Eine Aufgabe für die ganze Welt

21.05.2013
Führende Wissenschaftler erzählen von ihrer Suche nach Lösungen für die Klimaerwärmung. Flankiert werden ihre Texte von Comiczeichnungen. Das ist gewöhnungsbedürftig, aber alles in allem gelingt es dieser Graphic Novel, Menschen für das Thema Klima zu interessieren, die sich bisher wenig angesprochen fühlten.
Kennen Sie den WBGU? Falls nicht, könnte das am sperrigen Titel "Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen" liegen. Auch die Berichte dieses Beirats erschließen sich Normalbürgern nicht so leicht. Zu sperrig sind sie, zu verkopft. Dem soll jetzt eine Graphic Novel Abhilfe schaffen: In schwarz-weißer, dynamischer Strichtechnik verfasst soll "Die große Transformation" Menschen für das Thema Klima interessieren, die sich bisher wenig angesprochen fühlten.

In neun Kapitel unterteilt, erzählen neun führende Wissenschaftler - vom Klimaforscher Stefan Rahmstorf über den Physiker Hans Joachim Schellnhuber bis zur Wirtschaftswissenschaftlerin Renate Schubert – von ihrer Arbeit. Die expressiven Zeichnungen bilden dabei zugleich den Alltag der Experten ab, ob sie an einer Klimakonferenz teilnehmen, mit Studenten sprechen oder auf einem Riesenwindrad herum klettern.

Viele sperrige Konzepte werden dadurch zum leicht eingängigen Bild. Wenn es beispielsweise um die Überfischung der Meere geht, zeigt die Graphic Novel eine Tafel vieler verschiedener Fischarten, von denen fast alle durchgestrichen sind. Werden Dürren oder Überflutungen als Folge des Klimawandels thematisiert, gleißt auf dem entsprechenden Bild die Sonne über aufgebrochenen Erdkrusten oder Venedigs Kaffeehausstühle stehen verwaist im Wasser.

Anders die Texte. Sie sind nicht im Comicstil verfasst, sondern ganz im Sinne von wissenschaftlicher Exaktheit. Passend dazu gibt es im Anhang eine Fachworterklärung und entsprechende Quellenangaben. Und das ist ein gewaltiger Bruch, der dem Buch nicht gut tut. Mehr noch, es ist schade und unnötig, wo doch bereits zahlreiche Graphic Novels wie etwa "Alpaha" von Jens Harder vorgemacht haben, dass Wissenschaftlichkeit und Comicelemente sehr gut vereinbar sind. "Die große Transformation" bleibt so ein unentschiedenes Mischwesen.

Auch inhaltlich bringt das Buch den klimainteressierten Lesern nicht viel Neues. Einziger Pluspunkt: die Anschaulichkeit. So braucht es nur wenige Bilder, um die Entstehung von Kohle, Erdgas und Erdöl darzustellen oder die Industrielle Revolution, in der die Menschheit das über Millionen Jahre Gewachsene in 200 Jahren verheizt. Unter Überschriften wie "Eine Aufgabe für die ganze Welt", "Technisch geht alles" oder "Wer soll das bezahlen?" beschreiben die Experten auch Lösungswege für die Klimaerwärmung und ihre Folgen und machen so deutlich, dass sich nur durch eine Änderung in allen Bereichen, so auch in der Landwirtschaft, im Verkehr und im Konsumverhalten klimafreundliche Veränderungen anschieben lassen.

Mit ihren Beispielen - wie dezentrale Energiesysteme oder Nachbarschaftsgärten in der Stadt - wollen die Buchmacher Mut machen und zeigen, dass neue Wege bereits erfolgreich beschritten werden. Und so werden bei aller Wissenschaftlichkeit auch die Leser direkt einbezogen. Das letzte Kapitel heißt dann auch: "Die Politik schafft das nicht allein". Der größtenteils gelungene Versuch, in klaren, einfachen Bildern möglichst vielen Menschen das Thema Klima nahezubringen, ist dann auch ein erster richtiger Schritt in diese Richtung.

Besprochen von Susanne Harmsen

Alexandra Hamann, Claudia Zea-Schmidt, Reinhold Leinfelder: Die große Transformation, Klima - kriegen wir die Kurve?
Verlagshaus Jacoby und Stuart, Berlin 2013
144 Seiten, 14,95 Euro