Ein Schlesier, der Hitler stürzen wollte

30.05.2012
Es ist die erste Biografie über Peter Yorck von Wartenburg, der zum Kreisauer Kreis gehörte und nach dem missglückten Attentat auf Hitler vom Juli 1944 hingerichtet wurde. Die Quellenlage für das Werk war dünn. Dem Autor standen nur wenige Briefe an die Familie zur Verfügung. Leider ist das Buch auch schlecht getextet, etliche Stellen sind redundant.
Im Nebenzimmer stand ein Tisch mit einer Flasche Kognak und Gläsern für die Zeugen der Hinrichtung. Nebenan, wo acht Widerstandskämpfer am 8. August 1944, gegen 18.30 Uhr, im Strafgefängnis Berlin-Plötzensee getötet wurden, hingen an der Decke zehn große Haken, "wie die, welche die Metzger brauchen, um das Fleisch abzuhängen". So beschrieb ein Gefängniswärter die letzten Minuten auch des Peter Graf Yorck von Wartenburg – aus ruhmreichem preußischen Militäradel, begütert in Schlesien, streng verwurzelt im Protestantismus und der deutschen Bildung.

Vorausgegangen war der erste Schauprozess gegen die Männer des 20. Juli vor dem Volksgerichtshof; vorangegangen war die Verhaftung des Peter Graf Yorck von Wartenburg im Berliner Bendlerblock am Abend des 20. Juli – nachdem das Attentat auf Adolf Hitler gescheitert war. Und vorausgegangen war die Entwicklung des Verwaltungsjuristen und mit einer bürgerlichen Juristin verheirateten schlesischen Gutbetreibers zu einem "unglücklichen Rebellen für Freiheit, Menschenwürde und Recht", wie er in seinem letzten Brief an seine Frau Marion schrieb.

Sein Biograf Günter Brakelmann ordnet diese Selbstcharakterisierung fälschlicherweise dem letzten Brief an Yorcks Mutter zu: ein Flüchtigkeitsfehler, der einem aufmerksamen Lektorat hätte auffallen können – aber auch ein kleiner Hinweis darauf, dass es der Autor mit seinem Protagonisten ohnehin nicht leicht hat.

Günter Brakelmann, emeritierter Theologieprofessor, ist einer der besten Kenner des Kreisauer Kreises – jener Denkfabrik, die nach dem Gut von Yorcks engstem Widerstandsfreund Graf von Moltke benannt wurde. Er hat eine Moltke-Biographie verfasst und Moltkes "Tagebuch und Briefe aus der Haft 1944/45" herausgegeben. Zu den Höhepunkten seines Buches über Peter Yorck gehören die gründlichen Beschreibungen, wie die Kreisauer sich in endlosen Diskussionsprozessen abquälten und am Ende detaillierte Konzepte für ein anderes Deutschland entwarfen: für ein demokratisches Deutschland mit einer gezähmt kapitalistischen Wirtschaftsordnung in einem europäischen Bund.

Von Peter Yorck sind nur recht wenige Briefe an seine Familie und Freunde geblieben. Ein Grund sicherlich, weshalb es bisher noch keine Biografie über Yorck gab – der immerhin neben Moltke der wichtigste Netzwerker des Kreisauer Kreises war. So muss sich Brakelmann mehr auf Moltke-Äußerungen in seiner Biografie über Yorck stützen als auf dessen Original-Zitate. Ein wenig wirkt das alles wie ein Abfall-Produkt der Moltke-Biographie. Auch ist Brakelmann kein besonders guter Schreiber und es ermüdet dann doch irgendwann, wenn er unentwegt ausführliche Zitate aus den wenigen Briefen Yorcks wiedergibt und dann noch mal zusammenfasst: reichlich dröge, völlig überflüssig.

Herauskommt so ein zwiespältiges Buch. Verdienstvoll: weil es endlich auch eine Biografie über Peter Graf Yorck von Wartenburg gibt. Aber noch verdienstvoller wäre es gewesen, hätte der Verlag, der sich wie kaum einer eine Reputation in der Aufarbeitung des Widerstandes erworben hat, jemanden beauftragt, der schreiben kann. Peter Graf Yorck von Wartenburg hätte es verdient.

Besprochen von Klaus Pokatzky

Günter Brakelmann: Peter Yorck von Wartenburg: 1904-1944 - Eine Biographie
C.H. Beck, München 2012
336 Seiten, 24,95 Euro