Diskussion über Legalisierung

Kolumbien sucht neue Wege in der Drogenpolitik

Polizist beim Kampf gegen illegalen Cocaanbau in San Miguel in Kolumbien
Polizist beim Kampf gegen illegalen Cocaanbau in San Miguel in Kolumbien © dpa / picture alliance / Mauricio Duenas
Von Burkhard Birke · 26.06.2015
Darf man in Kolumbien bald straffrei Marihuana und Kokain konsumieren? Nach vier Jahrzehnten Drogenkrieg wirbt das Land für ein Umdenken. Justizminister Yesid Reyes plädiert für eine weltweite Entkriminalisierung jedweden Drogenkonsums.
Dieser Krieg ist längst verloren. Weltweit gingen Coca-Anbau und Konsum laut UN-Drogenbericht zurück. In Kolumbien indes nahmen Anbaufläche, Konsum und Produktion zu. Mehr als 300 der circa 800 Tonnen jährlich produzierten Kokains stammen aus dem Andenland.
"Die Pflanzungen sind relativ jung und somit ertragreicher", erklärt Justizminister Yesid Reyes die Entwicklung. "Auch die Anbaufläche hat zugenommen und die Menge an hergestelltem Kokain."
Jahrelang verbrannten, besprühten kolumbianische Sicherheitskräfte Kokaplantagen, sprengten Labore in die Luft, nur damit an noch entlegeneren Stellen in schwer zugänglichen Regionen neue aus dem Boden sprossen. Ein Kampf wie gegen eine Hydra. Nach 40 Jahren Krieg gegen Drogen plädiert Kolumbien deshalb für ein grundsätzliches Umdenken.
"Das Gefängnis heilt die Drogenabhängigen nicht! Es ist viel vernünftiger, den Drogenkonsum zu entkriminalisieren und das Problem als eines der öffentlichen Gesundheit zu behandeln. Strafrechtlich sollten und müssen allerdings die großen kriminellen Banden verfolgt werden."
Die agieren noch immer in Kolumbien, obwohl sich der Drogenhandel atomisiert, Zyniker sagen sozialisiert hat: Viele kleinere Gruppen mischen mit, die großen Kartelle indes liefern sich ihre blutigen Kämpfe in Mexiko und Zentralamerika.
Die Topographie, aber auch Armut und Korruption lassen den Kampf gegen Drogen in Kolumbien aussichtslos erscheinen: Mit einer neuen Strategie alternativer Entwicklung und der generellen Entkriminalisierung des Konsums weltweit bei gleichzeitiger Strafverfolgung der großen Dealer existiert jedoch ein Fünkchen neue Hoffnung.
Statt für die Drogenbarone oder die Guerilla Koka anzupflanzen, werden Kleinbauern angehalten, Kakao, Pfeffer, Kaffee, Kautschuk und andere legale Pflanzen nachhaltig anzubauen.
"Der Staat muss seine Bürger über Gesundheitsfolgen aufklären"
Alternative Entwicklung lautet das Schlagwort:
"Mehr als die Hälfte, 54 Prozent des in Kolumbien produzierten Kakaos stammen aus diesen Programmen zur alternativen Entwicklung. Insgesamt konnten wir 14.000 Hektar Anbaufläche umwandeln. Dort werden statt Kokapflanzen jetzt legale Agrarprodukte gezüchtet."
Für die Kleinbauern, so Justizminister Yesid Reyes ist das lohnend, denn den Reibach machten die Geldgeber und Drogenhändler: Die kleinen Kokabauern wurden meist mit dem Existenzminimum abgespeist.
Aufgabe des Staates, sich jetzt um diese Kleinbauern zu kümmern, die Koka oft aus Not oder Zwang im Kampf ums. tägliche Überleben anpflanzen. Nur 0,1 Prozent der Entwicklungshilfegelder fließen in diese Umsteigeprogramme:
"Das ist sehr wenig. Wir hoffen, dass dieser Anteil wächst, weil wir nicht nur die Zahl der Projekte insgesamt erhöhen müssen, sondern vor allem den Umstieg auf andere Erzeugnisse wie Kakao fördern wollen."
Den Teufelskreis mit alternativen Anbaumethoden zu brechen haben sich auch die Vereinten Nationen auf die Fahnen geschrieben. Zugenommen hat zuletzt vor allem aber der Konsum an synthetischen Drogen.
Ein Grund mehr für Kolumbiens Justizminister Yesid Reyes mit Blick auch auf die große Drogenkonferenz im April kommenden Jahres eine weltweite Entkriminalisierung jedweden Drogenkonsums zu fordern:
"Den Menschen steht es doch frei, Selbstmord zu üben, also sind sie auch frei, Substanzen zu konsumieren, die ihnen Schaden zufügen, also illegale Drogen, Alkohol, Zigaretten, Junkfood und vieles mehr... Der Staat muss allerdings seine Bürger über die Gesundheitsfolgen aufklären."
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