Ein Reisender zwischen Kulturen und Religionen

Von Carola Wiemers · 04.10.2006
Für den 1965 in Bulgarien geborenen Schriftsteller, Übersetzer und Verleger Ilija Trojanow gleicht die Sprache einem gut bestückten Werkzeugkasten, der geheimnisvolle Materialien verwahrt.
Als Reisender zwischen den Kulturen und Religionen ist der Kosmopolit Trojanow längst in vielen Sprachen unterwegs, wobei er eine besondere Liebesbeziehung zur deutschen gesteht, denn das Angebot der Werkzeuge sei in ihr besonders reich. Die Entscheidung des Romanciers fiel deshalb auch zu ihren Gunsten aus, während seine Lyrik im englischen Original entsteht.

Im Jahr 2000 gab Trojanow eine Anthologie mit dem bildreichen Titel "Döner in Walhalla" heraus, in der berühmte Autoren wie Yoko Tawada, Özdamar, Moníková und Rajvinder Singh enthalten sind. Sie werden als die "andere deutsche Literatur" bezeichnet. Ein Charakteristikum, das, im Vorwort mit dem provokanten Zungenschlag ergänzt, allein der Döner hätte den Eintritt in die deutsche Ruhmes- und Ehrenhalle geschafft, Akzente setzt. Trojanow markiert damit seinen eigenen Blickwinkel. Denn die so oft als "Migrantenliteratur" bezeichnete Vielfalt literarischer Stimmen ist im deutschen Literaturbetrieb marginalisiert und hat doch in dem großen jüdisch-bulgarisch-englisch-wienerischen Züricher Elias Canetti seinen berühmten Vorgänger. Trojanow trägt den Reichtum solch einer biographischen Vielfalt selbst in sich. Nachdem seine Familie 1971 in Deutschland politisches Asyl erhielt, lebte er zwischen 1972 und 1984 weitestgehend in Nairobi, später in Paris und Indien, seit 2003 in Kapstadt. Und obwohl seit 1989 fast jährlich eine deutschsprachige Publikation von ihm erscheint, er Sach- und Reisebücher über Afrika und Indien schreibt, muss sein Name noch oft genug buchstabiert werden.

Dabei ist Trojanow seit 2002 Mitglied des PEN-Zentrums, wurde mit dem Chamisso-Preis und 2006 für seinen Roman "Der Weltensammler" mit dem der Leipziger Buchmesse geehrt. Merkwürdig auch, dass ein weltreiselustiges Volk wie die Deutschen bei Titeln wie "Die Welt ist groß und Rettung lauert überall" oder "An den inneren Ufern Indiens" nicht hellhörig wird. In einer Kolumne der "taz" zitiert Trojanow angesichts der weltpolitischen Lage ein Sprichwort der Schona in Zimbabwe: "Mensch kann man nur von den anderen genannt werden" und wem diese Fähigkeit fehlt, spricht die Sprache der Apokalypse. Sein Roman "Der Weltensammler" findet in diesem Gedanken vielleicht sogar seinen ersten großen Sinn.