Ein Leben mit und für Gott

Von Christian W. Find · 29.12.2012
Er war Protestant und machte als junger Mann eine Ausbildung zum Krankenpfleger. 1984 entschied sich der heutige Mönch Panteleimon, der orthodoxen Kirche beizutreten, verkaufte alles und lebte fortan auf dem Heiligen Berg Athos, bis er vor zwei Jahren in ein ungarisches Kloster zog.
Einen völlig anderen Lebensentwurf, als den Weg ins Pfarrhaus, hat der in Deutschland geborene Mönch Panteleimon gewählt. Panteleimon möchte seinen bürgerlichen Namen nicht im Radio hören. Ein Mönch, so sagt er, ist eigentlich ein Mensch, der für die Welt gestorben ist. Äußeres Zeichen für diesen Wandel ist seine schwarze Kutte, die er nach seiner Mönchsweihe nicht mehr ablegt. Dennoch war er bereit, unserem Autor Christian W. Find einen intensiven Einblick in sein Leben zu gewähren. Doch bevor wir diesen Mann näher kennenlernen, noch einige Details über den 1947 in Alpirsbach im Schwarzwald geborenen und protestantisch getauften Christen, der heute in Ungarn Abt einer serbisch-orthodoxen Klosteranlage ist.

In Frankfurt am Main machte er eine Ausbildung zum Krankenpfleger und arbeitete sich schnell hoch in leitende Positionen in der Pflege. 1984 entschied er sich, der orthodoxen Kirche beizutreten und wurde neu getauft. Ein Jahr später: die Weihe zum Mönch. Über Serbien ging Panteleimon nach Griechenland – dort restaurierte er eine verfallene Einsiedelei auf dem Heiligen Berg Athos – einer historischen orthodoxen Klosterinsel. Und dann kam schließlich vor zwei Jahren der Umzug nach Ungarn in die Kosteranlage Graboc in der Nähe der ehemaligen Kulturhauptstadt Europas, Pecs.

Diese Anlage war unter der früheren sozialistischen Regierung Ungarns ein Altenheim mit vielen Gebäuden, die heute ohne Funktion sind. Nach der Öffnung Ungarns zum Westen wurde die Anlage an die serbisch-orthodoxe Kirche zurück- übertragen. Die beiden Nonnen Christina (heute 66 Jahre alt) und Maria (91 Jahre alt) zogen ein und lebten dort über 16 Jahre allein im Erdgeschoss des Wohngebäudes; das Kloster verfiel immer mehr.
Panteleimon entschloss sich, seine "dritte Lebensphase" hier zu verbringen und die Anlage wiederherzustellen.
Unterstützung - finanziell sowie tatkräftig - bekommt er dabei immer wieder von zahlreichen Freunden aus Deutschland.

Christian W. Find hat ein Klangportrait über Panteleimon erstellt:

Panteleimon singt:

"Wenn Gott einen ruft, das ist immer, ja, das ist für jeden schwierig, und die Frage ist halt, wenn man den Ruf hört, ob man sich dem stellt."

Panteleimon singt:

"Leicht ist das nicht. Das war bei mir auch, ging fast zwei Jahre. Ich hab mich dagegen gewehrt."

Panteleimon sing:
"Weil’s mir gut ging eigentlich in meinem weltlichen Leben. Ich hab eine gute Stellung gehabt, ich hab mich wohl gefühlt in Frankfurt. Es gab eigentlich keinen Grund, da wegzugehen. Aber da fragt Gott nicht danach; wenn’s sein Wille ist."

Gesang:

"Man muss sich dann irgendwann entscheiden. Entweder man folgt dem Herzen oder man folgt dem Gehirn. Ich hab mich fürs Herz entschieden. Und ich hab’s nicht bereut."

Gesang:

"Hab meine Stelle gekündigt, alles, was ich gehabt habe, unter anderem eine Eigentumswohnung verkauft, Sachen verschenkt, meinen Haushalt aufgelöst, meine Arbeitsstelle ordentlich übergeben. Es war sehr viel Arbeit, aber das hab ich mit Elan und Schwung bewältigt und hab oft nachts nur zwei, drei Stunden Schlaf gehabt; es ging, und also sechs Monate nach meinem ersten Besuch bin ich dann für ganz auf den Athos gegangen und bin dann dort geblieben."

Wasser:

"Nach den zweieinhalb Jahren muss ich sagen habe ich den Eindruck, ich hab hier weitaus mehr Ruhe als auf dem Berg Athos, wo doch der Besucher-Andrang sehr groß war und die Leute auch Tag und Nacht in den Klöstern waren, und hier gibt’s das also nicht. Die Besucher kommen und schauen sich unsere Kirche an. In der Zeit von zehn bis fünf haben wir das Kloster offen und ansonsten ist es zu, damit wir die Gottesdienste halten können."

Talanton (Schlagholz zum Gottesdienstruf) - Liturgie mit den Nonnen:
Gespräch Panteleimon mit Schwester Christina:

"Ich bemüh mich, dass ich ihnen, den Schwestern, ihren Freiraum lasse, denn sie waren ja 16 Jahre, 17 Jahre haben sie ohne mich gelebt. Und ich möchte ihnen auch keine unnötigen Lasten aufladen."

