"Ein ganz trauriges Armutszeugnis für die Menschheit"

12.01.2011
Der Ernährungswissenschaftler und emeritierte Professor der Universität Gießen, Claus Leitzmann, hat die Massentierhaltung in Deutschland und in der EU kritisiert und die Umlenkung der gewaltigen EU-Agrarsubventionen in die Biobranche gefordert.
"Insgesamt ist das ein ganz trauriges Armutszeugnis für die Menschheit", sagte Leitzmann zu der Art und Weise, wie derzeit in Deutschland und Europa Lebensmittel produziert werden. Gemeinsam mit 300 anderen Professoren hat er daher einen Appell gegen die Massentierhaltung unterzeichnet.

Besonders klagte Leitzmann die konventionelle Landwirtschaft an. Auch Bio-Bauern hätten 500, 1000 oder 2000 Tiere - "die kann man immer noch artgerecht halten", so Leitzmann. "Aber was wir heute erleben mit 20.000. 40.000 oder 50.000 Tieren in einem Gehege, das kann nicht gut gehen."

Die Tiere würden unter Bedingungen gezüchtet, "die uns als Menschen, wenn wir etwas ethischen Verstand haben, einfach zuwider sein müssen", sagte der Ernährungswissenschaftler. Gleichzeitig würden solche Massenbetriebe aber etwa 80 Prozent der EU-Subventionen erhalten - was wiederum fast 50 Prozent des gesamtes EU-Etats ausmache.

Leitzmann appelliert an die die Politik, diese Gelder vernünftiger einzusetzen und in eine "sozial-ökologische Landwirtschaft" fließen zu lassen.

Er betonte dabei, dass es sehr wohl möglich sei, ein 80-Millionen-Volk mit einer ökologischen Lebensmittelproduktion zu ernähren, wenngleich dann "deutlich weniger Fleisch" gegessen werden dürfe. "Es geht dann nicht, dass jeder Mensch drei Mal am Tag Fleisch isst" - morgens Schinken, mittags das Kotelett und abends wieder Wurst. Das sei aber nicht nur ökologisch sinnvoll, sondern für bewegungsarme Menschen auch gesünder.

Schrittweise solle die Politik diese Entwicklung unterstützen. So habe man in Skandinavien bereits "gesunderhaltende, schonende Lebensmittel im Preis reduziert und andere dafür mit zusätzlichen Steuern belegt. Und siehe da, die Leute können über das Portemonnaie zu einer besseren, vernünftigeren Ernährung befähigt werden", sagte der Wissenschaftler.


Das vollständige Gespräch mit Claus Leitzmann können Sie bis zum 12.6.2011 als
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