Ein Jahr Buzzfeed Deutschland

Optimiert für den schnellen Konsum

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BuzzFeed-Deutschland Chefredakteurin Juliane Leopold © picture alliance / dpa / Malte Christians
Von Vera Linß · 10.09.2015
"BuzzFeed" könnte man in etwa mit "Gerüchte-Futter" übersetzen - so heißt aber auch ein Medienportal. Das amerikanische Vorbild wurde 2006 gegründet. Heute vor einem Jahr ging BuzzFeed Deutschland mit dem ersten Artikel online.
"16 Schritte, wie Du dich auf die russische Invasion vorbereitest: Sei bereit, wenn Dein Land als Nächstes befreit wird."
Mit dieser satirischen Schlagzeile zur Ukraine-Krise ging BuzzFeed Deutschland am 10. September 2014 online. Darunter: Kurze Videos und Fotos aus den russischen Medien – ironisch kommentiert. Genau dafür steht BuzzFeed: Bunte Bilder, kurze Videos, grelle Überschriften, kurz: Spaß und Unterhaltung. Alles ist optimiert für den schnellen Konsum und dafür, die Inhalte per Klick weiterzuempfehlen. Chefredakteurin Juliane Leopold zur Philosophie der Seite.
"Wenn man unsere Seite ankuckt, wird man den Claim lesen: Alles, was Leute lieben zu teilen miteinander. Das ist die Basis dessen, was wir machen. Wir überlegen uns, wenn wir an ein Thema herangehen, wie können wir an das Thema so aufbereiten, dass Menschen es miteinander teilen wollen, miteinander besprechen wollen, weil es ne bestimmte Haltung trifft oder weil es sie in ihrem Alltag widerspiegelt."
Katzenbilder und Sprüche übers Lieblingseis
Mit drei Mitarbeitern hat Leopold begonnen, zwölf sollen es Ende 2015 sein. Bis zu 20 Geschichten veröffentlicht das Team täglich. Daneben wird aufbereitet, was im Netz kursiert. Katzenbilder, Fotos von Dreharbeiten zum Star Wars Film, Sprüche übers Lieblingseis.
Aber auch harte News präsentiert BuzzFeed inzwischen – vor allem auf dem englischsprachigen Markt. Dort macht die Website klassischen Nachrichtenanbietern Konkurrenz. Ex-Mitarbeiter des britischen Guardian etwa bauen seit Kurzem das Nachrichtengeschäft von BuzzFeed UK auf. Von diesen Dimensionen ist die deutsche Ausgabe aber noch weit entfernt. Juliane Leopold.
"Buzzfeed hat angefangen als reines Unterhaltungsportal und daraus entstanden dann irgendwann auch ein Nachrichtensegment und ein Verbrauchersegment. Aber es war ein sehr langer Weg über Jahre hinweg. Und ich wünsche mir, dass man uns diesen Weg auch zugesteht und uns zugesteht, unseren eigenen Weg zu finden. Ja, wir sind ein Unterhaltungsportal und das sorgt im Fachpublikum manchmal für Stirnrunzeln."
BuzzFeed punktet bei jungen Leuten
Aber nicht nur. Inzwischen gibt es in Deutschland einige Nachahmer. Die lockere, emotionale Ansprache von BuzzFeed punktet vor allem bei jungen Leuten, die sich mit ihrem Smartphone überwiegend in sozialen Netzwerken informieren. Diese Zielgruppe hätten die klassischen Zeitungshäuser auch gern. Seit Juli experimentiert die Zeit mit ihrem Jugendportal ze:tt. Auch der Springerverlag baut sich ein eigenes BuzzFeed.
Dennoch ist in der Branche die Skepsis groß angesichts dieses Häppchen-Journalismus. Und sogar im Netz wird die Sorge laut, dass anspruchsvolle Inhalte durch die BuzzFeed-Strategie verdrängt werden könnten. Der Blogger René Walter kritisiert:
"Das sind Inhalte, die über die Headline für den Click optimiert werden. Und das führt natürlich dazu, dass das sich andere Leute abkucken und das wird kopiert und dann werden eben nur noch die Inhalte geshared, die am populärsten sind. Und nicht mehr die am besten sind."
Auch Reportagen kommen auf die Seite
Juliane Leopold von BuzzFeed Deutschland ärgert diese Kritik. Ihr Team arbeite nach journalistischen Standards, sagt sie, und bringe auch Themen, die politisch wichtig seien – selbst wenn das mal nicht klickt. In der aktuellen Flüchtlingskrise lieferte das Portal wichtige Fakten unter dem Titel "15 Antworten, mit denen Du Vorurteile gegen Flüchtlinge entkräften kannst". Auch Reportagen kommen auf die Seite.
"Wir haben 'ne große Geschichte gemacht vom Lageso in Berlin. Da ist ne Kollegin hingefahren und hat Flüchtlinge portraitiert. Und hat auch die Situation vor Ort dokumentiert. Aber eben auf ne BuzzFeed-Art. Es ist kein klassisches dpa-Stück geworden. Sondern es geht sehr auf Empathie, auf Mitfühlen und es will Gesichter zeigen, will Menschen zeigen."
Ob das werbefinanzierte BuzzFeed die Zukunft des Journalismus darstellt, das ist für Leopold zweitrangig. Was für sie zählt, ist, dass immer mehr User auf die Seite gehen. Konkrete Zahlen will sie aber nicht nennen.
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