Ein königlicher Spaß

Christina Puhlmann im Gespräch mit Jürgen König · 29.06.2009
Das Kartenspiel "Dominion" wurde zum Spiel des Jahres 2009 gewählt. Darin schlüpft man in die Rolle eines Monarchen, um sich ein Königreich aufzubauen. Wer die meisten Punkte sammelt, hat gewonnen. Der Reiz des Spiels liege laut Fachjournalistin Christina Puhlmann darin, dass man "sich wirklich wie ein kleiner König fühlt, weil man sich seine Karten selber zusammenstellt".
Jürgen König: Das Spiel des Jahres 2009 wurde heute von einer Jury unabhängiger Spieletester gekürt, Sie haben es gehört: "Dominion", von einem Spielerfinder namens Donald X Vaccarino. Im Studio die Fachjournalistin Christina Puhlmann. Ich grüße Sie!

Christina Puhlmann: Guten Tag!

König: Wer ist Donald X Vaccarino?

Puhlmann: Ja, also ganz offiziell soll das ein amerikanischer Spieleautor sein, der zwei Kinder hat und 69 geboren wurde und so weiter, aber man weiß es nicht so genau. In der Spieleszene munkelt man, der ist erfunden, den gibt’s gar nicht wirklich. Und dahinter soll sich angeblich – aber keiner weiß es genau – ein Herr mit Namen Jay Tummelson verbergen. Das wiederum ist ein Verleger des Verlags "Rio Grande Games", auch in den USA ansässig, und der verdient sein Geld sehr erfolgreich damit, dass er deutsche, deutsch gemachte Gesellschaftsspiele, German Board Games, sehr erfolgreich in den USA verkauft. Das ist eine richtige Qualitätsmarke.

König: Aber er könnte doch unter eigenem Namen auch selber als Spieleerfinder auftreten?

Puhlmann: Spieleautoren und Spieleverleger sind nicht immer Menschen, die genauso ticken wie normale Leute, das sind kreative Menschen, und da sind dann auch manchmal welche dabei, die ein Pseudonym vielleicht vorziehen. Es ist ja nicht gesagt, dass es stimmt.

König: "Dominion", worum geht es da? Wer spielt und wie?

Puhlmann: "Dominion" ist insofern interessant, weil sich in der großen wunderschön illustrierten Schachtel 500 Karten verbergen. Es ist eigentlich ein Kartenspiel, so ein bisschen erinnernd an diese Sammelkartenspiele wie "Magic", "Pokemon" et cetera, wo man – das ist immer das gleiche Prinzip – sich ein Deck zusammenbaut, ein Deck, einen bestimmten Kartenstapel, der einem besondere Fähigkeiten verleiht. Also bei "Magic" bestimmte Zauberfähigkeiten, und bei "Dominion" geht es jetzt darum, ein Königreich zu bauen, ein besonders erfolgreiches Königreich. Jeder Spieler schlüpft in die Rolle eines Monarchen, der versucht, ein besonders schönes Dominian zu erstellen. Und dafür fängt er mit einfachen geldwerten Karten an und kann sich dann Zusatzkarten kaufen: Laboratorien, Mühlen et cetera. Man kann sich auch eigene Funktionen kaufen, also man hat dann Wissenschaftler, man hat vielleicht Handwerker, die man dazuholen kann, Richter. 500 Karten, 500 verschiedene Funktionen oder 300 verschiedene Funktionen. Sehr komplex, aber doch eigentlich ganz einfach.

König: Ein Königreich zu errichten, dazu braucht es auch eine Armee mit Soldaten, das ist auch ein Kampf um Macht. Das haben Sie jetzt gar nicht erwähnt?

Puhlmann: Es ist kein kriegerisches Spiel und es ist auch kein Spiel, wo man besonders in Interaktion mit den anderen tritt. Also man baut schon so für sich, aber es hat einen enormen Spielreiz. Man spielt es, man versteht es durch das Spielen relativ schnell, und wenn die erste Runde vorbei ist und einer der vier Monarchen nun siegreich mit vielen Punkten gewonnen hat, die er sich im Laufe des Spiels zusammenergattert hat, dann will man sofort wieder spielen. Und ich glaube, das war die besondere Faszination, die dazu geführt hat, dass die Jury überzeugt ist, das ist das neue Spiel des Jahres.

