Ein Liebespaar auf Kreuzfahrt in den Tod

Richard Wagner, Foto eines Gemäldes von 1843
Richard Wagner, Foto eines Gemäldes von 1843 © picture alliance / dpa / Zentralbild
Von Uwe Friedrich · 11.05.2013
In Magdeburg hatte Richard Wagner seine erste Anstellung. Zum 200. Geburtstag des Komponisten hat das dortige Stadttheater eine höchst achtbare Produktion seiner Oper "Tristan und isolde" auf die Beine gestellt. Allerdings können die für die Titelpartien verpflichteten Gäste nicht überzeugen.
In diesem "Tristan" geht’s zur Sache. Mitten im Duett des zweiten Aufzugs lässt Regisseur Stephen Lawless den schwarzen Vorhang herunter. Dahinter vergnügen sich Tristan und Isolde im großen Bett, während Brangäne vor dem Vorhang und ganz alleine ihren Warnruf "Einsam wachend in der Nacht" singt. Wenn der Vorhang sich wieder öffnet, hat sich die Welt für die Liebenden verändert. Spiegelverkehrt steht nun die vom Bühnenbildner Frank Philipp Schlößmann entworfene Kreuzfahrtschiffskabine auf der Bühne, die im dritten Aufzug auseinanderbrechen und nur noch aus Kulissenversatzstücken bestehen wird.

Schon im ersten Aufzug ging ein Riss durch diese Welt, der erst geschlossen wird, wenn Tristan und Isolde den Liebestrank zu sich nehmen und sich endlich trauen, sich zu ihrer Passion zu bekennen. Eigentlich wollen beide schon in diesem Moment sterben und trinken den Liebestrank nur versehentlich. Im zweiten Aufzug lässt der Regisseur sie noch einmal einen Trank bereiten, diesmal ganz bewusst den Todestrank. Vor allem hier, im zweiten Aufzug, findet Lawless schöne Bilder, setzt eigenen Akzente in der größten Liebesgeschichte des Abendlandes, die er als solche ernst nimmt. Die mindestens ebenso legitime Sichtweise, nämlich dass Wagner hier zwei Psychopathen auf dem Egotrip in den Untergang zeigt, interessiert ihn weniger.

Im ersten Aufzug fällt die Inszenierung etwas unentschlossen und wenig inspiriert aus, im dritten lässt Lawless zunächst offen, ob Isolde tatsächlich an Tristans Krankenbett eilt oder dieser sie bloß im Fieberwahn herbei imaginiert. Schließlich legt sie sich zu den letzten Tönen zum toten Tristan ins Bett, um neben ihm einzuschlafen – oder zu sterben.

Klangschön und konzentriert
Das Magdeburger Orchester hat in den letzten Jahren immer wieder sehr bemerkenswerte Wagner-Aufführungen gespielt, und auch dieses Mal musiziert es unter dem Generalmusikdirektor Kimbo Ishii-Eto mit größer Konzentration und Klangschönheit. Beide Titelpartien galten in der Uraufführungszeit als unsingbar und sind bis heute eine Herausforderung für jeden Sänger. Auch in Magdeburg muss man für diese Partien Gäste verpflichten, die in diesem Fall beide die Rollen zum ersten Mal singen.

Hasmik Papian will sich nach ihrer Karriere im italienischen Fach nun auch die hochdramatischen Rollen der deutschen romantischen Oper erarbeiten. Die Stimme bleibt als Isolde jedoch rau, verschattet und spricht nur unter Druck an. Dann ist der Ton zwar groß, die Intonation rutscht aber ins Ungefähre ab. Roman Sadniks Tristan ist ein Kraftkerl mit trompetenhafter Höhe und ebenfalls etwas unsicherer Intonation, trifft aber den heldischen Tonfall der Partie, während die melancholischen Momente im dritten Aufzug unterbelichtet bleiben. Diese gesanglich problematischen Gäste machen um so deutlicher, wie gut die Ensemblemitglieder mit ihren Rollen klar kommen, vor allem Undine Dreißig als Brangäne und Roland Fenes als Kurwenal.

In Magdeburg hatte Richard Wagner einst seine erste Anstellung am Stadttheater, im Jubiläumsjahr hat dieses Stadttheater (oder besser: das Nachfolgetheater) eine höchst achtbare Produktion auf die Beine gestellt.


Informationen des Theaters Magdeburg zur Inszenierung von "Tristan und Isolde"
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