Erneuerbare Energien

EEG muss sich stärker an Nachfrage orientieren

Andreas Löschel im Gespräch mit Christopher Ricke · 27.02.2014
Das EEG sei sehr erfolgreich bei der Förderung Erneuerbarer Energien gewesen, sagt Andreas Löschel vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung. Nun müsse es aber mehr an den Bedarf angepasst werden. Zugleich müsse verstärkt in energetische Sanierung investiert werden.
Christopher Ricke: Die Analyse war schon ein Schlag ins Gesicht: Die Ökostromförderung ineffizient, bringt zu wenig und schon gar keinen Klimaschutz, stattdessen wird alles nur teurer. Das steht in einem heftig diskutierten Expertengutachten, an dem es wiederum eigene Kritik gibt. Die lautet: Natürlich kostet die Energiewende Geld, das man nach dem nach Fukushima beschlossenen Ausstieg alles geschenkt bekommt, das habe niemand erwartet. Auf welche Seite man sich auch schlagen will, die Diskussion ist da. Und in dieser Diskussion spreche ich jetzt mit Andreas Löschel vom Zentrum für europäische Wirtschaftsforschung, Professor Löschel leitet dort den Forschungsbereich Umwelt und Ressourcenökonomik. Guten Morgen, Herr Löschel!
Andreas Löschel: Guten Morgen, Herr Ricke!
Ricke: Ein Vorwurf aus dem eingangs erwähnten Gutachten: Es gibt keinen Innovationsschub. Da sagen dann andere, das ist völliger Quatsch, die Technik hat in den letzten Jahren einen Riesensatz gemacht, alles ist viel billiger und besser geworden – wem kann man denn jetzt glauben?
Löschel: Ich denke, man muss erst mal genau hinschauen, was denn eigentlich betrachtet wurde. In dem Gutachten ging es ja um die Entwicklung von Patentanmeldungen, also tatsächlich grundlegende neue Technologien, und da wurde herausgefunden, und das deckt sich auch mit unseren Analysen, dass das EEG in dieser Richtung, bei den neuen Patenten, bei innovativen Technologien, nicht so stark gewirkt hat, während natürlich es Innovationsfortschritte in anderen Bereichen gab, Kostenreduktion bei der Herstellung in etablierten Technologien. Das wird aber durch Patente in der Form nicht gemessen.
Also, es ist an beidem was dran. Ich denke, man muss eben etwas breiter hinschauen, was die Wirkungen angeht. Patente zeigen eben, hier in der neuen Technologieentwicklung da hat es wenig gebracht.
Ricke: Das EEG, das Erneuerbare Energien Gesetz, da sind sich tatsächlich mal alle einig, ist allerdings reformbedürftig. Es gibt auch welche, die wollen es ganz abschaffen. Was sagen Sie denn? Ist aus dem EEG noch was herauszuholen?
Löschel: Ich denke erst mal, das EEG war ja sehr erfolgreich in den letzten Jahren bei der Förderung der Erneuerbaren. Sie sehen, wie stark der Ausbau der Erneuerbaren stattgefunden hat, eben durch das EEG.
Jetzt ist die Frage, wie machen wir weiter, und ich glaube, da ist es tatsächlich sinnvoll zu überlegen, wie kann so ein neues Konzept ausschauen, das sich stärker an den Nachfragen orientiert, stärker an Knappheitspreisen, stärker schaut, wann wird tatsächlich Strom benötigt. Und das geschieht augenblicklich nicht. Das heißt, Förderung der Erneuerbaren ja, aber eben anders für die Zukunft.
Ricke: Müssen wir nur den Markt neu organisieren und können uns dafür die Trassendiskussion sparen?
"Wir müssen sicher den Markt neu organisieren"
Löschel: Ich denke, wir brauchen beides. Wir müssen sicher den Markt neu organisieren. Das bedeutet aber, wenn wir es gut machen, auch, dass wir einiges an der Diskussion der Trassen wegnehmen vielleicht können. Aber wie gesagt, wir werden in beiden Richtungen investieren müssen.
Und schließlich, das möchte ich auch noch sagen, wir sprechen viel über die Erneuerbarenförderung, aber wir sprechen wenig über Energieeffizienz. Und auch das natürlich hat eine große Auswirkung auch auf Ihre Trassendiskussion und auch, was wir eigentlich an Erneuerbarenausbau brauchen, um unsere Zielsetzungen zu erreichen. Wenn wir insgesamt effizienter mit Strom umgehen, hilft es uns eminent.
Ricke: Energieeffizienz ist ja ein uraltes Thema, das aber immer wieder auf der Strecke bleibt. Mal ist es die Dämmung der Gebäude, wo man sich über die Subventionen nicht einig wird. Dann geht es wieder um die Stromsparfunktion einzelner Geräte. Aber wirklich nach vorne kommt man nicht. Was ist denn Ihr Ansatz bei der Energieeffizienz?
Bei Effizienz hinken wir hinterher
Löschel: Erst mal muss man sagen, wir haben ja Ziele. Wir haben Ziele für Klimaschutz, wir haben Ziele für Erneuerbare und wir haben Ziele für Effizienz. Und tatsächlich hinken wir da hinterher. Wir haben ein Effizienzziel von zwei Prozent pro Jahr – augenblicklich schaffen wir gerade die Hälfte. Und wir hatten ja einige Diskussionen. Der große Bereich aus meiner Sicht ist hier tatsächlich der Gebäudebereich und die energetische Sanierung. Da gab es eigentlich sinnvolle Ansätze, die sich lange nicht durchsetzen konnten, die lange im Vermittlungsausschuss gesteckt sind. Ich denke, da sollte die neue Bundesregierung auch einen neuen Anlauf machen.
Im Koalitionsvertrag stand das ja schon mal drin, was die steuerliche Förderung angeht, was die Unterstützung angeht. Das muss aber auch schnell wieder auf die Tagesordnung.
Ricke: Woran liegt es denn, das das nicht geklappt hat? Ist es mangelnde Einsicht, ist es die Lobbyarbeit bestimmter Gruppen?
Löschel: Es ist erst mal das Geld auch. Das heißt, hier gab es ja Finanzierungsvorbehalte. Das ist natürlich teuer auch, um hier tatsächlich größere Wirkungen zu erzielen, und das ist ein sehr sensibler Bereich. Das geht tatsächlich in das Innerste der Häuslebesitzer in Deutschland, und vor dem Hintergrund ist es auch sehr sensibel für die Politik natürlich.
Ricke: Wir haben ja die Möglichkeit, die wahrscheinlich keiner haben will, dass man die ganze Energiewende nur dem freien Markt überlässt. Dann gibt es das, was manche schon als Ökosozialismus beschreiben, also extrem reglementiert mit einer Energieplanwirtschaft. Und es gibt natürlich den Wunsch nach einem dritten Weg, nach einem Weg der Vernunft. Ist der kurz und knapp zu beschreiben?

