Die wirtschaftlichen Risiken des Klimawandels

16.10.2007
Es gibt selten Wissenschaftsbücher, mit denen man rundherum zufrieden sein kann. Dieses schmale Bändchen, das gerade mal 135 Seiten umfasst, gehört dazu. Es spricht alle Aspekte der erneuerbaren Energien an, zeigt ihre Stärken, verschweigt ihre Schwächen nicht, vermeidet jegliche Euphorie, listet nüchtern die bekannten Fakten auf, ist verständlich geschrieben, allerdings auch so kompakt, dass man schon konzentriert dabeibleiben muss. Doch es lohnt sich.
Kurz und knapp begründen beide Autoren in ihrer Einführung, warum eine weitere Klimaerwärmung zu vermeiden ist. Sie argumentieren dabei weniger moralisch, verweisen eher auf die wirtschaftlichen Schäden, die drohen, falls alles so weitergeht wie bisher etwa nach dem Motto "Vorwärts in die Katastrophe, aber so billig wie möglich."

Die erneuerbaren Energien können, so rechnen sie detailliert vor, die ökonomischen Risiken des Klimawandels drastisch mindern, wenn auch nicht von heute auf morgen. Die Argumentation der Autoren, beide ausgewiesene Energieexperten des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt, Energie, ist überzeugend.

Erneuerbare Energien sind heimische Energien. Sie reduzieren peu á peu die Exportabhängigkeit, vermindern die politische Erpressbarkeit, schaffen damit Versorgungssicherheit und vermeiden Konflikte um die fossilen Rohstoffe, die zukünftig immer knapper werden. Zudem sichern sie für Deutschland die Wettbewerbsfähigkeit.

Bei der Windenergie und im Fotovoltaikbereich ist die deutsche Industrie heute schon Marktführer und Technologievorreiter und verdient bereits kräftig am Export dieser Anlagen. Damit werden neue Arbeitsplätze geschaffen, inzwischen weit über 200.000 und zwar nicht nur im Anlagenbau selbst, sondern auch in der Wartung, denn die erneuerbaren sind vergleichsweise kleine, dezentrale Anlagen, die regelmäßig überprüft werden müssen. Großkraftwerke beschäftigen dagegen nur sehr wenig Personal.

Da die erneuerbaren Energien keine Investitionen von mehreren 100 Millionen Euro erfordern, kann jeder Bauer sein Scheunendach mit Fotovoltaikpanellen decken, jeder Hausbesitzer Warmwasser mit Sonnenkollektoren erzeugen oder die Erdwärme anzapfen. Das Oligopol der vier deutschen Stromkonzerne wird damit Stück für Stück aufgebrochen. Die Energieversorgung wird damit demokratisiert.

Je billiger die Anlagen, desto größer wird auch ihr Beitrag zur Energieversorgung in der Dritten Welt und zur Konfliktvermeidung. Kleine Anlagen könnten den Menschen auf dem Land in Afrika, Asien, Lateinamerika endlich Strom bringen und damit die Gründung kleiner Betriebe erlauben, Hunger und Armut deutlich verringern.

Und noch ein wichtiges Argument spricht in Zeiten wachsender Terrorgefahren für die erneuerbaren: kein Anschlag auf Anlagen der erneuerbare Energien kann so dramatische Folgen haben wie ein Attentat auf ein Atomkraftwerk oder einen Öltanker.

Natürlich erwähnen Peter Hennicke und Manfred Fischedick, dass die Einführung der erneuerbaren Energien ein erheblich verbessertes Verteilungsnetz erfordern und neue Methoden der Speicherung, da Strom aus Wind und Sonne nicht gleichmäßig und ununterbrochen anfällt.

Vor allem aber warnen sie vor der Illusion, die erneuerbaren allein könnten einen weltweit wachsenden Energiebedarf abdecken. Ohne Energieeffizienz geht gar nichts. Nur wenn es gelingt, das Wirtschaftswachstum vom Energieverbrauch zu trennen, intelligente Methoden des Energiesparens durchzusetzen, dann wird man auf Öl, Kohle und Atomstrom verzichten können.

Wer das Buch gelesen hat, wird nicht mehr behaupten können, die erneuerbaren wären nur eine begrüßenswerte Ergänzung des fossilen Energieangebots. Sie bieten gekoppelt mit der Energieeffizienz die einzige realistische Chance, die Klimaerwärmung zu stoppen und die Energieversorgung dauerhaft zu sichern.


Rezensiert von Johannes Kaiser


Peter Hennicke, Manfred Fischedick: Erneuerbare Energien
C.H. Beck Verlag, München 2007, 144 Seiten, 7,90 Euro