Ein Mann gegen zwei Frauen

Von Claudia van Laak · 30.03.2009
Es ist eine neue Situation für Ministerpräsident Matthias Platzeck. Der SPD-Politiker tritt im September als Spitzenkandidat seiner Partei gegen zwei Frauen an - Johanna Wanka (CDU) und Kerstin Kaiser (Die Linke). Im Moment geben sich die erfolgsverwöhnten brandenburgischen Sozialdemokraten siegessicher.
"Liebe Schülerinnen und Schüler, ich will Euch nicht zutexten, ich erzähle Euch ein bisschen von dem, was ich erinnere."

Matthias Platzeck, Ministerpräsident und SPD-Chef in Brandenburg.

"Ich bin Jahrgang 53, bin geborener Potsdamer, hab drei Töchter."

Zu Besuch im Marie-Curie-Gymnasium in Ludwigsfelde. Als Zeitzeuge ist er eingeladen zum Thema 20 Jahre friedliche Revolution. Platzeck zieht sein Jackett aus, hängt es über die Stuhllehne und lobt die Anarchie.

"In gesellschaftlichen Umbrüchen sind ja immer die Phasen am schönsten, wo es keine richtige Ordnung gibt. Die DDR-Regierung hatte nichts mehr zu sagen, wir saßen am zentralen Runden Tisch in Berlin, wir haben im Wesentlichen gesagt, wie Politik gemacht werden soll. Der Westen hatte noch nichts zu sagen, denn die waren ja noch nicht da."

Um ihn herum, in mehreren Halbkreisen, 40 brave Schülerinnen und Schüler, im Hintergrund zwei Bodyguards, wache Blicke nach vorn und hinten gerichtet. Die Jugendlichen halten Zettel in ihren Händen, auf denen sie ihre Fragen geschrieben haben. Zum Beispiel diese: Warum sind Sie eigentlich in der SPD?

"Ich war nicht in der SED, ich hatte das Gefühl, ich will nicht in eine Partei, das war durch die DDR-Zeit besetzt. Ich habe dann versucht, den Spruch meines Vaters zu beherzigen, der einmal zu mir gesagt hat: Wenn Du schon in eine Partei gehst, dann solltest Du gleich ihr Vorsitzender werden. Das habe ich dann versucht umzusetzen, hat ja auch geklappt, zumindest in Brandenburg. Weiter?"

Ein Mädchen will wissen, warum denn die Politik in Deutschland so unverständlich ist und warum sich Politiker nicht darum kümmern, dass dieses Thema an den Schulen besser vermittelt wird.

"Nun ist ja Politik an fast allem schuld, aber die Demokratie hat auch noch andere Bedingungen."

Nun folgt ist eine Grundsatzrede von Brandenburgs SPD-Vorsitzendem. Matthias Platzeck nimmt einen Schluck Wasser, krempelt die Ärmel seines weißen Hemdes hoch und legt los.

"Ich höre in den letzten Jahren vermehrt einen Spruch, der geht mir total auf den Senkel: Ich bin stolz, in keiner Partei zu sein. Partei wird immer so gut sein, wie die Leute gut darin sind. Wenn die guten Leute sagen, ich geh in so was nicht, dann wird sie nicht besser. Eine Demokratie geht so kaputt über kurz oder lang, eine Demokratie scheitert vor allem an einem: Wenn keiner mehr mitmacht, dann geht sie kaputt."

Matthias Platzeck überzeugt. Keiner tuschelt mehr mit dem Nachbarn, alle hören gebannt zu, die Zettel mit den Fragen haben sie beiseite gelegt. Eine solche Liebeserklärung an die Demokratie hören sie zum ersten Mal.

"Am Ende werden die besseren Entscheidungen immer die sein, die die Interessen von möglichst vielen Menschen berücksichtigen. Und das ist zäh, das dauert, und das muss man wollen. Das muss man lieben, und ich habe mich in die Demokratie verliebt, weil ich der festen Überzeugung bin, was Bess´res gibt´s nicht."

Matthias Platzeck steht auf, schlägt freundschaftlich auf ein paar Männerschultern, herzt ein paar Damenwangen, dann geht es schnellen Schrittes gemeinsam mit seinem Begleittross zum nächsten Termin. Zurück bleiben Erstwähler, von denen im September einige ihr Kreuz bei Matthias Platzeck machen werden.