Sonnenkollektoren, auch Solarkollektoren genannt, auf einem Dach eines Privathauses in Mecklenburg-Vorpommern.
Sonnenkollektoren, auch Solarkollektoren genannt, auf einem Dach eines Privathauses in Mecklenburg-Vorpommern.© picture alliance / dpa / Wolfram Steinberg
Prämie für den Ausbau der Eneuerbaren
Löschel: Ja, also wie gesagt, die Erneuerbaren sollten auch in diesem Weg der Vernunft eine Förderung bekommen, denn, wie Sie es vorhin beschrieben haben, es gab viel, was auch an der Technologie sich verbessert hat. Sie müssen ja nur mal die Systemkosten vergleichen in Deutschland und in den USA. Wir beziehen beide die billigen Module aus China, aber hier ist es viel, viel günstiger, eine PV-Anlage sich zu installieren.
Ricke: PV für Photovoltaik.
Löschel: Für Photovoltaik. Das heißt, es gibt hier ganz klar auch Vorteile, aber wie schaut so eine Förderung aus. Die muss aus meiner Sicht eben eine Prämie leisten für den Ausbau der Erneuerbaren. Aber gleichzeitig müssen die Erneuerbaren stärker an den Markt heran. Das heißt, sie müssen im Endeffekt dazu verpflichtet werden, ihren Strom an den Märkten zu verkaufen. Nicht billig am Strommarkt vielleicht zu verscherbeln, aber den dort anzubieten. Und daraus kann dann ein System werden, was mittelfristig eben besser funktioniert, aber was uns trotzdem eine Weiterentwicklung beim Ausbau der Erneuerbaren schaffen kann.
Ricke: Andreas Löschel vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung. Vielen Dank, Professor Löschel!
Löschel: Vielen Dank, Herr Ricke!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
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