Dorota Maslowska: "Liebling, ich habe die Katzen getötet"

Pop-Weltschmerz in sprachlicher Höchstform

Dorota Maslowska
Die polnische Schriftstellerin Dorota Maslowska auf der Prager Buchmesse 2010. © imago/CTK Photo
Von Katharina Döbler · 30.12.2015
Böses kleines Wunderwerk mit ätzender Gesellschaftskritik: Im neuen Roman "Liebling, ich habe die Katzen getötet" von Dorota Maslowska versucht eine New Yorker Neurotikerin, ihr Leben zwischen Shopping, Yoga und Arbeit zu bewältigen - mit Fragen wie "Bin ich eine sexy Yogini?".
Die Neurotikerin als Hauptfigur macht unübersehbar Karriere: Waren in den Romanen des 19. Jahrhunderts verrückte Frauen ein Fall für die Dachkammer, traten sie in denen des späteren 20. Jahrhundert bereits als fehldiagnostizierte Hochbegabte auf.

Inzwischen ist die Emanzipation weiblichen Ausnahmeverhaltens dergestalt fortgeschritten, dass Protagonistinnen mit zwanghaftem Verhalten, speziellen sexuellen Vorlieben, Neurosen und wahnhaften Zügen eine Vielzahl höchst erfolgreicher Bücher bevölkern. Miranda July, Charlotte Roche, Virginie Despentes und viele andere haben weibliche Abweichung zu einer erstaunlich leichthändigen Kunstform erhoben. Aber die Meisterin dieses Faches ist zweifellos die Polin Dorota Maslowska.
Das kann nur in Geblödel enden
In ihrem neuesten Roman führt sie uns eine New Yorker Spinnerin vor, die einsam und sehnsüchtig und voller Angst vor Bakterien in der New Yorker Freizeit-Boheme eine Art Normalität zu finden hofft. Natürlich ist die Szene bevölkert von Spinnern aller Art. Oder, wie es Maslowska ausdrückt: Wenn man sein einziges, unwiederholbares, gnadenlos verrinnendes Leben die ganze Woche zu Geld macht, kann das nur in Geblödel enden, in dem tierischen Schrei: "Ich habe das Recht auf ein bisschen Freiheit!"
Shopping, Wellness, Yoga
Normalität, das sind Shopping, Wellness, Yoga und Arbeit in einer Agentur, die vermutlich genau solches Zeug propagiert. Dabei ist Fah treue Leserin einer Zeitschrift, die gesunde Spiritualität propagiert. Yoga Life stellt die entscheidenden Fragen: "Bin ich eine sexy Yogini?" oder auch: "Welche Matte passt zu mir?"

Ätzende Gesellschaftskritik kennt man von Dorota Maslowska, die sich mit ihrem sarkastischen Blick auf die polnische Subkultur eine weltweite Leserschaft erobert hat. Hier ist ihr in ihrer unnachahmlich schnoddrig-schillernden Diktion wieder ein ganz und gar originelles, böses kleines Wunderwerk gelungen: Pop-Weltschmerz in sprachlicher Höchstform.

Dorota Maslowska: "Liebling, ich habe die Katzen getötet"
Aus dem Polnischen von Olaf Kühl
Kiepenheuer & Witsch, Köln 2015
168 Seiten, 17,99 Euro