Hip auf zwei Rädern

E-Bike-Boom in Tel Aviv

E-Bikerin vor einem Geschäft in Tel Aviv.
In Tel Aviv bestimmen Elektrofahrräder das Stadtbild. © picture alliance / dpa / Sara Lemel
Von Jakob Mayr · 25.08.2016
Tel Aviv erlebt einen Boom: Das Stadtbild ist von E-Bikes geprägt. Man steht nicht im Stau, kommt schnell durch die Stadt, das E-Bike und bei der Hitze weniger anstrengend als ein normales Fahrrad.
Morgens mitten in Tel Aviv: Autos schleichen, Radler fahren – ohne zu treten, elektrogetrieben – so wie dieser junge Mann mit dem grünen Helm:
"Jetzt komme ich von Ramat Gan im Norden in 20 Minuten nach Tel Aviv – es ist schnell, praktisch und bequem."
In 20 Minuten vom Norden in die Stadtmitte, schnell, praktisch und bequem. Tausende E-Bikerinnen und E-Biker sind in Tel Aviv unterwegs – auf Straßen und Gehwegen. Sie prägen das Stadtbild und sie kommen vorwärts: Besser, leichter, zeitsparender.
"Es ist besser, leichter und spart Zeit."
Viele fahren mit dem Elektrofahrrad zur Arbeit – sogar im dunklen Businesskleid.
"Ich komm schneller zur Arbeit."
In einer Stadt, die noch keine U-Bahn hat, nur Busse, die auch im Stau stehen, wo es morgens schon über 30 Grad hat, ist das E-Bike das komfortable Verkehrsmittel der Wahl…
"… weil es weniger anstrengend ist bei 36 Grad in Tel Aviv ist das eine schöne Sache."
"Es ist bequem und es ist sehr heiß in Israel, so kommt man gut zur Arbeit."

Vor allem Klappräder unterwegs

Das typische Tel Aviver E-Bike ist schwarz oder rot und hat kleine Reifen, sieht aus wie ein Klapprad, aber eben mit dem Akku an der Stange über den Pedalen.
Mit dem Rad kommst du überall hin, sagt diese Frau, die ihr Fahrrad vor der Behörde parkt. Außerdem ist es umweltverträglicher als Autofahren und – für die meisten wichtiger – billiger. Ein Mann in weißem Hemd und dunkler Hose – unterwegs zur Arbeit.
"Ich hab das Auto zuhause, aber Parkgebühren sind hoch und Benzin ist teuer in Tel Aviv."
Parken und Tanken sind teuer – er lässt das Auto stehen. So wie viele. Die Folge: 2010 gab es gut tausend, heute gibt es gut 200-tausend E-Bikes in Israel. Aber kaum Regeln:
"Niemand hatte das vorausgesehen oder vorgedacht. Ein E-Bike muss in Israel nicht zugelassen sein, hat keinen TÜV und muss noch nicht mal versichert sein",
sagt der Verkehrspsychologe Michael Cané. Auch eine Helmpflicht gibt es nicht.
"Ja es ist richtig gefährlich, ich muss mir einen Helm besorgen, aber die anderen haben ja auch keinen."

Polizisten schauen weg

Ich muss mir einen Helm besorgen, sagt sie, aber die anderen fahren ja auch ohne. Nicht alle – einer trägt sogar Knieschützer – nachdem er sich neulich ein Bein gebrochen hat.
"Mann mit schwarzem Helm ich hab mir das Bein gebrochen, deshalb trage ich die."
"Die Zahlen, die ich habe, gehen davon aus, dass es im letzten Jahr fast 500 Unfälle mit Verletzungen gab und vier Menschen umgekommen sind",
… sagt Verkehrspsychologe Cané. Manche E-Biker lieben die Gefahr:
"Dann haben wir relativ viele vor allem junge Fahrer, die wie verrückt einfach auf den Bürgersteigen fahren und dabei noch Facebook abchecken. Wenn man die Verletzten ansieht, ist das Verhältnis der jungen Fahrer im Anstieg."
Meir Levy hat einen von Hunderten E-Bike-Shops in Tel Aviv. Er findet nicht, dass E-Biker rücksichtsloser sind als Autofahrer – einige von denen fahren doch auch bei Rot.
"Das sind doch nur wenige und manche Autofahrer fahren doch auch bei Rot über die Kreuzung."

Regeln interessieren nicht mal die Polizei

Und seit einem halben Jahr gibt es erste Regeln: Mindestalter 16 und eine Höchstgeschwindigkeit.
"Sie darf 25 Stundenkilometer nicht überschreiten. Schneller geht nur, wenn man manipuliert. Einige Läden machen das – wir nicht."
Das Problem: Diese Regeln interessieren nicht mal die Polizei. Ein junger E-Biker an der Ampel.
"Ich merke es doch, wenn ich auf dem Gehweg fahre. Die Polizisten tun nichts."
… und der junge E-Biker ist überzeugt: Der E-Bike-Trend in Tel Aviv wird noch stärker werden. Aus einem ganz einfachen Grund:
"Cool? Yes it is cool!"
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