"Es ist wie ein vertrautes Anrufbeantworter- Geplänkel"

Von Georg Gruber · 25.01.2007
Annik Rubens ist eine der Pionierinnen der Podcast-Bewegung in Deutschland, "Schlaflos in München" heißt ihre Kolumne. Fast täglich plaudert sie über Alltägliches: über Musik, Bücher, ihre Katze, oder über Fischstäbchen - drei bis fünf Minuten, kostenlos zum Runterladen.
"Hallo ihr Lieben, tja, so ist das mit dem Podcasting, wenn man einmal angefangen hat, kann man nicht mehr aufhören."

Mehr als 400 Folgen von Schlaflos in München hat Annik Rubens nun schon ins Netz gestellt:

"Moment, jetzt muss ich mal mein Mikro da rüber schieben."

Im März 2005 das erste Mal.

"Ich sitze hier in München und werde die nächste Zeit mal so ein bisschen rumbasteln und hoffe, dass es euch genauso viel Spaß macht und dass ihr regelmäßig einschaltet."

Seitdem plaudert sie. Drei bis fünf Minuten, kostenlos zum runterladen:

"Tja, ich hatte euch vor kurzem ja vorgeschwärmt, wie zuverlässig mein kleines Auto ist, und dass es mich noch nie im Stich gelassen hat und ich denke mal, ihr habt schon erraten, was heute passiert ist? Wollte wegfahren und das Auto kam nicht mal aus der Garageneinfahrt raus ..."

Fast täglich plaudert sie über Alltägliches, über Musik, Bücher, ihre Katze. Oder über Fischstäbchen:

"Ich kann keine Fischstäbchen goldbraun backen und ich finde das extrem wichtig, ich krieg das nicht hin, bitte gebt mir mal einen Tipp, ich hab alles versucht ..."

Annik Rubens gehört in Deutschland zu den Podcastern der ersten Stunde, als sie anfing gab es vielleicht 30, 40, inzwischen sind es hunderte, die ihre Gedanken ins Netz stellen. Technisch braucht man nicht viel mehr als ein Mikrophon, ein Aufnahmegerät, einen Computer mit Internetanschluss. Annik Rubens produziert ihre Kolumne in ihrer Wohnung in München-Schwabing:

"Im Grunde genommen ist es wie jemand auf den Anrufbeantworter sprechen, finde ich, ich stell mir nicht eine bestimmte Person vor, hab auch kein Foto, damit ich einen Ansprechpartner habe, es ist mehr ein vertrautes Anrufbeantworter-Geplänkel."

"Guten Tag, sie hören eine neue Folge von Schlaflos in München mit der Mutter der Podcast-Nation Annik Rubens, ich wünsche gute Unterhaltung."

"Dass wirklich mittlerweile bis zu 10.000 Leute eine Folge anhören, das kann ich mir nicht vorstellen und will ich mir nicht vorstellen. Sonst würde ich nervös, ich stell mich hin und probier nette Geschichten zu erzählen."

Anfangs will die jugendlich wirkende 30-Jährige mit den dunklen krausen Haaren anonym bleiben. Ist verärgert, als ein Foto von ihr im Netz auftaucht. Inzwischen hat sie ihr Pseudonym gelüftet: Annik Rubens heißt in Wirklichkeit Larissa Vassilian.

"Ich spiele im Podcast keine Rolle, dass ich mir vorstelle, ich bin jemand anders, ich bin blond und einsachtzig groß. Aber ich will in diesem Podcast eine bestimmte Seite von mir zeigen, jemand der fröhlich ist, und die Sachen sehr positiv und optimistisch sieht."

Sie trennt genau: Auch wenn ihre Kolumnen persönlich und intim klingen, und sie viel von sich erzählt, gibt sie, wenn man genau hinhört, von ihrem Privatleben doch kaum etwas preis.

"Ob ich Geschwister hab, ob ich verheiratet bin, drei Kinder zu Hause hab oder sonst was, mein Freundeskreis hat da nichts verloren."

Soviel ist sicher: Larissa Vassilian ist kein Künstlername, ihr Vater, ein Diplominformatiker ist Armenier, die Mutter aus Niederbayern, eine Malerin. Schon als Jugendliche arbeitet Larissa bei einem Privatradio, später als freie Print-Journalistin. In München studiert sie Kommunikationswissenschaften. Als sie einen festen Redakteursjob bei einer Zeitschrift verliert, geht sie im März 2005 ins Netz:
"Podcasting kam in einer kreativen und persönlichen Krise, wo ich mich so vom Job her demontiert gefühlt habe: Ich kann nix und keiner will mich und alle schmeißen mich raus. Und da war das natürlich sehr schön, die Bestätigung zu kriegen, dass es was gibt, das einen Sinn macht und funktioniert."

Für viele ihrer Hörer, im Alter von 5 bis 70, gehört sie zur Familie, sie bekommt Fanpost und Geschenke. Sie wird zu einer gefragten Frau, macht weitere Podcasts, für einen Hörbuchverlag, für den Bayerischen Rundfunk, den SWR, IKEA, für eine große Plattenfirma, bekommt Preise, schreibt ein Buch über Podcasting, - und verdient so ihren Lebensunterhalt, mit einer Sache, die sie als Hobby begann:
"Hallo ihr Lieben."

Doch mit dem Ruhm kommen auch die Neider, Spötter und Kritiker: Belanglos und oberflächlich sei das, was sie mache, in Internetforen gehen manche noch weiter – was sie verletzt, das sagt sie ganz offen:

"Es wurde persönlich, richtig persönlich, dass ich probiere, gezielt Menschen mit dieser Kolumne zu beeinflussen und auf einen falschen Weg zu bringen und dass ich irgendeiner extrem erzkonservativer bayerischer Mensch sei. Und das sind Sachen, die versteh ich nicht. Wie man jemand so beurteilen kann, nach drei Minuten am Tag."

Im Herbst 2006 hat sie die Nase voll.

"Mir fällt’s ein bisschen schwer, jetzt tschüss zu sagen. Tschüss."

In der 400. Folge verkündet sie, eine kreative Pause einzulegen. Die ist nun seit Dezember vorbei:

"Erstmal Herzlich willkommen zur 401! Und dann wollte ich euch erzählen, was sich alles verändert hat, und es hat sich viel getan."

Die Fans sind glücklich, Annik plaudert wieder.