Eingliederung in Betrieben

Nach Krankenhaus und Reha zurück in den Job

Eine Pflegerinn begleitet am 12.02.2015 in Hamburg eine Bewohnerin eines Seniorenwohnheims mit ihrer Gehhilfe (Rollator).
Kirsten Stubbemann arbeitet jetzt als Alltagshelfer in einem Pflegeheim - und hat eine Perspektive bis zur Rente. © picture-alliance / dpa / Christian Charisius
Von Almuth Knigge · 22.08.2016
Wie geht es nach einer schweren Erkrankung weiter im Job Seit 2012 ist gesetzlich festgeschrieben, dass die Unternehmen ihren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern nach der Genesung eine Alternative suche müssen. Manchmal gibt es dafür sogar eine eigene Stabsstelle.
Später Vormittag im Altenpflegeheim der Diakonischen Stiftung Friedehorst in Bremen-Nord. Rund 90 Senioren werden hier versorgt und gepflegt.
Mit vollem Herzen dabei – Kirsten Stubbemann:
"Ich bin 47 Jahre alt und arbeite JETZT als Paragraf 87b Betreuungskraft in der Altenpflege."
Diese Alltagshelfer, wie die Betreuer auch heißen, arbeiten als zusätzliche Kräfte in Pflegeheimen und sollen die Lebensqualität der Bewohner verbessern. Das "jetzt" betont sie ganz bewusst - denn bis zum vorigen Jahr hatte sie noch eine andere Position in der Pflegeeinrichtung.
"Ich war Pflegehelferin, 24 Jahre lang, hab' in verschiedenen Bereichen gearbeitet, dann hab' ich zwölf Jahre lang im Wachkoma-Bereich gearbeitet, auch in der Pflege, in der Schwerstpflege. Und dann bin ich auf die Demenz-Station anderthalb Jahre - und da hat mich leider der Bandscheiben-Vorfall ereilt."
Die körperlich anstrengende Arbeit – es ging nicht mehr. Das war Anfang 2014. Ein Einschnitt in ihrem Arbeitsleben, der auch das Ende hätte sein können. Mehrere Monate war sie nicht an ihrem Arbeitsplatz. Krankenhaus, Reha. Ende 2014 sollte und wollte sie dann wieder anfangen zu arbeiten zunächst nur zwei Stunden am Tag - das war mit dem Arzt so besprochen.
Zwei Tage hat das geklappt – dann hat sie versagt – so empfindet das Kirsten Stubbemann auch noch heute.
"Also für mich war das so, ich hab' kläglich versagt, weil das überhaupt nicht ging. Ich konnte kaum noch laufen ..."

Wie kann die Arbeitsunfähigkeit überwunden werden?

Und es war klar, es musste eine andere Lösung gefunden werden – beziehungsweise – das Unternehmen muss eine andere Lösung finden, mit dem sogenannten BEM. Das heißt – Betriebliches Eingliederungsmanagement und steht seit 2012 im Sozialgesetzbuch.
Immer dann, wenn ein Mitarbeiter mehr als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt im Jahr arbeitsunfähig ist muss der Arbeitgeber klären, wie die Arbeitsunfähigkeit des Mitarbeiters überwunden werden kann und welche Leistungen und Hilfen derjenige dafür braucht.
In Friedehorst macht das Petra Treske-Bolle.
Sie hat ein freundliches, helles Büro – das ist wichtig, sagt sie – denn es geht um die Zukunft der Mitarbeiter. Das geht nur in einer positiven, optimistischen Umgebung.
Da saßen sie also – vor gut einem Jahr, Kirsten Stubbemann und Petra Treske-Bolle. Als klar war, dass die Pflegehelferin nicht mehr zurückkann in ihren alten Job. Und überlegten - was tun. Wohin? Wäre ein Bürojob möglich? In welcher Abteilung? Wann kann sie zurück? Wie muss die Arbeitsumgebung sein?
Das sind Fragen, die sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer immer stellen sollten – egal ob man nach Burnout, Krebserkrankung oder kompliziertem Knochenbruch wieder zurückkommt.
Petra Treske Bolle ist so etwas wie ein firmeninternes Jobcenter und Coach in einer Person.
"Wenn die Leute 25 bis 30 Jahre hier sind, und hier ihr Berufsleben verbracht haben, und jetzt einfach nicht mehr können, die kann man doch nicht einfach nach Hause schicken, das geht so nicht."

Eine Stabsstelle wurde eingerichtet

Deshalb hat sie auch dafür gekämpft, dass in Friedehorste eine eigene Stabsstelle für die Wiedereingliederung eingerichtet wird.
"Weil die Personalabteilung hat einen anderen Auftrag."
Will sagen – die Personalabteilung sieht den Mitarbeiter eher als aktuellen Kostenfaktor für das Unternehmen, denn als Betriebswert.
Langfristig, davon ist Petra Treske-Bolle überzeugt – ist diese Art der Investition in Mitarbeiter, in kranke Mitarbeiter, in geschwächte Mitarbeiter, eine Investition in die Zukunft.
Bestes Beispiel – Kirsten Stubbemann. Vor gut einem Jahr – Perspektive Frührente.
"Also das wäre für mich ein Drama gewesen, wenn das nicht geklappt hätte."
Kirsten Stubbemann ist alleinverdienend. Der finanzielle Druck, die Angst vor dem sozialen Abstieg - all das erschwert die Genesung - nicht nur bei ihr. Jetzt hat sie eine berufliche Perspektive bis zur Rente:
"Das ist auch meins. Das macht Spaß, sehr viele unterschiedliche Bewohner, unterschiedliche Aufgaben, doch, also ich bin zufrieden."
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