Gespräch Panteleimon mit Schwester Christina:

"Wir ergänzen uns eigentlich prima. Ich werde in verschiedenen Dingen unterstützt von ihnen, und ich hab ihnen also sagen wir mal die ganzen Dinge wie Verwaltungsarbeiten, Ländereien, die dem Kloster gehören, die ganzen Baulichkeiten, wie geht man mit den Gebäuden um, was wird saniert, was wird abgebrochen und so was, also alles Dinge, vor denen die Schwestern ein bisschen Angst hatten, das alles anzupacken, das hab ich ihnen alles abgenommen, und sie können sich auf ihr Gebet und auf ihre anderen Aufgaben konzentrieren."

Panteleimon auf dem Gelände:

"Das soll eine Holunderplantage geben. Holundersaft und Holundersirup ist ein beliebtes Getränk im Sommer vor allem hier in Ungarn. - Dieser gegenüberliegende Berg, da sollen Zwetschgenbäume hinkommen.

Meine Sozialisation hat im Westen stattgefunden, mein Glaubensleben jetzt ist östlich. Und da kommt’s ja immer wieder zu Konflikten. Das ist wie bei der Geschichte von der Maria und von der Martha. Die Maria hat sich Christus zu Füßen gesetzt und hat seinen Worten gelauscht und war ganz Ohr und hat ihm zugehört. Und die Martha hat gemeint, sie muss schaffen und sie muss kochen und muss das Haus in Ordnung halten für Christus. Und sie war dann sogar noch ärgerlich und hat gesagt, ‚sag doch meiner Schwester, sie soll mir helfen.’ Und da hat Christus gesagt, ‚Martha, Martha, du machst dir viel unnötige Mühe und Arbeit.’"

Panteleimon auf dem Gelände:

"Ja ich hatte dort natürlich meine Olivenbäume. Zum Schluss waren es an die dreitausend, die ich mit meinen Helfern zusammen bewirtschaftet hab. Und insofern kommt mir das hier entgegen, dass man wieder Land hat, wo man was anbauen kann, wenn’s auch andere Menschen machen. Aber man kann doch mitwirken, bei der Planung, und so ein bisschen kann man dann auch noch was machen, wenn man Lust dazu hat; mal ein paar Reben schneiden, oder noch vielleicht ein kleines Gärtchen anlegen. Das will ich erst sehen, wenn sie das Land bearbeiten. Das muss man jetzt erstmal tief pflügen, und dann, vielleicht lass ich mir ein kleines Gartenstück mit vorbereiten und fang nächstes Jahr ein bissel mit dem Gärt’ln an.

Der westliche Mensch ist vom Verstand her bestimmt und ist von der Leistung her bestimmt. Und man meint immer, man muss machen und man muss schaffen und man muss was bewegen, und da war schon ein Kampf bei mir auch, und den hab ich manchmal verloren."

Telefongespräch:

"Ja, ja, es war schön, aber anstrengend. Na ja, sie werden’s ja sehen wenn sie kommen, den Brunnen und die Kirche."

Klosterglocken:

"Das Kloster ist ja ne Insel, wo man Serbisch und Altslawisch spricht und singt, aber draußen wird Ungarisch gesprochen, außerhalb des Klosters, und das war mir ganz fremd. Aber das war keine neue Erfahrung. Als ich nach Griechenland kam, konnte ich ja auch kein Griechisch und konnte kein Serbisch und konnte keine Altslawisch. Wenn man in ein anderes Land kommt, das erste, was man braucht, ist Geduld und auch ein Stück Demut. Dass man einfach das annimmt, dass man nichts versteht."

Lehrerin:

"Also die Hausaufgabe war auch, ein bisschen über das Kloster nachzudenken, welche Zimmer es im Kloster gibt. Dass ein Gast ins Kloster kommt, und wenn es ein ungarischer Gast wäre, wie könnte man das Kloster dann schön vorstellen."
Panteleimon:

"Also die Wohnung praktisch. Wichtig, es geht darum, dass man sich verständlich machen kann, die Feinheiten, die heben wir uns für später auf."

Lehrerin:

"Ja, das ist für später. Es gibt einen Psalm, wo es heißt, dass Gott die Fremden liebt. Wenn man als Fremdling unterwegs ist, ist man von Gott geliebt. Und Gott schützt die Fremden. Das wird oft leider mal vergessen. Das ist ganz heilsam, wenn man da ab und zu mal drüber nachdenkt, was es heißt, fremd zu sein. Dann versteht man die Fremden, die zum Beispiel dann nach Deutschland kommen, die schaut man mit ganz anderen Augen an, wenn man selber schon mal fremd war."

Panteleimon singt:

"Selbst, wenn man allein im Gottesdienst ist, und das ist die meiste Zeit des Jahres, da bin ich doch allein, es sind also keine sichtbaren Wesen anwesend. Aber die Engel, die Heiligen, die sind immer da, und die singen mit und die lesen mit und die beten mit, und die helfen dazu, dass man also auch den Gottesdienst allein feiern kann.

Wenn man in der Nähe Gottes lebt, dann ist dies das wirkliche Leben. Hier auf der Erde sind wir Fremdlinge. Das ewige Leben ist das richtige Leben. Da, wo die ganzen unsere Vorgänger sind, die Heiligen, die Märtyrer, die Engel. Dort, dort ist die Heimat."
Kloster Graboc in Ungarn
Kloster Graboc in Ungarn© Deutschlandradio von Christian W. Find