Die zollfreie Zone der Nordkoreaner

Von Peter Kujath · 21.02.2012
Der südkoreanische Präsident Lee Myung-bak hat alle Hilfslieferungen an Nordkorea eingestellt. Aber der Produktionsstandort Kaesong, eine zollfreie Zone nur wenige Kilometer von der Grenze entfernt, bleibt ausgenommen. Mehr als 50.000 Nordkoreaner arbeiten dort für südkoreanische Firmen.
Täglich passieren zahlreiche Lastwagen die stark befestigte Grenze zwischen den beiden koreanischen Staaten. Politisch herrscht Eiszeit, weil sich Pjöngjang aus Sicht Südkoreas erst für den Beschuss eines Patrouillenbootes und einer kleinen Insel entschuldigen soll. Um das zu erreichen, hat der südkoreanische Präsident Lee Myung-bak alle Hilfslieferungen an den Norden eingestellt und die Kontakte auf ein Minimum beschränkt. Aber der Produktionsstandort Kaesong in Nordkorea, nur wenige Kilometer von der Grenze entfernt, ist davon ausgenommen.

"Der Grund, warum die Regierung trotz der Sanktionen vom 24. 5. den Weg zum Industriekomplex Kaesong nicht versperrt hat, liegt darin, dass dieser nach wie vor eine wichtige Rolle spielt, um die innerkoreanischen Beziehungen durch die Entwicklung dieses Gebietes zu verbessern,"

betonte ein Abteilungsleiter im Vereinigungsministerium Südkoreas. Ein anderer Grund ist, dass südkoreanische Firmen angesichts der niedrigen Löhne für nordkoreanische Arbeiter einfach gut verdienen. Der Industriekomplex wurde im Mai 2003 im Zuge der Sonnenscheinpolitik, die zu einer Annäherung der beiden koreanischen Staaten führte, beschlossen und 2004 eröffnet. Als größter Investor der zollfreien Zone stand Hyundai bereit. Die südkoreanische Firma hatte sich mit der Tourismusentwicklung in Nordkorea bereits für eine wirtschaftliche Annäherung der beiden Länder eingesetzt.

Anfang Februar dieses Jahres überstieg die Zahl der nordkoreanischen Beschäftigten in Kaesong erstmals die Marke von fünfzig Tausend – und das trotz der Unsicherheit durch den Führungswechsel nach dem Tod von Kim Jong Il und der Machtübernahme seines Sohnes Kim Jong Un. 123 südkoreanische Firmen stellen in Kaesong Kleider, Uhren oder Haushaltswaren her. 2011 erreichte die Produktion einen Rekordwert von rund 304 Millionen Euro. Kritisiert wird, dass die Löhne nicht direkt an die Arbeiter sondern an das nordkoreanische Regime gezahlt werden. Auf diese Weise hat Pjöngjang über die Jahre rund 1,2 Milliarden Euro dringend benötigter Devisen erhalten. Auf der anderen Seite bietet Kaesong eine begrenzte Austausch-Möglichkeit zwischen den Menschen aus den beiden verfeindeten Staaten.

"Wir arbeiten jetzt seit 5 Jahren, also seit 2007 mit einem medizinischen Team aus Nordkorea zusammen,"

erklärte jüngst im südkoreanischen Fernsehen der Leiter des Krankenhauses in Kaesong.

"Auf diese Weise hat sich unsere Einrichtung großartig entwickelt."

Nordkoreanische Arbeiter werden dort ebenso behandelt wie die südkoreanischen Vorarbeiter und Manager, aber die Regeln im Umgang miteinander sind streng. Generell ist es Nordkoreanern verboten, den Industriekomplex Kaesong zu betreten, wenn sie dort nicht arbeiten. Jedes politische Gespräch oder jede unpassende Aussage von Südkoreanern wird seitens der nordkoreanischen Aufpasser mit der Ausweisung geahndet.
Mehr zum Thema