Umfrage:
"Ich würde ihn sicher wählen, nicht aus Überzeugung SPD, sondern weil er ein sympathischer Mensch ist. Ich fand´s cool."
"Er hat eine sehr charismatische Art zu reden."
"Er hat´s die ganze Zeit über locker gehalten, das fand ich sehr toll."
"Ich würd ihn auch wählen, ich darf ja bald wählen, ja."

Matthias Platzeck ist der beliebteste und bekannteste Politiker in Brandenburg. Gegen seine Popularität haben es die beiden Gegenkandidatinnen schwer. Die CDU-Spitzenkandidatin und Kulturministerin Johanna Wanka ist nur jedem Zweiten im Land ein Begriff, die linke Kerstin Kaiser kennt gar nur jeder dritte Brandenburger. Dabei hat die 48-jährige Oppositionsführerin im Potsdamer Landtag einen Vorteil gegenüber ihren beiden Mitbewerbern: Sie kann nämlich singen.

Glaubt man den Umfragen, ist die linke Spitzenkandidatin Kerstin Kaiser weniger beliebt als ihre CDU-Konkurrentin Johanna Wanka. Blickt man auf die Popularität der Parteien, ergibt sich eine andere Reihenfolge. In einer aktuellen Umfrage steht die CDU auf Platz 3 mit 21 Prozent, die Linke auf Platz 2 mit 26 Prozent, die SPD unangefochten auf Platz 1 mit 36 Prozent.

Für die Linke ist der Weg nicht ganz einfach. Kerstin Kaiser schwankt zwischen dem selbstgesteckten Ziel, Ministerpräsidentin zu werden, der Kritik an der SPD und dem Lob für Matthias Platzeck.

"Wir brauchen keinen Messias, wir haben den Matthias. Der Linken wurde schon gesagt, es ist völlig unnötig, dass hier Listen und Spitzenkandidatinnen aufgestellt werden, ich habe mich auch schon entschuldigt, denn das Volk liebt den Ministerpräsidenten."

Politischer Aschermittwoch der Linken in Teltow, einer Kleinstadt im Speckgürtel zwischen Potsdam und Berlin. Auf Konfetti, Luftschlangen, Hum-ta-ta und Helau hat die Partei verzichtet. Man feiert im nüchternen neuen Ratssaal Teltows – Glas, Sichtbeton und Stabparkett. Ältere Herren in Strickpullis tragen Anstecker, auf denen das Wort "Ordner" zu lesen ist. Ortsvereinschef Steffen Heller begrüßt seine Gäste.

"Liebe Genossinnen und Genossen, auch die von der SPD, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Gäste, ganz besonders freut es mich, dass ich die Spitzenkandidatin der Linken zur Landtagswahl bei uns begrüßen darf, herzlich willkommen Kerstin Kaiser, Herr Koriat, herzlich Willkommen, ich muss jetzt aufhören mit der Gästeliste, sonst wird´s so lang wie früher und man wirft uns wieder mangelnde Vergangenheitsbewältigung vor."

Steffen Heller verkörpert die moderne Linkspartei. Der Unternehmensberater trägt einen pinkfarbenen Schlips zum dunklen Nadelstreifenanzug. Bis 1994 war er Mitglied der SPD, wegen der Hartz-Gesetze und der Auslandseinsätze der Bundeswehr hat er die Sozialdemokraten verlassen und ist er bei der Linken eingetreten. Nach 19 Jahren in der Opposition ist es Zeit für eine Regierungsbeteiligung, sagt Heller und spricht damit vielen Genossen in Brandenburg aus dem Herzen.

"Ich gehöre eigentlich zu den Befürwortern, zu einer Gestaltungsperspektive links von der Mitte. Wenn es zu einer rot-roten Koalition kommt im Land, dann ist das nicht die schlechteste Perspektive für Brandenburg."

Die Spitzenkandidatin Kerstin Kaiser betritt die Bühne – lange Stiefel, modisches Lila. Ihre Rede zum politischen Aschermittwoch liest sie Wort für Wort vom Blatt, Karnevalsstimmung will da nicht so recht aufkommen. Die Genossen lachen nur, wenn´s gegen den Kapitalismus geht.

"Anfrage an Radio Jeriwan - heute muss man Eriwan sagen - was ist der Unterschied zwischen Kapitalismus und Sozialismus? Im Sozialismus wurde erst verstaatlicht und dann ruiniert, und im Kapitalismus wird erst ruiniert und dann verstaatlicht."

