbst und der Natur zu leben: Das ist ihre Philosophie.
Auch in Ritualen und durch Opfergaben an Mutter Erde, an die Natur suchen die Mamas, die spirituellen Führer der Kogis, die Harmonie, die sie in akuter Gefahr sehen. Ihr Habitat, die Sierra Nevada de Santa Marta, das mit 5700 m höchste Küstengebirge der Welt, ist von akuter Trockenheit bedroht.
José de Los Santos: "Unsere Vorfahren haben schon vor der Umweltzerstörung gewarnt. Heute sehen wir die Phänomene: Die Fische sterben, andere Tiere sterben aus, die Artenvielfalt geht verloren. Wir in der Sierra Nevada legen deshalb Wert darauf, die Beschützer dieses Gebietes, auch der Küste zu sein."

Heiliger Grund an der Karibikküste

Taniwashkaka heißt der 200 Hektar große heilige Grund an der Karibikküste beim Dörfchen Dibulla, den die Kogis dank internationaler Unterstützung vor zweieinhalb Jahren zurückerwerben konnten. Damit haben sie wieder den Zugang zum Meer, können für ihre Rituale und das Kokablätterkauen wichtige Objekte wie zum Beispiel Muscheln und Korallen jetzt problemlos auffinden.
Vom ewigen Schnee über gemäßigte Klimazonen bis hin zur tropischen Karibikküste: Die Sierra Nevada gilt als Spiegelbild der Erde. Für die Kogis ist sie das Herz der Mutter Erde. Wenn das Herz krank ist, wird auch der Rest des Körpers, sprich unser Planet und letztendlich der Mensch krank, da alles miteinander verbunden ist. Dabei bleibt für die Kogis das Sichtbare und das Unsichtbare, sprich das Spirituelle untrennbar miteinanderverbunden. Die Masken sind der Schlüssel zum Übergang zwischen diesen Welten und zwischen den Zeiten, der Vergangenheit – den Ahnen-, der Gegenwart und der Zukunft.
"Eine der Masken ist die Sonnenmaske, die andere Munculuchi, 'Mutter', wie die Mamas sagen. Damit können wir unsere Sonnenrituale abhalten",
übersetzt Jacinto die Ausführungen von Mama Zulata und Mama Shibulata, der Schamanen.
Und weiter: "Es ist sehr wichtig, dass die Masken wieder dorthin zurückkehren, wo sie hingehören, damit sie ihre Funktion erfüllen können. Denn in einer Vitrine dort sind es nur tote Objekte."

Holzmasken wurden Anfang des 19. Jahrhunderts nach Dahlem gebracht

Aus dem 15. Jahrhundert stammen die beiden Holzmasken, die der Ethnologe Konrad Theodor Preuss Anfang des vergangenen Jahrhunderts mitgebracht hatte. Im Dahlemer Museum ruhten sie in einer Schublade, bis auf den Tag als eine Delegation der Kogis sie begutachten durfte.
Ihre Forderung ist klar: "Gebt uns die Gegenstände unser Kultur zurück, damit wir auf diesem Planeten das Wissen unserer Vorfahren weiter anwenden können. Das ist unser Appell an die Weltgemeinschaft, speziell an die deutsche Regierung, die ihn hoffentlich hört."
Einige haben diesen Appell von Cabildo und Mama José de los Santos gehört: Kürzlich übergab Baroness Jansen aus Belgien den Kogis 17 Objekte, meist aus Gold, die diese für ihre Rituale benötigen. Natürlich ist es ein Unterschied Gegenstände aus privatem oder aus staatlichem Besitz zurückzugeben – und sicher will man Präzedenzfälle vermeiden. Aber eine Option wäre ja auch noch die Dauerleihe, damit die Gesichtsmasken ihre Funktion erfüllen und nicht in einer Schublade verstauben.
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