Drohnen in der Landwirtschaft

Schädlingsbekämpfung aus der Luft

Multikopter bei der Bekämpfung des Maisschädlings Maiszünsler in Rensfeld, Baden-Württemberg
Multikopter bei der Bekämpfung des Maisschädlings Maiszünsler in Rensfeld, Baden-Württemberg © picture alliance / dpa
Von Thielko Grieß · 22.07.2014
Der Maiszündler legt seine Eier an der Blattunterseite der Maispflanzen ab und schädigt sie. Was hilft gegen diese Plage? Schlupfwespen. Ein Oktokopter, ein unbemanntes Fluggerät, verteilt deren Eier auf den Feldern.
"Vorsicht einmal, zurück, auf Sicherheitsabstand gehen."
Ein Trecker ist nicht zu sehen. Diesmal soll es eine Drohne richten. Acht kleine Rotoren drehen sich immer schneller, bis das Fluggerät mit einem Durchmesser von etwa einem Meter abhebt und über das Maisfeld fliegt. Eduard Schönhalz, Ingenieur beim Bielefelder Unternehmen ‚Height Tech‘ steht mit einer Fernbedienung am Rande des Maisfeldes. Es sieht aus, als ob es sein Hobby wäre, Modellflugzeuge in die Luft steigen zu lassen. Aber in Wirklichkeit geht es um Schädlingsbekämpfung.
"Ja, weiter würde ich nicht wegfliegen, 250 Meter ist schon ein Stück. – Ja, reicht ja auch."
Mit wenigen Hebeln auf seiner Fernbedienung steuert er das Fluggerät über das Maisfeld.
"Wir richten uns nach der Telemetrie. Hier ist die Anzeige der Entfernung, die Höhe und die Kompassausrichtung, dadurch kann ich sehen, wo sich der Kopter befindet, in welche Richtung er ausgerichtet ist, wie schnell ich fliege und wo ich die einzelnen Trichogramme platzieren kann."
Um diese Trichogramme geht es: Das sind weiße, filzartige Kugeln von zwei Zentimetern Durchmesser, in denen hunderte Eier mit Larven von Schlupfwespen verborgen sind. Ungefähr 400 solcher Kugeln transportiert die Drohne in einem Behälter.
"Da kommt eine. Sehen Sie es? Jetzt die nächste. Kommt wieder eine…"
Sobald Eduard Schönhalz einen anderen Hebel an seiner Fernbedienung bewegt, schießt das Gerät je eine Kugel nach links und eine nach rechts.
"Das sind jetzt 200 Meter."

Auch auf diese Entfernung ist die Drohne mit ihrer grellen orangen Lackierung gut zu erkennen. Eduard Schönhalz steuert die Drohne zwanzig Meter nach links.
"Jetzt versetz‘ ich den und komme zurück."
Ganz regelmäßig, alle zehn Meter, fallen Schlupfwespen-Kugeln auf das Maisfeld.
Das Piepen kündigt an: Demnächst ist der Akku leergeflogen. Die Drohne ist seit fast vier Minuten in der Luft.
Eduard Schönhalz landet die Drohne auf ebenem Untergrund am Rande des Felds. Er ist Ingenieur hat den etwa vier Kilogramm leichten Oktokopter mit seinen acht Rotoren konzipiert und testet ihn hier im Feldversuch. Nur ‚Drohne‘, dieser Begriff kommt ihm nicht über die Lippen, denn der klinge zu sehr nach Militär, Krieg und Afghanistan.
"Wir nennen es einfach einfach Kopter oder auch einen Flugroboter, weil es mit militärischem Einsatz überhaupt nichts zu tun hat. Wir wollen auch in diesen Bereich auch gar nicht gehen. Von daher wollen wir es auch vom Begriff her trennen."
Während Schönhalz den Akku austauscht, befüllt Andreas Tigges den Transportbehälter der Drohne mit neuen Schlupfwespenkugeln. Für den nächsten Flug.
Dann fliegt der Oktokopter wieder neue Bahnen fliegt wirft Schlupfwespen ab. Währendessen arbeitet sich Andreas Tigges, der das Maisfeld bewirtschaftet, zu Fuß durch die Pflanzen, die den schlanken Landwirt schon deutlich überragen.
Denn vielleicht ist er ja schon da, der Maiszünsler – der Schädling, der hier auf biologische Art und Weise bekämpft werden soll.
"Ne Mottenart, der Maiszünsler. Der fliegt den Mais an, der legt seine Eier auf die Blätter ab. Und die Larven, die fressen sich dann in die Stängel rein, und dann werden die Stängel von innen hohl. Kurz vor der Ernte knickt die Pflanze ab. Und dann ist die Ernte weg."
In Süddeutschland schon länger ein gefürchteter Schädling, zerstört er mancherorts die Hälfte der Ernte. Inzwischen befällt der Zünsler aber auch Felder in Westfalen. Der Grund: Auch hier bauen die Landwirte mehr Mais an um zum Beispiel Biogasanlagen zu betreiben, für Futter und zu Herstellung für Bio-Sprit.
Andreas Tigges schaut unter viele Blätter, aber der Maiszünsler ist nicht zu sehen. Noch nicht! Denn nicht weit von hier, bei Münster, haben Kollegen ihn schon gesichtet. Und natürlich könnten sie hier, wie früher auch, Pestizide spritzen. Aber: Der Mais ist schon zu hoch gewachsen.
"Jetzt ist es eigentlich schon zu schade zum Durchfahren. Da fährt man mehr kaputt als man gut macht."
Deshalb der Versuch mit Hilfe von Schlupfwespen, dem natürlichen Feind des Maiszünslers, aus der Luft beizukommen.
"Die setzen sich dann auf die Eier des Maiszünslers und parasitieren die. Dann schlüpfen da nachher keine Maiszünsler raus, sondern wiederum Schlupfwespen. Es gibt jetzt noch einen Flug hinten am Weg lang. Da verteilen wir noch ein paar. Und dann war’s das für heute. Als Abschluss."
Eduard Schönhalz und Andreas Tigges schaffen 32 Hektar an diesem Tag – schneller als es mit einem Trecker möglich wäre. Nach dem Test-Tag ist aber auch klar, was noch besser werden muss:
"Ja, beim nächsten Gerät kommt noch eine Kamera dabei. - Ich sag, die Akkus müssten noch ein bisschen mehr hergeben, dass du eine Viertelstunde oben bleiben kannst oder eine halbe am besten."
Und irgendwann soll der Oktokopter automatisch die Felder abfliegen können, ganz ohne Piloten? Daran basteln die Techniker. Ob die abgeworfenen Schlupfwespen den Maiszünsler in diesem Jahr im Zaum gehalten haben, das werden Andreas Tigges, der Landwirt, und Eduard Schönhalz, der Ingenieur, im September wissen. Dann wird geerntet.