Erinnerung als Staatsschutz

Von Jürgen König · 04.07.2012
Mit Texten und Fotos, Film- und Tondokumenten zeigt die Gedenkstätte "Topographie des Terrors" seit 25 Jahren, wer die Nazi-Täter waren und wie sie ihre Verbrechen organisierten. Im Angesicht des NSU-Terrors wirkt die Arbeit der Stiftung wichtiger denn je. Zum Jubiläum gab es nun eine würdige Feierstunde.
Bürger waren es, die in den 80er-Jahren, in der Hoch-Zeit der "Geschichtswerkstätten", das bis dahin vergessene, teilweise verwahrloste Gelände in Berlins Mitte wieder ins öffentliche Bewusstsein zurückholten und nach der Devise: "Grabe, wo Du stehst" die Relikte der NS-Geschichte im wahrsten Sinne des Wortes freilegten. 1987 wurde der Ort an der Berliner Mauer vom Verein "Aktives Museum" mit einer kleinen Ausstellung zum "Gedenkort" erklärt; daraus wurde die "Stiftung Topographie des Terrors".

Am authentischen Ort, zwischen den Resten der Grundmauern unter anderem der Gestapo-Zentrale, des "Reichssicherheitshauptamtes" und der Gebäude der "Reichsführung-SS", wird seit 25 Jahren mit Texten und Fotos, mit Film- und Tondokumenten gezeigt, wer die Täter waren und wie sie Mord und Terror organisierten. Der Direktor der "Stiftung Topographie des Terrors", Andreas Nachama:

"Dieses Forum für Geschichte gäbe es nicht ohne das bürgerschaftliche Engagement. Und ich finde, gerade in einer Zeit, in der wir immer wieder damit konfrontiert werden, dass es Dinge auch in unserem Staat gibt, die nicht ganz so sind. Der beste Staatsschutz, den es gibt, ist der durch aktive Staatsbürger."

Kulturstaatsminister Bernd Neumann lobte die Arbeit der Stiftung als "vorbildlich in der deutschen Erinnerungslandschaft" - und betonte ebenfalls, dass das Zustandekommen dieser heutigen Institution "Topographie des Terrors", mit über 800.000 Besuchern im letzten Jahr die meistbesuchte Erinnerungsstätte Berlins, nicht staatlichem Engagement zu verdanken ist.

Neumann: "Die über 25-jährige Entstehungsgeschichte dieser Einrichtung ist in gewisser Weise typisch für die Entwicklung vieler NS-Gedenkstätten in Deutschland. Zu Beginn meist von Bürgerinitiativen getragen, bis sie dann später staatliche Förderung erhielten. Und deshalb möchte ich an dieser Stelle sehr herzlich der Vorsitzenden des Vereins "Aktives Museum", Frau Dr. Christine Fischer-Defoy, danken für Ihre Arbeit."

Unter den Zuhörern viele junge Leute, etwa Lena und Joshua vom Thomas-Mann-Gymnasium im baden-württembergischen Stutensee - auf Klassenfahrt in Berlin. Sie sind beeindruckt von der Ausstellung.

Lena: "Wir haben auch Biografien gesehen von den Gestapo-Mitarbeitern, da sieht man auch die Hintergründe mehr, wann die geboren sind, dass die ganz jung waren – und das sind interessante Sachen, die man hier noch erfahren kann, zusätzlich zu dem, was wir im Geschichtsunterricht schon durchgenommen haben."
Und sie ziehen schnell eine Verbindungslinie zur Gegenwart. Normalerweise sei das Thema "Nationalsozialismus" für sie außerhalb der Schule "kein intensives Thema" gewesen – bis zum Bekanntwerden der NSU-Morde und der öffentlichen Debatte darüber.

"Ich meine, das verfolgt uns ja hier eigentlich auch, das gehört ja eigentlich zu uns dazu, es ist unsere Geschichte, und man redet natürlich auch über die Geschichte seines Landes. Das lenkt natürlich auch noch mal die Aufmerksamkeit auf das, was vergangen ist, das, was jetzt immer noch in Deutschland auch der Fall ist: dass der Nationalsozialismus eben immer noch hier ist eigentlich."

Eine unprätentiöse, würdige Feierstunde, deren Festgäste am Ende immer wieder einen Satz von Andreas Nachama zitieren: "Der beste Staatsschutz, den es gibt, ist der durch aktive Staatsbürger."

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