"Ein ganz anderes Bild der arabischen Welt"

Marcel Schwierin im Gespräch mit Andrea Gerk · 02.07.2012
Unter dem Titel "Arab Shorts" schicken das Goethe-Institut und der Arsenal-Filmverleih arabische Kurzfilme auf Deutschland-Tournee. Der künstlerische Leiter Marcel Schwierin erklärt, wie die Streifen mit alten Islam-Klischees aufräumen.
Andrea Gerk: Freie Filmkunst war bis vor Kurzem in der arabischen Welt eher die Ausnahme. Nach den Kolonialherren bestimmten Autokraten, was Filmemacher zu interessieren hatte. Erst mit der digitalen Technik wurden unabhängige Produktionen möglich, besonders in eher unaufwendigen Formaten wie dem Kurzfilm. Diesem Genre hat das Goethe-Institut in Kairo vor drei Jahren zum ersten Mal ein Festival gewidmet, unter dem Titel "Arab Shorts" waren seither 139 Kurzfilme zu sehen. Fast die Hälfte davon gehen jetzt auf Deutschlandtournee in einer Koproduktion zwischen dem Goethe-Institut und dem Arsenal-Filmverleih.

Was davon in Berlin, wo heute die Eröffnung stattfindet, über Halle, Leipzig, Hamburg bis München zu sehen ist, das weiß Marcel Schwierin. Er hat das Festival als künstlerischer Leiter seit 2009 für das Goethe-Institut in Kairo betreut und ist jetzt bei uns im Studio, guten Abend, Herr Schwierin.

Marcel Schwierin: Guten Abend.

Gerk:: Wenn ich heute Abend ins Kino Arsenal gehen würde - was mir dann diese Kurzfilme über die arabische Welt, was ich so in den täglichen Nachrichten nicht bekomme oder was die viel zu kurz kommt?

Schwierin: Erstmal zeigen sie ein viel differenzierteres Bild. Wir haben ja im Westen doch ein sehr einfaches Bild der arabischen Welt. Früher war das sehr stark durch den Orientalismus geprägt, ganz besonders durch Lawrence von Arabien zum Beispiel, und später dann zum Beispiel durch das Bild des Terroristen oder des wütenden, jungen, aggressiven Muslims. Und der Gegenpart dazu war die Frau in Burka, die verschleierte Frau. Und wir sehen hier ein ganz anderes Bild der arabischen Welt, ein viel differenzierteres Bild, ein sehr selbstkritisches Bild (…).
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