Die radiophone Revolution

Von Georg Gruber · 27.04.2009
Das klassische Küchenradio könnte schon bald ausgedient haben, denn die Anzahl der Sender, die man mit einem derartigen Gerät empfangen kann, ist äußerst begrenzt. Anders im Internet: Hier gibt es mittlerweile Tausende von Radiostationen, die ihre Programme streamen.
Eine radiophone Revolution ist da im Gange, die Zahl der Internetsender wächst stetig, mehr als 10.000 gibt es weltweit. Gemacht von Profis oder Laien – jeder darf und kann übers Netz senden, mit relativ geringem technischen Aufwand. Auch die öffentlich-rechtlichen Sender in Deutschland streamen inzwischen fast alle ihre Programme, schon das ist eine Menge, Deutschlandradio Kultur, Westdeutscher Rundfunk, Bayerischer Rundfunk, Norddeutscher Rundfunk, mit ihren jeweiligen Unterprogrammen, schon die lassen sich kaum mehr zählen.

Wer also zum Beispiel von Bayern nach Berlin gezogen ist, kann seinem Sender treu bleiben – und wer gewohnt ist Deutschlandradio Kultur zu hören, kann das auch in Australien machen.

Nicht nur am heimischen PC oder am Laptop. Verschiedene Anbieter haben Internetradios entwickelt, die man mit der Stereoanlage im Wohnzimmer kombinieren kann – letztlich sind das nichts anderes als abgespeckte Computer, die sich per Wlan oder Netzwerk-Kabel und Router aus dem Internet die Programme ziehen. Und auch das konventionelle Küchenradio könnte bald ausgedient haben. Peter Knaak, Technikexperte von der Stiftung Warentest:
"Es gibt auch Internetradios, die vollwertig sind mit Lautsprechern drin und kleinem Verstärker, und natürlich, wenn man denn alles komplett macht, es gibt auch welche, wo man seinen iPod drauf stecken kann, um auch noch diese Musikkonserve zu nutzen."

Noxon 90elf heißt eines dieser vollwertigen Modelle. Der kleine silberne Kasten mit runden Kanten im Retrolook ist sogar schon vorformatiert: Der Internet-Fußball-Sender 90elf aus Leipzig, der 2008 an den Start ging, ist bereits ab Werk eingestellt. Hier kann der Fan jedes Spiel seiner Mannschaft in voller Länge mit verfolgen:

Außerdem gibt’s eine Menge an Zusatzinformationen, wie Spiel-Zusammenfassungen und aktuelle Fußball-Nachrichten:

Eine Hürde ist allerdings zu überwinden: Die Einrichtung der Verbindung zwischen Radio und Wlan-Router, für den Laien nicht immer ganz einfach. Ist diese Hürde genommen, kann das Fußballradio nicht nur den Sportsender empfangen, sondern die ganze Fülle, die das Netz bietet.

Wobei bei diesem Modell, wie auch bei anderen, die auf dem Markt sind, die Sender schon nach verschiedenen Kategorien sortiert sind, zum Beispiel nach Ländern und Musik-Genres, natürlich kann man auch seine persönlichen Favoriten einprogrammieren.

Die digitale Radiorevolution macht auch vor dem Auto nicht halt, auf der CeBIT stellte Blaupunkt ein Modell vor, das sich über Handy die Sender aus dem Netz holt:

"Das ist tatsächlich eine Weltneuheit, die wir präsentieren, das erste Internetautoradio, funktioniert über eine UMTS-Fflatrate, die sie an ihren Handyvertrag koppeln und wir dann dieses Endgerät als Modem nutzen um Tausende Internetsender ins Auto zu bringen."

Kosten: zwischen drei und vierhundert Euro - und die Gebühren fürs Handy. Der Vorteil: Die Sender bleiben stabil empfangbar, auch bei längeren Überlandfahrten.

"Das ist ein indischer Sender, jetzt buffert er gerade, jetzt müsste gleich was zu hören sein."

Der Hersteller versichert, dass der Empfang auch im fahrenden Auto funktioniert:

"Bei Tempo 150 haben wir es noch nicht getestet, es gibt keine Probleme durchs Fahren, letztendlich wird der Datenstream etwas reduziert durch das Fahren, dennoch ist ein Radiostream mit 128 kbit ausreichend, und selbst ein reduzierte UMTS-Bbandbreite dann immer noch ausreichend um das Signal digital zu übertragen."

Der Klang der Internetradios hängt von der Datenrate ab, je größer, desto besser. Peter Knaack von der Stiftung Warentest:

"Gerade weit entfernte Stationen oder kleine Stationen senden im Internet auch mit einer sehr geringen Datenrate, mit einer hohen Kompression, das Musikerlebnis bei irgendeiner Puccini-Oper kommt dann bestimmt nicht so gut rüber, aber für Hörfunk Rock und Pop auch Jazz, wenn man es so als Hintergrundbedudelung benutzen will, bzw. für Hörbeiträge ist die Qualität völlig ausreichend. Das ist der eine Unterschied, wo das Internetradio eher schlechter abschneidet als das normale, unschlagbarer Vorteil ist natürlich, dass es im Unterschied zu UKW tatsächlich keine Grenzen kennt. UKW hat eine Ausstrahlungsbereich, der maximal 100 km ist so Pi mal Daumen, und was weiter entfernt steht, krieg ich nicht rein, beim Internet spielen Distanzen keine Rolle."

Aber, es klingt paradox, auch Internetsender stoßen dann doch an Grenzen und das gerade dann, wenn sie von vielen gehört werden, denn je mehr Hörer ein Programm abrufen, desto größere Serverkapazitäten sind auf Senderseite nötig. Peter Knaak glaubt denn auch nicht daran, dass der konventionelle Übertragungsweg per UKW-Frequenz schon völlig ausgedient hat:

"Ganz einfach deshalb, weil von der Idee her Broadcast, Rundfunk im herkömmlichen Sinn, ein Sender und beliebig viele Empfänger im Sendebereich ja auch viel effizienter ist, als eben jedem einzelnen, der ein Radioprogramm hören will, dieses Radioprogramm durchs Netz zu schicken. Man muss ja tausendfach senden, wenn man tausend Hörer hat und ne Million mal senden, wenn ne Million Hörer sind. Das sind einfach die grenzen des Internetradios, es ist einfach das Internet nicht dafür gemacht, Rundfunk zu verbreiten, dass man es jetzt trotzdem so nutzen kann, liegt an der gewachsenen Bandbreite, aber die kann ja nicht unendlich steigern."

Also, lieber nicht weiter sagen, was sich da im Netz gerade abspielt.