Er stiehlt den Stars die Show

Von Bettina Ritter · 20.07.2011
In Film und Fernsehen war Johannes Allmayer bislang fast nur in Nebenrollen zu sehen. Doch mit "Vincent will meer" gelang ihm kürzlich der Durchbruch. In der Komödie "Arschkalt" spielt Allmayer nun an der Seite von Herbert Knaup.
"Au weia, Porträt auch noch! Das wird bestimmt grausam, wenn ich mir das anhöre. Das muss ich mir anhören eigentlich. Das schreib ich mir gleich auf."

Johannes Allmayer ist verunsichert. Sein erstes Radio-Interview, nicht am Telefon, sondern richtig. Die Unterarme auf der Tischplatte, die Hände fest ineinander verschränkt, so wartet er mit skeptisch gerunzelter Stirn auf die Fragen. Die Presse hat sich bisher noch nicht auf ihn gestürzt. Wahrscheinlich, weil er im Film und Fernsehen fast ausschließlich in Nebenrollen zu sehen war. Die Liste ist lang, unter anderem TV-Hits wie Tatort, Stromberg und Doctor's Diary. Immer wieder hat Johannes Allmayer mit deutschen Film- und Fernseh-Schwergewichten wie jüngst Herbert Knaup zu tun. Einschüchtern lässt er sich von ihnen jedoch keineswegs.

"Das habe ich Gott sei Dank überhaupt nicht. Mit Namen hatte ich noch nie Probleme, das hilft ja auch nichts. Wenn ich jetzt denke, das ist der und der und wie verhalte ich mich da – ich muss ja so bleiben, wie ich bin und da halbwegs auf Augenhöhe sein, und das bin ich natürlich noch nicht von der Erfahrung."

Bodenständig und selbstbewusst, so wirkt der mit 1,74 Meter nur mittelgroße junge Mann. Die hohen Geheimratsecken, die kaum von den braunen, leicht zerzausten Haaren verdeckt werden, stehen im Kontrast zu einem runden Jungen-Gesicht. 33 Jahre alt ist Johannes Allmayer. Als Sohn kunstbegeisterter Lehrer wuchs er zusammen mit drei Brüdern im baden-württembergischen Filderstadt auf und ging dort auf eine Waldorfschule. Die gab ihm die Möglichkeit, viel Theater zu spielen.

"Und das war naheliegend, dass ich das weitermache, ohne konkret zu wissen, wie das geht. Dann habe ich erfahren, wie das so läuft mit dem Vorsprechen und den Schauspielschulen, und dann bin ich so reingerutscht. Vielleicht war's das, was man nicht machen sollte, sein Hobby zum Beruf, aber ich hab's gemacht."

Mit Erfolg. Nach einer Ausbildung an der renommierten Bayerischen Theaterakademie August Everding in München bekam er sofort ein festes Engagement am Schauspielhaus Düsseldorf. Bis 2008 spielte er Theater, parallel dazu stand er immer öfter vor der Kamera. In seinem neuen Film "Arschkalt" spielt er Tobias Moehrer, der mit seiner überschwänglich lebensfrohen Art seinen emotional eingefrorenen Kollegen Herbert Knaup fast um den Verstand bringt.

Allmayer: Die Welt ist so geilo! Alles ist möglich!
Knaup: Lass mich bloß in Ruhe.
Allmayer: Wir können alles schaffen, was wir wollen. Wenn wir nur fest an uns glauben. Auf die Veränderung!


"An der Rolle hat mich gereizt, dass sie absolut konträr zu dem ist, wie ich bin. So einen Menschen konnte ich mir gar nicht vorstellen, der einfach alles gut findet. Der, egal wie's läuft, erst das Gute sieht. Nicht, dass ich immer nur das Schlechte sehe. Aber ich bin, sagen wir mal, ein Realist. Meine Freundin würde sagen, ein Pessimist. Das ist dann aber auch der Reiz, Sachen zu spielen, die nicht so auf einem drauf liegen."

Im Film verändert Allmayers Figur schließlich Herbert Knaups grantigen, griesgrämigen Tiefkühlkost-Auslieferer. Dieser taut am Ende auf und öffnet sich dem Leben und einer neuen Liebe. Auch Johannes Allmayer hat erlebt, wie andere Menschen ihn beeinflussen. Schauspieler und Regisseure, und vor allem seine Freundin, eine Musical-Darstellerin. Durch sie ist er vom Mode-Vegetarier, wie er sagt, zum überzeugten Tierschützer geworden.

"Sie hat eine ganz große Liebe zu Tieren, so eine ganz pure Liebe zu der Unschuld der Tiere. Das hat mich schon sehr beeindruckt, dass jemand vom Fahrrad absteigt, und eine Schnecke über den Weg trägt, weil sie nicht drüber fahren will. Das hat einen ganz anderen Blick drauf geworfen."

Tierschutz und fleischloses Leben sind für den Schauspieler derzeit große Themen. Hierfür wolle er sich mehr engagieren, irgendwann vielleicht einen Gnadenhof betreiben. Überhaupt gäbe es bestimmt andere Berufe als Schauspielerei, die ihn erfüllen könnten. Nur fällt ihm gerade keiner ein. Derzeit läuft es für Johannes Allmayer als Darsteller aber auch zu gut: Zwei Fernsehfilme und bald noch einen Kinofilm dreht der begeisterte Fußballspieler, der 2003 zum ersten Mal vor der Kamera stand. Im Moment ist er vom Film mehr beeindruckt als von der Bühne.

"So ein Klassiker, der ist natürlich immer wieder interessant zu gucken, aber erstens kennt man ihn ja schon, man weiß, worum es geht, und es sind überhöhte Figuren, das sind in meinen Augen keine realistischen Figuren, so wie jetzt Hamlet da leidet und liebt, oder Romeo und Julia, das ist eben archetypisch, immer ein bisschen drüber. Und im Film – mich interessieren eben auch solche Filme, die fast dokumentarisch sind. Wenn ich das Gefühl habe, ich erfahre etwas ganz konkretes über einen Menschen in einem bestimmten Milieu."

Zukunftspläne? Johannes Allmayer denkt von Monat zu Monat, sagt er und hofft, dass er weiterhin Charaktere spielen darf, die ihn interessieren. Er möchte möglichst vielseitig sein, wie in der Vergangenheit. Wenn die Karriere so weitergeht, reicht es vielleicht auch bald zu einer Hauptrolle. Spätestens dann wird er sich an die Interviews gewöhnt haben.