Energiewende

EEG 2.0 - Rückschritt oder nötige Kurskorrektur?

Menschen demonstrieren mit orangenen Plaktaten gegen die Ökostrom-Reformpläne von Sigmar Gabriel.
"Landesminister, rettet die Energiewende!": Vor dem Wirtschaftsministerium in Berlin wurde gegen Sigmar Gabriels Reformpläne demonstriert © dpa/picture alliance/Daniel Naupold
Moderation: Dieter Kassel · 01.02.2014
Die Pläne des neuen Wirtschafts- und Energieministers Sigmar Gabriel für eine Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, kurz "EEG 2.0", sorgen für Aufregung. In seltener Einigkeit protestieren Ministerpräsidenten jeglicher politischer Couleur gegen die geplanten Maßnahmen. Die Branche der Erneuerbaren fürchtet Einbußen und beklagt eine "Wende von der Wende". Einige Industrieverbände fürchten, zu stark zur Kasse gebeten zu werden, andere loben die Pläne als längst fällige Weichenstellung.
"Sigmar Gabriel verheizt den Klimaschutz in den Kohlekraftwerken", mahnt Volker Quaschning, Professor für Regenerative Energiesysteme an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (HTW): "Die Begrenzung des Strompreisanstiegs soll die Vollbremsung bei der Energiewende rechtfertigen. Sämtliche Maßnahmen tragen unübersehbar die Handschrift der Energiekonzerne, um so die ungeliebte regenerative Konkurrenz in Zaum zu halten."
Quaschning, der der mehrere Bücher über die erneuerbaren Energien geschrieben hat, kritisiert besonders die geplanten Kürzungen im Bereich der Solarenergie: "Dabei ist Solarstrom weltweit heute so preiswert geworden, dass er in vielen Regionen bereits mit neuen konventionellen Kraftwerken konkurrieren kann. Durch die stark gefallen Kosten für Solaranlagen würde auch ein schneller und planvoller Ausbau erneuerbarer Energien die Strompreise in Deutschland kaum steigen lassen. Stattdessen soll der Neubau von Photovoltaikanlagen in Deutschland von 7,5 Gigawatt im Jahr 2012 über 3,3 Gigawatt 2013 auf 2,5 Gigawatt eingedampft werden. Zum Verglich: China plant für das Jahr 2014 rund die fünffache Installationsmenge. So sorgt der Wirtschaftsminister Gabriel nicht nur dafür, dass wir den Anschluss beim Klimaschutz verlieren, sondern auch unsere Vorreiterrolle bei den Zukunftstechnologien."
BDEW begrüßt Subventionskürzungen
"Wir möchten die Erneuerbaren ernst nehmen, aber dann müssen sie auch die Leistungen erbringen, die die konventionellen Energien erbringen müssen und können", sagt Maren Hille. Die Maschinenbau– und Energietechnikerin ist Leiterin der Stabsstelle für Erneuerbare Energien beim Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.V. (BDEW). Er vertritt rund 1.800 Unternehmen, die unter anderen 90 Prozent des Strommarktes in Deutschland abdecken. Sie spricht von einem "Rollentausch zwischen den Erneuerbaren Energien und konventionellen Kraftwerken", dafür müssten aus "Subventionsempfängern Kaufleute werden".
Hille begrüßt die geplanten Subventionskürzungen und auch die Einbeziehung der regenerativen Stromerzeuger in die Ökostromumlage. Wer eine Solaranlage auf dem Dach habe, profitiere nicht nur über den Stromverkauf, bisher sei er auch von der Umlage befreit: "Aber abends müssen auch sie auf die Konventionellen zurückgreifen, wenn sie Licht haben wollen. Sie haben den gleichen Anteil an den Netzkosten, wie die anderen, aber verabschieden sich aus der Umlage für den Netzstrom."
Diese "Entsolidarisierung" wolle Gabriel endlich abschaffen. Hilles Prognose: "Kohle und Gas brauchen wir noch Jahrzehnte, um den Rollentausch hinzukriegen."

Das "EEG 2.0" – Rückschritt oder nötige Kurskorrektur?
Darüber diskutiert Dieter Kassel von 9 Uhr 05 bis 11 Uhr gemeinsam mit Maren Hille und Volker Quaschning. Hörerinnen und Hörer können sich beteiligen und Fragen zur Energiewende stellen unter der Telefonnummer 00800 / 2254 2254 oder per E-Mail unter gespraech@deutschlandradiokultur.de.

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