"Eine Gesellschaft ist kaum vorstellbar ohne Kultur"

05.01.2013
Die amerikanische Philosophin Susan Neiman zählt zu den profiliertesten Vertreterinnen ihrer Zunft. Sie studierte bei John Rawls in Harvard, engagierte sich in der Anti-Vietnam Bewegung und sie promovierte über Kant.
Ihre Erlebnisse im West-Berlin der 80er als Doktorandin hat sie in dem Buch "Slow Fire - Jewish Notes from Berlin" aufgeschrieben. Hierzulande wurde sie mit ihrer Monographie: "Das Böse denken - Eine andere Geschichte der Philosophie" bekannt. Seit mehreren Jahren steht sie dem Einstein-Forum als Direktorin vor. Die Frage nach der Bedeutung von Kultur und wie Kultur ihr Leben prägte beantwortet sie in ihrem Potsdamer Büro am offenen Fenster in einer Zigarettenpause.

""Es kommt natürlich darauf an, wie man Kultur definiert. Wenn man das breit genug definiert, was man tun soll, ist eine Gesellschaft kaum vorstellbar ohne Kultur. Das heißt, ohne irgendwelche Musikformen, ohne irgendwelche Erzählungen, ob Mythen, ob Märchen, Tanz - also das gibt es halt in jeder Gesellschaft. Insofern ist Kultur das menschlichste, was wir haben.

Kultur ist das, was der Bürger, sagen wir Citoyen, auch formt.

Kulturen - müsste ich ganz viele nennen, und weil ich ein Wortmensch bin, fing es bei mir eigentlich mit Wörtern an. Die Kinderbücher von C. S. Lewis waren wahrscheinlich die allerwichtigsten in meinem Leben.

Die Chronicles, die Chroniken von Narnia, das ist ein Phantasieland, ist eine alternative Welt,

(Filmclip) Da sprechen die Tiere und da sind Drachen und Zauberei.
Wie konntest Du da hingehen?
Auf die einzig mögliche Weise.


Mit Wörtern.

Eine Beschäftigung mit Gut und Böse, auch mit Charakter, auch mit Dunkelheiten, auch mit dem Heldischen - das hab ich ursprünglich von Lewis.

Das zweite ganz wichtige Leseerlebnis für mich war die Simultanentdeckung von Nietzsche, Sartre und die Autobiographie von Simome de Beauvoir. Die drei haben mich zur Philosophie gebracht.

Aber da ich nicht nur bei den Worten bleiben möchte, muss ich sagen: Die Lieder und Texte von Bob Dylan sind eigentlich meine Heimat, die begleiten mich durch mein Leben seitdem ich ungefähr 13 bin.

Ich schätze Dylon immer mehr, weil er im Alter so genauso großartig ist, wie er in der Jugend war."


Die Fragen stellte Gerd Brendel

Die Serie im Überblick:

"Wozu brauchen Sie Kultur?" - Prominente sagen, was sie an der Kultur schätzen
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