"Die Projektgegner müssen jetzt die Schützengräben verlassen"

Peter Hauk im Gespräch mit Marcus Pindur · 13.10.2010
Der Vorsitzende der CDU-Fraktion im baden-württembergischen Landtag, Peter Hauk, fordert die Gegner des Bahnprojektes Stutgart 21 zu mehr Kompromissbereitschaft auf. Die Seite der Projektbefürworter habe sich bewegt. Jetzt müssten sich auch die Gegner bewegen.
Marcus Pindur: Der Vermittler ist nicht um seine Aufgabe zu beneiden, denn die Erfolgsaussichten für eine Schlichtung bei Stuttgart 21 sind höchst unklar. Bahnchef Grube betonte gestern noch einmal, dass es keinen generellen Baustopp geben werde als Vorbedingung für Gespräche; die Gegner des Bahnprojekts machen allerdings einen solchen Stopp aber zur Bedingung für einen runden Tisch. Gestern Abend sprach der Mediator Heiner Geißler mit den Projektkritikern, wir sprechen jetzt mit einem Befürworter, dem Vorsitzenden der CDU-Fraktion im baden-württembergischen Landtag, Peter Hauk. Guten Morgen, Herr Hauk!

Hauk: Guten Morgen, Herr Pindur!

Pindur: Heiner Geißler hat ja nun gefordert, es müsse einen Baustopp geben, er will das Bauunterbrechung nennen, weil das Wort Baustopp so belastet sei. Können Sie als Befürworter von Stuttgart 21 damit eventuell leben?

Hauk: Damit kann man dann leben, wenn es mit einer Bauunterbrechung nicht zu Verzögerungen des Baus im Gesamtprojekt kommt.

Pindur: Ja, das ist ja nun in der Natur der Sache?

Hauk: Nein, nicht notwendigerweise. Schauen Sie, jetzt bleibt sogar der Südflügel des Bahnhofs vorläufig stehen, den könnte man aus wirtschaftlichen Gründen eigentlich gleich im Augenblick mit abreißen. Dennoch kann er stehen bleiben, weil er für den unmittelbaren Baufortschritt nicht notwendig ist und weil es nicht zu Verzögerungen im Gesamtprojekt am Ende führt. Und so mag es auch noch den ein oder anderen Bereich geben, über den man dabei genau so reden kann.

Pindur: Der Mediator Heiner Geißler hat ziemlich klar gesagt, dass er eine Bauunterbrechung auch als eine solche ansieht. Wird es denn da überhaupt auch Spielraum geben? Denn die Projektkritiker haben ja schon recht klar gesagt, was sie da wollen und was nicht. Und das läuft darauf hinaus, dass eben zunächst einmal alles ruhen soll.

Peter Hauk: Ich glaub, die Projektbefürworter und vor allen Dingen der Bauherr, der ja einen roten Punkt hat wenn man so will, nämlich die Bahn, hat auch schon klar signalisiert, dass man entgegenkommen will, indem der Südflügel nicht, derzeit nicht abgerissen wird, obwohl er abgerissen werden könnte und das wahrscheinlich wirtschaftlicher wäre, ihn sofort mit abzureißen, zum Zweiten dadurch, dass keine weiteren Bäume im Schlossgarten, also im Park von Stuttgart gefällt werden müssen. Das ist schon ein deutliches Signal und ich kann mir vorstellen, dass man in dem ein oder anderen Fall auch über ein weiteres Signal sprechen könnte. Aber ich glaube, auch die Projektgegner müssen jetzt die Schützengräben verlassen, in denen sie sich verschanzt haben.

Pindur: Die Gegner des Projektes erklären ja immer wieder, sie wollten keineswegs eine Mitsprache bei der Begrünung oder Ähnliches, das bezeichnen sie immer wieder als Kosmetik, sie wollen das ganze Projekt verhindern. Die Bahn und die Landesregierung wollen es allerdings durchziehen. Sehen Sie denn da überhaupt Kompromisslinien?

Hauk: Ich glaube, am Ende des Projektes in der Frage, wird es gebaut oder wird es nicht gebaut, gibt es keinen Kompromiss. Aber – und darum geht es ja auch bei der Schlichtung, das hat Heiner Geißler gestern noch einmal klargestellt – es ist eine Sach- und Fachschlichtung, nämlich es geht um die Frage der Begrifflichkeiten, es geht um die Frage der Wirtschaftlichkeit dieses Projektes, das die Gegner anzweifeln. Es geht um die Frage der technischen Machbarkeit und Umsetzbarkeit des Projektes, von der Frage der Tunnelführungen bis hin zur Frage der Kapazitäten. All dieses wird von den Projektgegnern ja angezweifelt und genau auf diesen Punkten will der Schlichter oder Vermittler Heiner Geißler erreichen, dass man über diese Fragen spricht, Offenheit, Transparenz schafft, um vielleicht den ein oder anderen Streitpunkt dann tatsächlich aus der Welt zu schaffen.

Pindur: Man hat ja oft den Eindruck angesichts des Eifers, der da von vielen Stuttgart-21-Gegnern ausgelebt wird, da geht es weniger um das Projekt selbst als etwa um eine generelle Unzufriedenheit mit der Politik, mit der Landespolitik. Hätte man dem nicht vorbeugen können durch eine frühere Mediation?

Hauk: Also, aus heutiger Sicht muss man natürlich sagen: Ja, wenn man geahnt hätte, dass der Protest solche Formen annimmt. Das waren ja, ich sage mal, bis in das Frühjahr hinein ein paar Handvoll Menschen, die dagegen demonstriert haben. Es war gar nicht abzuschätzen, dass der Protest solche Formen annimmt.

Ich glaube allerdings auch, mittlerweile geht es Teilen derjenigen der Gegner nicht mehr um das Projekt selber, sondern es geht ganz klar um die Frage, wer regiert ab 28. März in Baden-Württemberg. Da gibt es einen gewissen Hype – aus den Umfragewerten natürlich auch gespeist –, dass die Union unter Umständen ablösbar wäre, und man sucht dieses Projekt, das sieht man ganz klar an Signalen der Grünen, vor allen Dingen an der Berliner Zentrale der Grünen, man sucht dieses Projekt als Reibungspunkt und als Kritikpunkt, um damit auch Parteienpolitik zu machen.

Pindur: Welche Chancen räumen Sie denn angesichts dessen einer Mediation im Fall Stuttgart 21 denn noch ein?

Hauk: Also ich glaube, dass der Vermittler, dass Dr. Heiner Geißler sich eigentlich auf einem guten Weg befindet. Er wurde ja von den Gegnern vorgeschlagen und die Grünen selber haben ja auch die Fragen definiert, über die man sprechen sollte. Wir sind mit den meisten davon sehr einverstanden, um das klar zu sagen. Ich glaube, das ist schon mal eine gute Grundlage, dass ein Vermittler tätig wird. Jetzt geht es nur um die Frage der Vorbedingungen: Jetzt hat sich die Seite der Projektbefürworter bewegt, ich glaube, jetzt müssen sich auch die Projektgegner bewegen und ihre Vorstellungen von Vorbedingungen für diese Gespräche ein Stück weit runterschrauben.

Pindur: Herr Hauk, vielen Dank für das Gespräch!

Hauk: Bitte schön!

Pindur: Peter Hauk, Vorsitzender der CDU-Fraktion im baden-württembergischen Landtag.
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