König: Das habe ich aber noch nicht genau verstanden. Was genau macht das so faszinierend? Und auch, was ich auch noch nicht verstanden habe, nach welchen Kriterien gewinnt man? Also wenn ich mir zum Beispiel ein besonders schönes, ein besonders - nehmen wir mal an - wissenschaftlich orientiertes Königreich ausbauen möchte, kann ich das und kann ich damit gewinnen, oder nach welchen Kriterien bemisst sich da der Erfolg?

Puhlmann: Das Gewinnkriterium sind Punkte, und die Punkte bekommt man für verschiedene Sachen, für sehr unterschiedliche Sachen auch: für Gebäude, für Funktionsträger, man kann sich teilweise Sachen auch erkaufen durch Geld. Also es gibt mehrere recht komplex erscheinende, aber wenn man es denn einmal gespielt hat, doch sich simpel aufklärende Mechanismen, die dazu führen, dass man am Ende, wenn die Spielrunde zu Ende ist, genau nachzählen kann, einer hat die meisten Punkte, das ist der Gewinner. Aber dann will man sofort Revanche. Und das, das haben nicht alle Spiele.

König: Jetzt noch das Faszinierende?

Puhlmann: Das Faszinierende ist, dass man immer sich wirklich wie ein kleiner König fühlt, weil man sich ja seine Karten selber zusammenstellt und hofft, dass man in genau dem richtigen Moment, wenn es im Spiel um etwas Besonderes geht, auch genau die Karte in seinem Deck, auf seiner Hand hat und sie dann auch ausspielen kann. Mal gelingt es, mal gelingt es nicht, wie in der echten Politik.

König: Also Spiel des Jahres 2009: "Dominion" von Donald Vaccarino. Das Kinderspiel des Jahres haben Sie vorhin im "Kakadu" schon vorgestellt. Jetzt haben wir noch eine Minute, stellen Sie es uns doch auch noch mal vor. Es ist "Das magische Labyrinth" von Dirk Baumann. Worum geht es da?

Puhlmann: Es geht um kleine Zauberer, die durch ein Labyrinth laufen und Gegenstände einsammeln sollen. Das Besondere an dem Spiel ist, dass es einen magnetischen Mechanismus hat. Unter den kleinen Figuren kleben Metallkugeln, und während man über das Spielfeld zieht, sind unterhalb, in einer unteren Ebene kleine Mauern aufgebaut. Und wenn ich da mit meiner Kugel rankomme, dann fällt die Kugel ab und ich muss noch mal von vorne anfangen. Das gibt ein nettes Geräusch, das ist haptisch, angenehm - und man muss sich im Kopf merken, wo ist der richtige Weg und wo sind die Mauern. Kann man ja nicht sehen, deswegen "magisches Labyrinth".

König: Dirk Baumann ist, glaube ich, ein Neuling auf dem Sektor?

Puhlmann: Dirk Baumann hat heute seinen absoluten Glückstag. Das war das erste Spiel, was er überhaupt einem Verlag angeboten hat, was dann verlegt wurde, und jetzt gleich dieser "Kinderspiel des Jahres"-Preis, tolle Sache.

König: Herzlichen Glückwunsch, Dirk Baumann, herzlichen Glückwunsch auch, wenn es Sie denn gibt, Mr. Vaccarino. Vielen Dank an Sie, an die Fachjournalistin Christina Puhlmann! Zum Spiel des Jahres 2009 wurde heute von einer Jury unabhängiger Spieletester gekürt: "Dominion" von Donald X Vaccarino, erschienen im Verlag Hans im Glück. Und als Kinderspiel des Jahres "Das magische Labyrinth", erfunden von Dirk Baumann, der damit sein Debüt gibt und gleich ein sehr erfolgreiches. "Das magische Labyrinth" ist erschienen im Verlag Schmidt-Spiele.