Ein Massaker als Partyspaß

Moderation: Holger Hettinger · 18.10.2007
Bei einem Fest der Gräfin Thyssen-Bornemisza in Rechnitz, einem kleinen Ort im Burgenland, wurden 180 Juden erschossen. Der Film "Totschweigen" von Margareta Heinrich und Eduard Erne thematisiert das grausame Geschehen im Jahr 1945 und zeigt, dass die Ereignisse bis heute nachwirken.
Holger Hettinger: Rechnitz, eine kleine Gemeinde im südlichen Burgenland, an der Grenze zu Ungarn. Hier sind Ende März 1945 180 Juden erschossen worden - durch Nationalsozialisten, die im Schloss der Gräfin Batthyány, geborene Thyssen-Bornemisza, ein Fest feierten, und denen mit der Erschießung "zusätzliche Unterhaltung" geboten werden sollte, so schreibt es heute die FAZ. Ein unglaubliches Ereignis, das der Autor David Litchfield in seinem Artikel nachzeichnet. Wenn man ein wenig sucht in den einschlägigen Publikationen, erfährt man, dass diese Erschießung gut dokumentiert ist. Es gibt einen Verein, der die Erinnerung an die Exekutionen mahnend wach hält, ein Theaterstück und einen Dokumentarfilm: "Totschweigen" von Margareta Heinrich und Eduard Erne.

Herr Erne, Sie haben für Ihren Film die Erschießung der 180 Juden durch die Festgesellschaft auf Schloss Rechnitz rekonstruiert. Was haben Sie herausgefunden?

Eduard Erne: Was wir herausgefunden haben, waren zweierlei Sachen. Das eine ist der historische Hintergrund, der grausam war. Man hat damals ab 1944 versucht, so eine Art Westwall im Osten zu bauen gegen die anrückende Rote Armee und hat da zum Großteil Zwangsarbeiter verwendet für die Bauarbeiten. Das waren ungarische Juden, die zum Teil zu Fuß von Budapest bis an die jetzige österreichisch-ungarische Grenze bewegt wurden. Das waren Tausende von Menschen, und man kann am jetzigen Grenzabschnitt fast überall Orte finden, an denen Erschöpfte, Kranke, nicht mehr arbeitsfähige jüdische Zwangsarbeiter erschossen wurden.

Das ist das eine, das andere ist die extreme Verquickung von einerseits dieser adeligen Firma Batthyány-Thyssen und der örtlichen Prominenz in diese Erschießungen in Rechnitz, die zum Teil bis in den heutigen Tag Wirkung haben, weil der Ort der Erschießung und das Massengrab, in dem die 180 Menschen verscharrt wurden, bis zum heutigen Tag gesucht werden. Und unser Film "Totschweigen" hat genau an dem Punkt angesetzt. Wir haben versucht, die Suche nach diesem Massengrab zu verfolgen, zu zeigen, zu begleiten über fünf Jahre hinweg und haben dabei auch die Ereignisse in dem Ort thematisiert, was damals geschehen ist.

Das gesamte Gespräch mit Eduard Erne können Sie bis zum 18.3.2008 in unserem Audio-on-Demand-Angebot nachhören. MP3-Audio
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