"Disney in Concert" in Berlin

Filmmusik als Live-Event

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© Deutschlandradio / Philipp Quiring
Von Philipp Quiring · 05.07.2016
Mit großem Orchester, Dirigent und Gesangssolisten präsentiert die Reihe "Disney in Concert" Musik aus Disney-Filmklassikern. Philipp Quiring war beim Auftritt David Newmans mit dem Deutschen Sinfonieorchester in der Berliner Waldbühne dabei.
Von oben betrachtet erinnert die Waldbühne an ein Amphitheater aus dem alten Rom. Zylinderförmig führen die Treppen abwärts zur Bühne, auf der das Deutsche Sinfonieorchester Berlin spielt. Umgeben von drei großen Monitoren, auf denen Dirigent David Newman in Nahaufnahme zu sehen ist ebenso wie Filmausschnitte der alten Disney-Klassiker.
"Ich habe die meisten von ihnen gesehen. Ich sah eine Menge von ihnen mit meinen Kindern. Das ist schon eine Weile her. Es war besonders lustig Hercules zu spielen, weil es alles Gospel-Musik ist. So eine Art von Konzert macht unglaublich viel Spaß. Wir spielen Gospel und Broadway Music und viel aus dem Pop-Bereich."
David Newman ist durch die Vertonungen von Streifen wie "102 Dalmatiner", "Scooby-Doo" oder "Ice Age" ein gefragter Hollywood-Komponist. Für die Musik zu dem Zeichentrickfilm "Anastasia" wurde er für den Oscar nominiert. Als studierter Dirigent schließt er sich seit einigen Jahren dem Trend an, Filmmusiken nicht nur in den Kinosälen, sondern auch auf der Konzertbühne zu spielen.

Batman ohne Bilder

Ein Trend, der sich von den Hollywood-Orchestern und seinen Filmstudios ausgehend zunehmend auch in Europa bemerkbar macht. So spielte vor kurzem der deutsche Starkomponist Hans Zimmer seine Musiken wie etwa "Batman - The Dark Knight" mit dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks. Mit Lichtshow, dafür ohne Filmausschnitte, musste der Zuschauer eigenständig visuelle Assoziationen finden.
Bei Newman und dem DSO sprechen die Bilder hingegen eine deutliche Sprache. Solisten wie der erste DSDS-Gewinner Alexander Klaws singen unverkleidet. Lediglich die Damen des Abends tragen eine Garderobe, die farblich angelehnt ist, an den zu vertonenden Disney-Charakter. In hellem Meer-Blau singt Lucy Scherer von Sehnsüchten - von Arielle der Meerjungfrau.
Arielle, die Meerjungfrau, verliebt in den Mensch Eric, wünscht sich nichts sehnlicher, als ein Mensch zu sein. Während sich ihr Wunsch später erfüllen wird, kommt es immer wieder zu gesanglichen Einlagen Arielles. Vom ersten Auftritt an wird ihr ein Leitmotiv zugeordnet, mit dem die emotionale Entwicklung der Figur angelegt und begleitet wird. Zudem führt ihr Gesang dazu, dass sich Eric in sie verliebt, ohne sie bisher gesehen zu haben.

Disneys Versuche mit klassischer Musik gingen schief

Neben der Leitmotivtechnik wird für den Film aus dem Jahre 1989 auf das musikalische Genre des Musicals zurückgegriffen. Eine musikalische Orientierung, die sich bereits in der Frühzeit der Disney-Filmmusik findet – in der ersten Produktion in Spielfilmlänge aus dem Jahre 1937 "Schneewittchen und die sieben Zwerge".
Sollte die Musik zu Zeiten des Stummfilmes in erster Linie mit den ausgestrahlten Bildern verschmelzen, den Bewegungsrhythmus der dargestellten Figuren akzentuieren, wurde sie zunehmend eigenständiger - als gleichberechtigt zu den Bildern angesehen und behandelt. Um den Kinogänger in seiner Wahrnehmung auditiv und visuell nicht zu überreizen, erfolgte der Einsatz "starker Bilder" und ausdrucksvoller Musik wechselseitig.
(Zitat – Walt Disney:) "Der Ton ist nicht lediglich ein Anhängsel des Films, sondern entfaltet eine Dynamik, die das ganze Medium verändert. Er sorgt dafür, dass die Sache funktioniert..."
...merkte Walt Disney an. Sein Versuch, 1940 kKlassische Musik mit Zeichentrick zu kombinieren, um sich dadurch von den Konkurrenten Warner Brothers, MGM, Fox und Columbia abzuheben, scheiterte. Das Experiment, die Musik für den Film "Fantasia", stieß auf wenig Wohlwollen seitens der Kinogänger. Mit "Dumbo" und "Bambi" wurde dann zu Anfang der 40er-Jahre wieder ein erfolgreicher Weg eingeschlagen, bei dem innerhalb der Filmmusik zunehmend einzelne Songs Bedeutung erlangten, die Musical-Renaissance Einzug erhielt. Erschien bereits 1937 der Soundtrack zu "Schneewittchen und die sieben Zwerge" als LP, als erster Filmsoundtrack überhaupt, geriet bei der Produktion der Filmmusik zunehmend auch der wirtschaftliche Aspekt in den Fokus.

Bratwurst und Bier für Mickey-Mäuse

Ab ungefähr 1990 werden Popstars hinzugezogen. Elton John kreiert mit Hans Zimmer die Musik zu "Der König der Löwen". Für "Hercules" singt die Boygroup Boyzone.
Mit vermehrt computeranimierten Produktionen ab den 2000er-Jahren kommen die Filme häufig mit weniger Musik aus. Auf Songs wird etwa 2004 in "Die Unglaublichen" komplett verzichtet. Für das Konzert in der Waldbühne kann dies egal sein, greift David Newman ohnehin vermehrt auf die musiklastigen Klassiker zurück, über den kleinen Monitor neben dem Dirigentenpult die Bilder stets im Blick.
"Ich glaube daran, dass wenn man synchronisiert, erstmal die Musik 'in time' sein muss. Nun, wahrscheinlich ist die Musik in einem reinen Konzert noch wichtiger. Aber ich habe irgendwie kein gutes Gefühl dabei, wenn ich nicht synchron bin. Ich möchte synchron zu den Bildern sein und ich möchte Musik machen! Wenn ich diese beiden Aspekte nicht erfülle, dann ist es für mich nicht erfolgreich."
Die rund 11.000 Besucher wissen Newmans Einsatz zu schätzen. In entspannter Atmosphäre bei gutem Wetter holen sich verkleidete Mickey-Mäuse und Goofys Bratwürste und Getränke. Ein Event mit hohem musikalischen Niveau und vielen strahlenden Gesichtern, bei dem die Kindheitserinnerungen und die Herzen verschiedener Generationen angesprochen werden.
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