Ebola

Sinnbild der tödlichen Krankheit

Von Kim Kindermann · 09.12.2014
1994 erschien "Hot Zone", ein Tatsachen-Thriller über das Ebola-Virus. Darin warnte Richard Preston davor, es könnte zu einer Ebola-Seuche kommen. 20 Jahre später hat ihn die Realität eingeholt.
"Das Schrecklichste, was ich je gelesen habe", sagt Stephan King über "Hot Zone", und er hat Recht. Die seitenlangen grauenvollen Beschreibungen über die Auswirkungen einer Ebola-Infektion auf den menschlichen Körper sind kaum auszuhalten. Denn das Ebola-Zaire-Virus etwa macht "aus dem ganzen Körper einen aufgelösten Schleim", "die Haut verwandelt sich in ein Meer aus winzigen weißen und roten Blasen und bekommt Risse, aus denen Blut tropft".
Tatsächlich holt Richard Preston den Schrecken von Ebola aus dem vermeintlich fernen Afrika, wo Ebola bislang immer seinen Ausbruch nahm, in die heimischen Wohnzimmer. Ebola liegt auf der Lauer – und ist vielleicht morgen auch schon hier, so die Botschaft dieses solide recherchierten Sachbuchs. Ein schauriger Gedanke, und doch hat dieses Buch auch jetzt, 20 Jahre nach seinem ersten Erscheinen, genau deshalb an Brisanz nichts verloren.
Preston erzählt detailreich, welchen Weg die bisher vier bekannten Ebola-Varianten und das eng mit ihm verwandte Marburg-Virus in der Zeit zwischen 1967 und 1993 genommen haben. Er nimmt seine Leser mit an die historisch verbürgten Stätten, erzählt von den mitunter beängstigenden hygienischen Bedingungen in Afrika, wo eine Spritze mit fünf Kanülen für alle Patienten eines Tages reichen muss. Er verfolgt die mitunter gefährliche Arbeit der Virologen und macht die Krankheit, indem er ihre Opfer namentlich nennt, immer wieder real mitfühlbar. Das Buch endet schließlich in einem Affenhaus nahe Washington.
Anders als bei den bisherigen dokumentierten etwa zwei Dutzend kleineren Ausbrüchen in verschiedenen ländlichen Orten Afrikas, wo die Übertragung immer über den direkten Kontakt mit Körperflüssigkeit stattfand, erkrankten die Affen, weil das Virus so mutiert war, dass es sich durch die Luft weiterverbreiteten konnte. Eine Horrorvision, die schließlich auch das US-Militär auf den Plan rief.
Heimtückisch, blutig und interessant
Auch wenn sich diese Virusvariante später als für Menschen ungefährlich erwies, ist Ebola spätestens seitdem zum Sinnbild der tödlichen Krankheit schlechthin geworden. Denn Ebola ist durch seine mitunter geheimnisvolle Genese, durch seine unberechenbaren Ausbrüche und seinen blutigen Verlauf besonders heimtückisch – und ist wohl auch deshalb so interessant.
Preston selbst gibt all dem noch eine eigene Dynamik: Beim Lesen bekommt man schnell den Eindruck, bei allem direkt dabei zu sein. Dadurch entsteht eine für ein Sachbuch ungewöhnliche Nähe. Das hat seinen Reiz – auch wenn es mitunter sensationsheischend wirkt. Wohl deshalb schaffte es die amerikanische Ausgabe von "Hot Zone" nach dem jüngsten Ebola-Ausbruch Anfang dieses Jahres gleich wieder auf die Bestsellerlisten. Grund genug auch für den Verlag, die vergriffene deutsche Ausgabe jetzt wieder neu aufzulegen.
Gut so, denn Prestons Buch ist auch aus einem anderen Grund wichtig: Es macht klar, dass durch die menschgemachte Vernichtung tropischer Lebensräume es exotische Viren immer wieder schaffen werden, vom Tier auf den Menschen überzuspringen.

Richard Preston: Hot Zone. Ebola, das tödliche Virus. Der Tatsachen-Thriller
Deutsch von Sebastian Vogel
Knaur, München 2014
367 Seiten, 9,99 Euro

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