Ein Mann, der Geld verteilte

Von Andreas Baum · 18.01.2010
Karlheinz Schreiber sieht sich als einer, der Verbindungen knüpft und Menschen zusammenbringt. Schon in den 80er-Jahren soll er dafür mindestens 15 Millionen Euro an Provisionen kassiert haben.
Als Rüstungslobbyist, gar als Waffenhändler möchte Karlheinz Schreiber sich nicht bezeichnet wissen – eher als einer, der Verbindungen knüpft und Menschen zusammenbringt – schon in den Achtzigerjahren soll er dafür mindestens 15 Millionen Euro an Provisionen kassiert haben. Er hat zwischen der Waffenschmiede Thyssen und der bayerischen Staatskanzlei vermittelt – und Aufträge für Flugzeuge, Hubschrauber und den Spürpanzer Fuchs vermakelt, nach Saudi-Arabien und Thailand.

Schreiber nimmt Geld und er gibt Geld – im Auftrag seiner Hintermänner. Insbesondere zur Familie des bayerischen Ministerpräsidenten Franz-Josef Strauß soll er formidable Beziehungen gehabt haben.
Schreiber: "Das ist ja nicht primitive Bestechung, wo sie zu irgendjemand hingehen, den Sie nie gesehen haben und sagen: wunderbar, hier bin ist. Ich mein, das ist doch Quatsch."
Karlheinz Schreiber, 1934 in der thüringischen Provinz geboren, gehört seit den Sechzigerjahren zum Münchner CSU-Establishment – zum Geldboten zwischen Politik und Industrie. Seit 1999 lebt er in Kanada – nicht ganz freiwillig, denn in Deutschland wird gegen ihn ermittelt: Bestechung, Vorteilsnahme, Steuerhinterziehung, Betrug, Beihilfe zur Untreue – fast jedes Delikt, das mit Geld zu tun hat, ist ihm zur Last gelegt worden.

Seinetwegen wurde gar ein Gesetz geschaffen, das eine Verjährung von Straftaten ausschließt, solange die Auslieferung eines Beschuldigten betrieben wird: Die sogenannte Lex Schreiber. 1999 erzählt er Reportern in einem Hotel in Toronto, wie er den heutigen Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble bei einer Spendensammelaktion der CDU in Köln kennen lernte – an einer Tafel mit anderen Größen aus Politik und Industrie.

"Mein Gott, sag' ich zu meiner Frau, stell dir mal vor, da hat man ihn fast umgebracht, wegen seinem Job, das Attentat auf ihn. Jetzt muss der den ganzen Tag im Rollstuhl sitzen und sich mit der Politik abplagen. Jetzt muss der sich abends noch mit Leuten wie uns hierher hocken und um Geld betteln."
Schreiber hatte Erfahrung mit Politikern und ihren Geldsorgen: Walther Leisler Kiep, der Rüstungsstaatsekretär Pfahls, der Strauß-Sohn Max und mehrere CSU-Lokalpolitiker sollen auf seiner Pay-List gestanden haben. Warum also nicht auch Schäuble.

"Er hat mir leid getan. Da hab ich gesagt: OK, ich werde jetzt mit meinen Leuten sprechen, der kriegt 'ne Spende."

100.000 Mark soll Schäuble bekommen haben, in bar, für die Partei, Verbleib bis heute ungewiss. Die Beträge, die die CSU einstrich, sind nachträglich legalisiert worden.

Seit August 2009 sitzt Schreiber in Deutschland in Untersuchungshaft – immer wieder hat insbesondere die Unionsparteien damit bedroht, bei einem Prozess in Deutschland Klartext zu reden – Angst macht er kaum jemanden.