Kerstin Kaiser weiß die mitgliederstärkste Partei Brandenburgs hinter sich mit disziplinierten Genossen, die den Wahlkampf an der Basis schon schaukeln werden. Trotzdem ist die 48-jährige Slavistin selten locker, selbst nicht bei den eigenen Leuten. Auch an diesem politischen Aschermittwoch fallen ihre Antworten oft hölzern aus. Es müsse der Ansicht zum Durchbruch verholfen werden, dass eine sozialere Politik nötig sei, sagt sie zum Beispiel.

"Was würdest du als Frau in diesem Amt anders machen?"
"Vor allen Dingen eine andere Politik."

Lustig wird es beim politischen Aschermittwoch der Linken erst, als die Spitzenkandidatin schon weg ist. Auftritt Bauer Korl, der Letzte aus der LPG. Der Kabarettist streichelt die ostdeutsche Seele, das gefällt den Genossen.

"Wenn wir hier alle Arbeit haben, dann unsere Freunde drüben aufhören. Euch da drüben, die ziehen wir locker mit durch. Die Russen haben wir auch 40 Jahre mit durchgezogen."

Die Linke ist in Brandenburg Volkspartei und Machtfaktor. Deshalb lassen sich zum politischen Aschermittwoch auch die Mitglieder anderer Parteien sehen. Teltows SPD-Bürgermeister schwänzt den Finanzausschuss, auch Grüne und FDP sind gekommen – sie träumen von einer rot-rot-grünen Koalition und vom Einzug in den Landtag.

FDP: "In diesem Jahr ist die Konstellation gar nicht so ungünstig, und wir erhoffen uns da, das wir reinkommen ins Parlament, in den Landtag, die Leute scheinen mitzudenken, suchen Alternativen, und davon scheinen wir zu profitieren in der jetzigen Zeit."

Grüne: "Ich würde mich schon freuen, wenn wir als Grüne gemeinsam mit der Linken und vielleicht einer etwas vernünftiger gewordenen SPD ne regierungsfähige Mehrheit bekämen, das fände ich gut."

Im gemütlichen Teil des politischen Aschermittwochs diskutieren die Genossen bei Bier und Rotwein über die Zukunft ihrer Partei. In der Opposition bleiben oder die politische Unschuld verlieren und mitregieren - das ist die Frage in Brandenburg.

Umfrage:
"Rot-Rot würde ich schon wollen, aber die wollen ja nicht, nach uns geht´s ja nicht, und mit einer Ministerpräsidentin Kaiser wollen sie auch nicht."
"Berlin, das liegt mir schon ein bisschen im Magen, weil die Politik, die in Berlin gemacht wird von der Linken, die ja nicht ankommt. Das nimmt der Bürger ja nicht wahr und da habe ich eben meine Bedenken."
"Opposition ist eine Sache, man kann viel reden, aber ich bin der Meinung, man muss auch mitbestimmen."

Über eine mögliche rot-rote Landesregierung in Brandenburg wird in den nächsten Monaten viel spekuliert werden. Inhaltlich gibt es bei SPD und Linken große Schnittmengen. Beide Parteien wollen mehr für die Bildung tun, nach der Landtagswahl viele neue Lehrer einstellen, die Kinderarmut bekämpfen. Doch das Bündnis könnte am Spitzenpersonal der Linken scheitern. Sowohl der Landesvorsitzende Thomas Nord als auch die Spitzenkandidatin Kerstin Kaiser waren Inoffizielle Mitarbeiter der DDR-Staatssicherheit. Kaiser setzt sich u.a. auf ihrer Internetseite intensiv mit diesem Thema auseinander. Sie glaubt nicht, dass ihre IM-Tätigkeit bei der Bildung einer rot-roten Koalition in Brandenburg eine Rolle spielen wird.

"Matthias Platzeck hat ja schon im vergangenen Jahr gesagt, dass die Akzeptanz von Politikerinnen und Politikern schon daran gemessen werden muss, was sie in 20 Jahren nach der Wende gemacht haben, das halt ich für eine sachliche Position."

Die SPD gibt sich in dieser Frage schweigsam, lässt sich nicht in die Karten gucken. Gebetsmühlenartig verkündet Matthias Platzeck, man werde sich im Wahlkampf nicht auf einen Koalitionspartner festlegen.

"Und ich fände es falsch, aber auch mit nicht hinreichendem Respekt vor dem Wähler versehen, wenn man vorher sagt: Übrigens, wenn Ihr das wählt, dann kriegt ihr so eine Koalition. Am Abend des Wahltages werden wir uns dem Wahlergebnis stellen müssen wie alle anderen, und werden dann sehen, welche Konstellationen sind denkbar und möglich."

