Die Top Five-Kolumne

Filme der rumänischen Welle - unsere Empfehlungen

Filmszene aus „4 Monate, 3 Wochen und 2 Tage“ des rumänischen Regisseurs Cristian Mungiu
Filmszene aus "4 Monate, 3 Wochen und 2 Tage" des rumänischen Regisseurs Cristian Mungiu © Imago United Archives
Von Patrick Wellinski · 01.10.2016
Lange Einstellungen, keine Kamerafahrten, Geschichten, die in Echtzeit spielen, an einem Tag oder in einer Nacht - das sind die Markenzeichen der "Neuen rumänischen Welle". Die Filme begeistern Kritiker und Festivalgänger – hier die "Top Five" aus dem Balkanland.
Das Jahr 2000 war das Todesjahr des rumänischen Kinos. Kein einziger Film wurde in diesem Jahr produziert. Es war das Ende einer Jahrzehnte langen Kinotradition. Aus diesem Schock heraus formierten sich junge rumänische Filmemacher und begannen in den Nuller-Jahren, mit ihren eigenen Handschriften die Festivals der Welt zu erobern.
Am Donnerstag kommt ein neuer Film von einem der Vorreiter der rumänischen Welle in die Kinos: "Der Schatz" von Corneliu Porumboiu. Anlass für uns, die fünf wesentlichen Werke dieser - in Deutschland leider noch viel zu unbekannten - Bewegung zusammenzufassen:

Platz 5 – "4 Monate, 3 Wochen und 2 Tage" von Cristian Mungiu (2007)

Cristian Mungiu erzählt die Geschichte der illegalen Spätabtreibung in einem schmucklosen Hotelzimmer im Ceausescus Rumänien Ende der 1980er-Jahre als Widerstandsakt gegen die staatliche Bevormundung. In langen schmerzhaften Einstellungen, ohne Musik und andere Dramatisierungseffekte. Für diese beängstigende Präzision gab es die Goldene Palme von Cannes.

Platz 4 – "California Dreaming" von Cristian Nemescu (2007)

Es ist einer der heitersten Filme der rumänischen neuen Welle. Der kurz vor der Weltpremiere seines Films verunglückte Regisseur erzählt von einem Bahnhofsvorsteher, der einen ganzen NATO-Konvoi amerikanischer Soldaten auf das Abstellgleis schiebt. Eine Komödie, die sich an der unfairen Zeitgeschichte rächen will.

Platz 3 – "Aferim!” von Radu Jude (2015)

Durch die Weiten der Walachei im 19. Jahrhundert reiten ein Vater, sein Sohn und ein Sklave. Auf ihrem beschwerlichen Weg begegnen sie einem Panoptikum seltsamer Figuren. In seinem Schwarz-weiß-Western "Aferim!" inszeniert Jude einen offenen Schlagabtausch über den Wert von Hierarchie, Macht und Gewalt. Dass dieser Film bis heute keinen deutschen Filmverleih gefunden hat, darf als Skandal gelten.

Platz 2 – "12:08 Uhr – Östlich von Bukarest" von Corneliu Porumboiu (2006)

Im Zentrum dieser Komödie steht die simple Frage: Gab es in einem kleinen Dorf östlich von Bukarest 1989 eine Revolution oder nicht? 16 Jahre später diskutieren darüber im Lokalfernsehen ein Rentner und ein Historiker. Die Meinungen liegen weit auseinander. Corneliu Porumboiu seziert die Scheinheiligkeit einstiger Revolutionshelden und die Lügen, mit denen man sich in eine bessere Zukunft geflüchtet hat. Stark!

Platz 1 – "Der Tod des Herrn Lazarescu" von Cristi Puiu (2005)

Eines Abends fühlt sich der alte Herr Lazarescu sehr schlecht. Er ruft den Krankenwagen, und es beginnt eine absurde Odyssee durch alle Bukarester Krankenhäuser. Über das marode und menschenverachtende Gesundheitssystem Rumäniens erzählt Regisseur Puiu, von post-kommunistischen Strukturen in Gesellschaft und Köpfen. Das ist Ceaușescus wahres Erbe.
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