Energiewende

Die Länder müssen sich bewegen

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel steht vor einer Deutschland-Flagge an einem Redepult.
Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) will einen Neustart bei der Energiewende. © picture alliance / dpa / Michael Kappeler
Von Christel Blanke · 30.01.2014
Die Länder verfolgen bei der Energiewende seit Jahren vor allem ihre eigenen Interessen. Aber auch Sigmar Gabriel muss schnell Antworten auf dringende Fragen liefern, meint Deutschlandradio-Korrespondentin Christel Blanke.
Kein Gesetz verlässt den Bundestag so, wie es hineinkommt. Dieser Leitsatz des früheren SPD-Fraktionsvorsitzenden Peter Struck muss in diesem Fall um einen weiteren erweitert werden: Kein Bundesminister kann die Energiewende bewerkstelligen, ohne auch die Bundesländer mit ins Boot zu holen. Allerdings sollten die es auch nicht übertreiben.
Alle paar Monate sitzen die Ministerpräsidenten mit der Bundeskanzlerin zusammen und machen die Energiewende zur Chefsache. Jedes Mal sitzen sie nach Abschluss der Gespräche vor der Presse und versichern: Nur gemeinsam könne diese Herkulesaufgabe bewerkstelligt werden. Und jedes Mal gehen sie dann nach Hause und werkeln weiter an ihrer eigenen Agenda.
Die Summe von Einzelinteressen macht noch kein Gesamtkonzept
Es ist ja verständlich, dass die Ministerpräsidenten das Wohl ihres jeweiligen Landes im Blick haben. Dass Bayern und Baden-Württemberg sich sorgen, ob jederzeit Strom verfügbar sein wird, wenn in den kommenden Jahren die Atomkraftwerke vom Netz gehen. Dass Nordrhein-Westfalen sich als Industriestandort behaupten will. Und Schleswig-Holstein als Hochburg der Windenergieproduktion. Doch Sigmar Gabriel hat Recht, wenn er sagt: Die Summe von Einzelinteressen macht noch kein Gesamtkonzept.
Gemeinsam mit den Landesministern hat der SPD-Chef nun einen Energiewendekonsens versprochen. Das Gespräch heute war ein erster Schritt dahin. Weitere müssen folgen. Die Länder müssen sich bewegen. Aber auch der Bund. Da ist noch vieles vage formuliert in Gabriels Eckpunkten. Und einiges hat er ganz ausgelassen. Wie will er es zum Beispiel bewerkstelligen, dass die EEG-Umlage durch den immer billiger werdenden Börsenstrom nicht immer größer wird? Denn darüber muss die Differenz zwischen dem Börsenpreis und den garantierten Einspeisevergütungen finanziert werden.
Gabriel bleibt nicht viel Zeit für Antworten
Wie sieht die Zukunft fossiler Kraftwerke aus? Bayern und Baden-Württemberg fordern Kapazitätsmechanismen. Damit Betreiber ihre Kraftwerke für die Zeiten am Netz halten, in denen Wind und Sonne keine Energie liefern. Reservekapazitäten sollen einen Preis bekommen, damit unrentable Anlagen nicht einfach stillgelegt werden. Die Bundesregierung schreckt davor bisher zurück, denn es könnte teuer werden. Doch was ist die Alternative, wenn sich der Betrieb wegen des immer größer werdenden Ökostromangebots nicht mehr lohnt?
Auch für die angekündigten Änderungen bei der Befreiung energieintensiver Betriebe von der EEG-Umlage fehlen bisher konkrete Angaben. Klar ist nur, dass der Kreis der Privilegierten kleiner werden soll. Auch weil die EU-Kommission eine unerlaubte Beihilfe wittert. Doch welche Unternehmen betroffen sein werden, ob ganze Branchen auf die Befreiung verzichten müssen, dazu schweigt der Minister bisher.
Wer Planungssicherheit für alle verspricht, der muss Antworten auf diese Fragen liefern. Viel Zeit dafür bleibt Gabriel nicht, wenn seine Reform im Sommer im Konsens in Kraft treten soll.
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