Die rechte Hand locker in der Hosentasche steht Matthias Platzeck vor einem knallroten Schild mit der Aufschrift "Ostkurve". Soeben hat der 55-Jährige im Regine-Hildebrandt-Haus, dem Sitz der brandenburgischen SPD, die Wahlkampfzentrale seiner Sozialdemokraten eröffnet. Ostkurve?

"Der Raum liegt im Osten hier. Aber ich glaube, dass das auch nicht verkehrt und nicht falsch ist. Wir haben allen Grund, nach 20 Jahren ein ostdeutsches Selbstbewusstsein auszuprägen und das auch zu leben und da finde ich den Begriff Ostkurve auch sehr passend. Hätte der Raum hier im Westen gelegen, wir hätten ihn trotzdem Ostkurve genannt."

Die SPD hat als erste Partei in Brandenburg eine Wahlkampfzentrale eröffnet. Mit Frank-Walter Steinmeier auf Platz 1 der Bundestagsliste und Matthias Platzeck auf Platz 1 der Landtagsliste sieht man sich gut aufgestellt für den 27. September, an dem beide Parlamente gewählt werden. Alle Wahlkreise direkt gewinnen, das ist das Ziel der SPD.

"Wir haben uns mit der Kommunalwahl eine gute Ausgangsposition erarbeitet, zum ersten Mal seit vielen Jahren hat die Sozialdemokratie wieder zugenommen, wir wollen bei der Landtagswahl deutlich und klar stärkste politische Kraft hier in Brandenburg werden, darauf arbeiten wir hin."

Der SPD ist es in den letzten 19 Jahren gelungen, wichtige Positionen in Politik, Kultur und Sport mit Sozialdemokraten zu besetzen und umgekehrt für das Land wichtige Personen in die Partei zu holen. Der Vorsitzende des Landesbauernverbands sitzt bereits für die SPD im Landtag, der DGB-Beauftragte für Brandenburg kandidiert in diesem Jahr für das Landesparlament. Der Finanzminister und der Bildungsminister, der SPD-Fraktionsvorsitzende im Landtag und der Regierungssprecher – sie alle sind Vorsitzende von wichtigen Sportvereinen und -clubs im Land. So verwundert es nicht, dass die parteilose Viola Odebrecht, Mittelfeldspielerin beim Frauenfußballclub Turbine Potsdam, in der SPD-Wahlkampfzentrale beschäftigt ist.

"Warum ich mir die SPD ausgesucht habe? Weil ich finde, dass sie einen sehr guten Job macht, vor allen Dingen hier in Brandenburg."

Die CDU blickt neidisch auf die SPD. Die Christdemokraten stellen zwar einige Landräte und Bürgermeister in Brandenburg, können aber Macht und Einfluss auf Landesebene nicht ausbauen – seit zehn Jahren steht die CDU hinter der Linken auf Platz 3 der Wählergunst. Ein Land mit einer zweistelligen Arbeitslosenrate seit der Wende, ein Land, in dem Unternehmer dringend gesucht werden, ein Land, das der frühere Ministerpräsident Manfred Stolpe einmal stolz "die kleine DDR" genannt hat – dieses Land Brandenburg wählt traditionell Parteien links von der Mitte. Doch die CDU ist nicht unschuldig an ihrer vergleichsweise schlechten Ausgangsposition. Sie zerfleischt sich seit Jahren in innerparteilichen Machtkämpfen. "Brandenburger Schlachteplatte" nannte ein Journalist die CDU in der Mark. Doch jetzt soll alles anders werden.

"Zeigen Sie mal ein bisschen die Zähne, ein schickes Lächeln. Ich weiß nicht, ob das so passend ist. Bisschen mit dem Oberkörper nach links kippen, jenau. So ist richtig."

Fotoshooting beim Landesparteitag der CDU in Potsdam. Die Partei bietet den Landtags- und Bundestagskandidaten einen besonderen Service an: professionelle Fotos per E-Mail nach Hause.

In die Kamera strahlen und dabei natürlich wirken, das ist harte Arbeit. Der Parteitag ist es auch. Es geht um viel. Darum, ob die Brandenburger CDU sich weiter zerfleischt und politisch immer bedeutungsloser wird oder ob sie den Neuanfang mit Johanna Wanka schafft.

