Elektronik gegen Einbrecher?

Von Michael Engel · 07.10.2013
Autos, die automatisch mit Computerhilfe einparken, gibt es in Serie. Nun soll auch der Schutz der Wohnung intelligenter werden. Technische Lösungen für den Wohnbereich firmieren unter dem Begriff "Smart Home". Energieversorger bieten Lösungen, die das Haus vernetzen.
In den Häuserschluchten von New York: Polizeisirenen durchdringen die nächtliche Szene ... Signale einer gefährlichen Großstadt. Wenn das Smartphone von Schimon Biermann in ähnlicher Weise ertönt, ist ebenfalls Gefahr im Verzug. Und zwar in seinem Haus, selbst wenn er sich fernab der Heimat befindet:

"Ich sehe dann auf meinem Telefon die entsprechende Alarmmeldung, zum Beispiel "Bewegungsmelder im Wohnzimmer hat ausgelöst". Ich kann dann über die installierte Kamera mich zum Beispiel einloggen, kann Fotos abrufen, kann aber auch die Kamera einschalten in diesem Moment, wenn sie nicht automatisch eingeschaltet wurde, kann mir Bilder des Bereichs anschauen und den Alarm verifizieren oder eben ausschließen."

Schimon Biermann ist Experte für Smart Home-Lösungen. Das, was ein elektronisch vernetztes Haus leisten kann, erklärt er in einer Präsentation von "Smart Home Hannover". Seine durchaus betuchte Kundschaft ist gegenüber der Presse weniger auskunftsfreudig - aus Angst, damit dann auch Diebe anzulocken.

Schimon Biermann: "Ja, man kann schon sagen, dass es eine etwas gehobenere Kundschaft ist, wobei jetzt natürlich auch jüngere Familien sich zu den Systemen entschließen gerade beim Neubau. Einfach auch, weil das System über Funk betrieben wird, es also keinerlei Verkabelung benötigt."

In einem "Smart Home" ist alles vernetzbar. Nicht nur Bewegungsmelder und Kameras. Steht der vermeintliche Einbrecher draußen vor dem Haus, was die Bewegungsmelder erkennen, können die Rollos geschlossen werden. Wenn dann noch das Licht im Obergeschoss automatisch angeht, muss der Dieb annehmen, dass Bewohner im Haus sind. Hersteller sprechen von "elektronischer Diebstahlprophylaxe", argumentieren, dass die ungebetenen Gäste schnell wieder verschwinden. Umgekehrt können die Rollos aber auch hochfahren, wenn zum Beispiel der Rauchmelder ein Feuer registriert, um Fluchtwege für die Menschen zu schaffen.

Daniel Bachfeld: "Da bin ich durchaus dabei. Das ist durchaus eine sinnvolle Anwendung, wenn man ab und zu mal mit einer Webcam schaut, ist irgendwo schon ein Wasserrohrbruch oder geht gerade irgendwo etwas kaputt? Brennt irgendwas? Das finde ich durchaus interessant."

Daniel Bachfeld, Redakteur bei der Computerzeitschrift "c't", bleibt skeptisch:

"Dafür brauche ich keine Heimautomation. Da gibt es dann andere Lösungen. Gut, wenn ich dann natürlich den Einbruch schon entdeckt habe, dann kann ich natürlich gleich die Alarmanlage anmachen, die Rollos runterfahren, dass der Dieb dann nicht mehr flüchten kann, das ist alles denkbar. Aber für den Otto-Normalverbraucher ist das keine Option. Da reden wir hier ohnehin über Lösungen von Hausherren. Die haben ohnehin viel Geld. Und nach oben, ja, kann man so viel Geld versenken, wie man will."

Eine Rund-um-Alarmanlage mit Smartphone-Anbindung kostet an die 5000 Euro. Wer dann auch noch Fenster und Rollos computergesteuert öffnen und schließen lassen möchte, das Garagentor mit einbindet und die Markise - abhängig von Wind- und Wetterverhältnissen - automatisch einfahren lassen möchte, wird 15.000 bis 20.000 Euro los.

Elektronische Antwort auf gestiegene Zahl von Einbrüchen
Nach oben gibt es kaum eine Grenze. Denn es gibt nichts, was es nicht gibt: Wasserstandsensoren für den Keller, Stromausfallmelder für Kühltruhe und Klimaanlage, halbdurchlässige Badezimmerspiegel, die den Wetterbericht aus dem Internet präsentieren. Es geht aber auch preiswerter, weiß "c't" Redakteur Daniel Bachfeld:

"RWE macht mit seiner Smart-Home-Lösung zum Beispiel den Bauchladen auf. Man kann Funkthermostate steuern, man kann Zwischenstecker einbauen, um zum Beispiel die Kaffeemaschine zu schalten. Das kann man mit einem Bewegungsmelder koppeln. Da gibt es noch verschiedene Unterputz-Lichtschalter und Anschalter.

Es gibt Brandmeldeanlagen, die man damit koppeln kann. Also das ist eigentlich schon eine ganz gute Lösung. Es gibt auch eine Rolladen-Steuerung, die man da hat. Dafür braucht man dann aber einen Elektroinstallateur, das lässt sich dann nicht mehr so einfach installieren. Aber man kann schon sehr viel in seinem Heim wirklich automatisieren."

Neben dem Energieversorger RWE hat auch Vattenfall das "Smart Home" als Geschäftsmodell entdeckt - und wirbt mit dem Slogan "intelligentes Energiemanagement". Rund 300 Euro kostet ein "Starterpaket". Von Energieeinsparung - kritisiert Daniel Bachfeld - kann aber keine Rede sein.

Einsparen lässt sich Energie nämlich nicht, nur weil die Thermostate vom heimischen PC aus gesteuert werden. Überdies brauchen sämtliche Sensoren und Regler Batterien. Solche Billigsysteme, so das Urteil des Computerredakteurs, sind eher etwas für den gehobenen Bastler.

"Also eigentlich ist sehr viel Spielerei dabei und einen wirklichen Nutzen? Man muss ja auch sehen, die Investitionskosten, die dahinter stecken. Wann haben die sich amortisiert? Ist das nach fünf Jahren, nach zehn Jahren, überhaupt irgendwann mal? Denn ich muss bei vielen Dingen Batterien einbauen, muss vielleicht defekte Geräte austauschen, also das ist alles noch so im Vagen. Aber für den Bastler ist es natürlich ein Quell der Freude."

Ganz anders im gehobenen Segment. Eigentümer von teuren Immobilien schätzen vor allem die automatische Alarmfunktion, wenn sich die Rollos schließen, das Licht angeht, und eine Warnung per SMS an mehrere Personen - wahlweise auch Polizei oder Feuerwehr - geschickt wird. Bei "Smart Home Hannover" ist es vor allem das, was die Kunden suchen: eine elektronische Antwort auf die gestiegene Zahl von Einbrüchen.
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