"Eingeschränkter Modus"

Youtubes Filter diskriminiert LGBTQ-Menschen

Die britische Vloggerin Rowan Ellis hat die Debatte um geblockte LGBTQ-Inhalte auf Youtube losgetreten
Die britische Vloggerin Rowan Ellis hat die Debatte um geblockte LGBTQ-Inhalte auf Youtube losgetreten © Screenshot Youtube.com
Von Wolfgang Stuflesser · 23.03.2017
Im "eingeschränkten Modus" zeigt Youtube Clips nicht an, wenn sie nicht jugendfrei sind. Jetzt kommt heraus: Offenbar fallen dabei auch LGBTQ-Clips unter den Tisch. Unter dem Hashtag #YouTubePartyIsOver formiert sich jetzt Widerstand im Netz.
Die britische Videobloggerin Rowan Ellis ist sichtlich bewegt: "YouTube, ihr müsst mit uns reden”, sagt sie in ihrem Video. Der Grund: YouTube blendet bestimmte Videos aus, wenn der sogenannte "eingeschränkte Modus” eingeschaltet ist. Eltern verwenden ihn zum Beispiel, um ihre Kinder vor nicht jugendfreien Inhalten zu schützen und auch in vielen Schulen oder Bibliotheken ist diese YouTube-Version voreingestellt.
Offenbar blendet YouTube aber neuerdings nicht nur Sex und Gewalt aus, sondern auch Videoblogs von Schwulen, Lesben oder Transsexuellen, in denen diese einfach nur über ihre Erfahrungen berichten, wie diese transsexuelle junge Frau in Kalifornien, die davon erzählt, wie sie schon früher, als sie biologisch noch ein Junge war, von Dingen angezogen war, die sonst Mädchen vorbehalten sind:
"Growing up, I actually loved and I was very attracted to girly things, that females were allowed to play with, but boys weren’t.”
Solche Videos, sagt Rowan Ellis, seien für Jugendliche wichtig, die zum Beispiel von ihrem Umfeld verurteilt werden, wenn ihnen bewusst wird, dass ihr Körper nicht zu dem Geschlecht passt, dem sie sich zugehörig fühlen.
Rowan Ellis: "YouTube ist einer der wenigen Orte, wo homosexuelle, transsexuelle, bisexuelle oder asexuelle Jugendliche den Kontakt zu anderen Betroffenen finden, einen Zugang zu Wissen und zu dem Gefühl, dass sie nicht allein sind.”
YouTube verbreitete daraufhin über Twitter ein Statement, dass die Firma stolz sei, LGBTQ-Videobloggern eine Plattform zu bieten. Darum gehe es schließlich bei YouTube, wo jeder und jeder seine Videos einstellen kann. Man prüfe die Vorwürfe. Später meldete sich auch die YouTube-Chefin Susan Wojicki zu Wort und schrieb auf Twitter:
"YouTube schätzt die LGBT-Gemeinschaft sehr, und ich dränge unsere Teams dazu, die Angelegenheit zu untersuchen.”
Die Frage ist nun, nach welchen Kriterien die Videos gefiltert werden. Laut YouTube spielt es eine Rolle, ob der Urheber des Videos selbst eine Altersbeschränkung angegeben hat. Dann gibt es das sogenannte "community flagging”, wenn also Nutzer ein Video als problematisch melden. Daneben ist aber noch von "anderen Signalen” die Rede, auf die YouTube achte.
Ein Videoblogger machte die Probe aufs Exempel und stellte ein Video von einer Katze ein, die gestreichelt wird, daneben eine Regenbogenfahne. Im Titel taucht das Wort "gay flag”, also "Schwulenflagge” auf - und prompt wurde das Video im eingeschränkten Modus ausgefiltert.
Gleichzeitig kritisieren Nutzer, dass offen homophobe Videos weiter zu sehen seien. Es mag nur ein zu simpel programmierter Algorithmus sein, aber YouTube streut damit Salz in eine Wunde der Community, wie Rowan Ellis kritisiert: Die Betroffenen würden auf ihre Sexualität reduziert - und deswegen als unschicklich betrachtet.
Inzwischen hat YouTube nachgelegt und eine längere Erklärung veröffentlicht: Manche Videos seien fälschlich ausgefiltert worden, heißt es da. Zwar würden nur 1,5 Prozent der über YouTube angesehenen Videos von Nutzern im "eingeschränkten Modus” abgerufen, doch es sei klar, dass es hier nicht um Zahlen, sondern ums Prinzip gehe. Der Filterprozess funktioniere nicht so, wie er solle, und YouTube werde nachbessern.
Offenbar will YouTube die Videos aber auch in Zukunft automatisch filtern lassen.
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