Nach mutmaßlichem Datenmissbrauch

Facebook & Co. regulieren, anstatt immer nur zu drohen

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Facebook-Logo © Imago | Ralph Peters
Von Falk Steiner · 24.03.2018
Nachdem ein mutmaßlicher Datenmissbrauch bei Facebook öffentlich wurde, hat dessen Chef Mark Zuckerberg Fehler eingeräumt und sich entschuldigt. Aber das reicht nicht. Die Politik müsse die großen Internetkonzerne endlich an die Kandare nehmen, meint IT-Journalist Falk Steiner.
Es ist schon erstaunlich: Da tritt Mark Zuckerberg in dieser Woche vor die Presse und verkündet, dass man nun einige Maßnahmen ergreife, wie zum Beispiel, die vermutlich von der unrechtmäßigen Datenerfassung betroffenen Facebook-Nutzer zu informieren. Und verkündet zugleich, dass man intensiv prüfen werde, ob es vergleichbare Fälle gebe, bei denen mittels vergleichbarer Methoden Daten aus dem nicht sonderlich sozialen Netzwerk ausgeleitet und an anderen Stellen gespeichert wurden. Aber all das wäre ja eh nur bis 2014 möglich gewesen, sagt Facebook.
Und dann dieser eine Satz: Wenn Facebook nicht in der Lage sei, die Daten seiner Nutzer zu schützen, habe Facebook es nicht verdient, seinen Nutzern zu dienen. Das, was Cambridge Analytica getrieben habe, sei ein Vertrauensbruch gewesen. Das alles ist höchst durchsichtige PR: Facebook hat selbst massiv versagt – und das mit zehn Jahren Anlauf. Als massenhaft Daten aus seinen Netzwerken kopiert wurden, hat man sich mit einem erhobenen Zeigefinger begnügt. Kein Nutzer wurde zeitnah über den Verdacht informiert, dass die Beteiligten Schindluder treiben könnten. Es wäre schlechte PR für Facebook gewesen, ja, aber es hätte den Nutzern auch die Möglichkeit gegeben, direkt gegen die Übeltäter vorzugehen.

Mehr Transparenz und Sanktionsmöglichkeiten

Das wollte Facebook ganz offensichtlich nicht. Die heile Welt des datengetriebenen, werbefinanzierten Service, sie hätte Schaden nehmen können – und das, nein, das wäre schlecht fürs Geschäft. Und das ist alles, worum es Zuckerberg geht. Ja, es ist erstaunlich, wie viele Nutzer nach wie vor bereitwillig einem Unternehmen ihre Freunde, ihre Lebensumstände, ihr Lieblingsessen und ihren Beziehungsstatus anvertrauen – im Tausch gegen kostenlose Updates über Klassenkameraden, die man gerne vergessen wollte, den besten Witzen von 2009 – zum Glück schon wieder vergessen - und ein paar Fake-News und Katzenbilder.
Und es ist fast schon unglaublich, wie die politisch Zuständigen reagieren. Minister und Abgeordnete laden Facebook-Vertreter nachdrücklich zum Gespräch, verlangen Aufklärung. Aber außer dem erhobenen Zeigefinger nehmen die Politiker kaum Werkzeuge in die Hand – die von Kanzleramtsminister Helge Braun angekündigte Daten-Ethikkommission gehört da fast noch zu den schärfsten Waffen, die in dieser Woche gezückt wurden. Dabei gäbe es viele Möglichkeiten, Unternehmen wie Facebook stärker auf die Finger zu klopfen. Da ist die europäische Datenschutzgrundverordnung, die erst durch den NSA-Skandal überhaupt durch die Institutionen kommen konnte. Sie gilt ab Ende Mai und verpflichtet die Unternehmen zu mehr Transparenz, mehr Datenschutz und enthält empfindliche Sanktionen – wenn die denn durchgesetzt werden. Da wäre aber auch die E-Privacy-Verordnung, die eigentlich zeitgleich kommen sollte und bei der unter anderem die Bundesregierung vor allem bremst und nicht fördert.

Sich der gesellschaftlichen Verantwortung stellen

Dabei wäre das zum Beispiel ein wirksames, rechtliches Werkzeug gegen das Verfolgen durch Facebook auf allen anderen Webseiten. Da ist die Frage, wie die Durchsetzung des Datenschutzes organisiert ist, wie die Aufsichtsbehörden ausgestattet sind. Und da sind Grundsatzfragen der Transparenz und der Durchsetzbarkeit durch den Einzelnen. All das sind Stellschrauben, die in einer sozialen Marktwirtschaft die Macht des großen Unternehmens, die Rückbindung an die sozialen Normen der Gesellschaften sicherstellen könnten – so, wie man es beim Steuerrecht jetzt europäisch versucht.
Und das ist es, worum es im aktuellen Fall, aber auch an vielen anderen Stellen geht: Facebook, Alphabet und Google, Amazon, Microsoft, Apple und Paypal, sie alle sind regulierbar. Sie wollen und sollen ihre Geschäfte machen dürfen. Aber sie alle sind keine kleinen, niedlichen Start-ups mehr. Sie sind riesengroße Konzerne – Gewinnerzielung ist ihr Zweck. Das aber kann kein Selbstzweck sein. Wer Milliarden umsetzt, egal ob VW, Deutsche Bank oder Facebook, muss sich seiner gesellschaftlichen Verantwortung stellen und stellen müssen. Es ist höchste Zeit, die Ärmel hochzukrempeln und diesen Unternehmen gegenüber nicht mehr rücksichtsvoll zu freundlichen Teestunden zu laden, aufzustampfen und mit dem Zeigefinger zu wedeln.
Es gibt dafür keinen Grund, es geht schlicht und ergreifend darum, die Grundfesten der Demokratie zu sichern. Aber dass die Politik genau das endlich tut, das einzufordern wäre Sache der Bürger. Die aber klicken in weiten Teilen lieber die Katze auf dem Bildschirm, als dass sie ihre Abgeordneten mit klaren Forderungen dazu belästigen würden.
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