Dieselmotor

Schwieriger Kampf um die Abgasnorm

Ein Dieselmotor eines VW Golf 2.0 TDI
Ein Dieselmotor eines VW Golf 2.0 TDI © dpa / picture-alliance / Patrick Pleul
Von Alexander Budde · 15.10.2015
Viele Ingenieure sehen den Dieselmotor in der VW-Abgasaffäre unverdient in Verruf geraten. Allerdings zeigt sich auch, dass es technisch bislang kaum möglich ist, Dieselmotoren zugleich sauber und sparsam zu machen.
Jürgen Bauer ist aus dem Rheinland eigens in die Autostadt Wolfsburg gereist, um seinen neuen Diesel in Empfang zu nehmen.
"Ich hole heute ganz bewusst auch meinen Tiguan ab. Ich habe die saubere Maschine drin – mit 'ner etwas besseren Technologie, was die Abgasreinigung angeht. Ja, und das ist so! Wenn ich einen Verbrennungsmotor bewege, dann weiß ich, dass er emittiert!"
So viel Vertrauen setzen zuletzt nicht mehr viele Kunden in die Marke. In der massiven Werbekampagne für den nordamerikanischen Markt hatte VW behauptet, dass VW-Dieselautos wegen ihres vergleichbar geringen Schadstoffausstoßes besonders umweltfreundlich seien. Tatsächlich sehen viele Ingenieure den Diesel unverdient in Verruf geraten. Beim Diesel wird durch den Kolben die angesaugte Luft so stark komprimiert, dass sich der durch feine Düsen eingespritzte Kraftstoff von selbst entzündet. Kein Verbrennungsmotor nutzt den eingesetzten Kraftstoff effizienter. Der Wirkungsgrad ist vergleichbar hoch, oder anders ausgedrückt, der Selbstzünder verbraucht deutlich weniger als der Benziner.
Einige Methoden wurden entwickelt, um den Ausstoß an giftigen Stickoxiden zu vermindern: So wird etwa Harnstoff in den Abgasstrom eingespritzt, der die Stockoxide in einer chemischen Reaktion unschädlich macht. Eine andere Methode besteht darin, einen Teil der Abgase zurück in den Motor zu leiten. Das senkt jedoch die Motorleistung und erhöht die Partikelproduktion. Die Ingenieure stehen vor einem Dilemma: Der Skandal um die manipulierte Software zeigt, dass es technisch bislang kaum möglich ist, moderne Dieselmotoren zugleich sauber und sparsam zu machen.
Allein auf deutschen Straßen ist die manipulierte Software bei fast zweieinhalb Millionen Dieselautos aktiv. Das Kraftfahrtbundesamt zwingt VW, die Fahrzeuge Anfang kommenden Jahres in die Werkstätten zurückzurufen. Nach dem Umbau werden die Autos die Abgasnorm erfüllen, so lautet das Versprechen.
Ab jetzt nur die "umwelttechnisch besten" Abgassysteme
Doch wie ist es dann um Leistung und Verbrauch bestellt? Der Chef der Deutschen Umwelthilfe (DUH), Jürgen Resch, warnt VW-Kunden vorsorglich vor einer Mogelpackung:
"Die gemessenen realen Werte dieser Fahrzeuge liegen in Europa bei neuen Euro-5, aber auch Euro-6 Fahrzeugen 7 bis 25 mal höher als erlaubt. Und jetzt umgekehrt diese Software einfach abzuschalten: Das möchten wir erstmal sehen, welche Auswirkungen dies hat! Das kann dazu führen, dass man die Fahrzeuge mit einer Beschränkung der Höchstgeschwindigkeit und der Beschleunigung ausstatten muss."
Als erste Reaktion auf den beispiellosen Skandal hat VW richtungsweisende Entscheidungen angekündigt, um das Vertrauen der Kunden zurückzugewinnen – unter anderem mit einer moderneren, kostspieligen Diesel-Strategie. Zum – so wörtlich – "frühestmöglichen Zeitpunkt" sollen nur noch die "umwelttechnisch besten Abgassysteme" zum Einsatz kommen, verlautet aus Wolfsburg.
Zurück in der Autostadt, die auch so heißt, bestaunt VW-Kunde Jürgen Bauer das hoch automatisierte Auslieferungssystem für die Neuwagen. Der Händler habe ihm versichert, dass er vom Manipulationsskandal nicht direkt betroffen sei, sagt der Rheinländer zum Abschied:
"Und dann werden wir uns so langsam wieder auf die Rückreise machen. Mit keinem schlechten Gewissen – sagen wir es mal so!"
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