"Meine Damen und Herren, Ich darf Ihnen das Wahlergebnis bekanntgeben zur Wahl der Landesvorsitzenden. Abgegeben 202 Wahlzettel, es gab eine Enthaltung, 29 Nein-Stimmen, 172 Ja-Stimmen. Herzlichen Glückwunsch."

Blumen und Glückwünsche für die neue CDU-Landesvorsitzende Johanna Wanka. Vorausgegangen ist ein zweijähriger innerparteilicher Machtkampf, der die Christdemokraten nahezu lahmlegt, einen Generalsekretär, zwei Partei- und einen Fraktionsvorsitzenden verschleißt und die SPD bereits nach links blicken lässt, weil der Koalitionspartner nicht mehr verlässlich scheint.

"Wir hatten ein Problem im Umgang miteinander, es war eine Situation, in der menschliche Verletzungen, tiefgehende Verletzungen erfolgt sind, und das darf in dieser Partei nie wieder passieren."

Johanna Wanka ist wie immer elegant gekleidet: spitze, hochhackige Pumps, ein beiges Kostüm mit pinkfarbenen Akzenten. 57 Jahre ist die Mathematikerin alt, der frühere CDU-Chef Jörg Schönbohm holte sie aus Sachsen-Anhalt als Kultur- und Wissenschaftsministerin nach Brandenburg.

"Es ist ganz wichtig, dass wir aufhören, wenn es um Entscheidungen geht, dass man diese Entscheidungen immer versucht nur zu begründen, nur zu gucken, wo stand wer in dieser polarisierten Phase, gehörte er zu A oder B. Sondern dass wir gucken, wo wollen wir hin, was hat derjenige geleistet. Nicht, wo hat er gestanden. Was kann er denn einbringen, wie nützlich ist er denn an dieser Stelle, an der wir ihn haben möchten. Das können wir selber tun, und das sollten wir tun."

Johanna Wanka hat in den Wochen vor dem Parteitag klug agiert. Sie hat versucht, die feindlichen Lager zusammenzubringen und hat ein Personalpaket geschürt, mit dem die Mehrheit zufrieden ist.

"Das war so ein bisschen wie ein Spaziergang über einen zugefrorenen See. Man weiß nicht so richtig, ob man der Eisdecke trauen kann oder ob es nicht doch einkracht."

Es ist wohl der Selbsterhaltungstrieb, der die verfeindeten Lager zuletzt zur Einsicht bringt. Wäre der Machtkampf weiter gegangen, die CDU hätte vermutlich die Hoffnung auf eine Fortsetzung der SPD-CDU-Koalition begraben können.

"Also die Vorstellung, dass wir, diese CDU, uns nicht noch einmal zerlegen wollen, das kam überraschend, das kam überraschend."

Die Basis hat darauf gedrängt. Die Ehrenamtlichen in den Ortsvereinen, Gemeindeparlamenten und Kreistagen, die ihre Freizeit für die Partei opfern und schon lange nicht mehr verstehen können und wollen, was "die in Potsdam" da machen. Warum sie sich nicht den drängenden Problemen des Landes stellen und stattdessen Intrigen schmieden. Als Johanna Wanka mit 85 Prozent zur neuen CDU-Landesvorsitzenden Brandenburgs gewählt wird, geht ein Raunen durch den Saal. Das gute Ergebnis ist für viele ein Befreiungsschlag.

Umfrage:
"Ab heute geht es aufwärts mit der CDU in Brandenburg."
"Meine Stimmung ist im Moment sehr gut. Also ich denke, dass hier ein Aufbruchssignal gesendet wurde."
"Wir haben eine gute Vorsitzende und ich bin auch der Meinung, dass sie auf jeden Fall die Zügel in der Hand hat."
"Ich bin sehr optimistisch und sehe mit Freude dem Wahlkampf entgegen. Was mir besonders gefallen hat, dass man auch an das Herz der Parteimitglieder gegangen ist, das scheint mir in der letzten Zeit zu kurz gekommen zu sein und das ist sicherlich ein großer Fortschritt jetzt."
"Es gibt die Geschlossenheit, nach der sich die Basis sehnt, die CDU muss jetzt nach draußen sagen, wofür sie steht, was sie verändern will in Brandenburg und sich nicht mit sich selber beschäftigen."

Wofür die CDU steht: Sie will weiter regieren und Rot-Rot im Land verhindern. Und sie hat ein Wahlziel, das sie mit SPD, Linken, Grünen und FDP teilt: Die demokratischen Parteien wollen den Wiedereinzug der rechtsextremistischen DVU in Brandenburgs Landtag verhindern.